Schriesheim/Rhein-Neckar, 31. Juli 2013. (red) Die Grüne Liste Schriesheim hat die Artikel der Lokalzeitungen zum Eklat im Stadtrat in Sachen „Willkommenskultur“ auf der Grünen-Seite verlinkt. Angeblich sollte auch ein Link auf unseren Artikel gesetzt worden sein, der angeblich plötzlich wieder gelöscht worden ist. Nach unseren Informationen soll es „hinter den Kulissen“ viele Gespräche gegeben haben. Unter anderem mit Herrn Adrian Ahlers (CDU), der dringend eine Löschung der Verlinkung gefordert haben soll und sich letztlich bei den Grünen durchsetzen konnte. Kann das wirklich sein, dass der Grüne Ortsverband auf Drängen eines CDU-Politikers den Zugang zu einem Artikel löscht, der die aggressive Polemik dieses CDU-Politikers gegen eine grüne Lokalpolitikerin thematisiert? Wir wollten das genau wissen, haben die Grüne Fraktion angeschrieben und stellen erstaunt fest: Während der grüne Stadtrat Gerhard Fontagnier sich aus Mannheim per Kommentar einschaltet, gibt es von den Schriesheimer Grünen keine Antwort.
Von Hardy Prothmann
Fadime Tuncer muss man viel Kraft wünschen. Erst wurde sie von den „Kolleg/innen“ im Gemeinderat brutalstmöglich hängen gelassen, als der CDU-Stadtrat Adrian Ahlers sie massiv angegangen ist und ihren Redebeitrag zur „Willkommenskultur“ mit den Worten diffamierte, Frau Tuncer formuliere die deutsche Staatsbürgerschaft als eine Art „Krankheit“ und „ziehe sie herunter“. Und in der Folge wird sie nochmals hängen gelassen – so scheint es.
Keine(r) der Stadträt/innen protestierte in dieser Situation gegen den infamen Redebeitrag des CDU-Stadtrats. Irgendwie wirkten bis auf Frau Tuncer alle ein wenig lethargisch – Motto: Letzte Sitzung vor der Sommerpause, dann ist Bundestagswahl. Alles sehr anstrengend.
Doch dann gab es doch noch einen Protest und die Forderung nach einer Entschuldigung. Der eventuelle Grund: Die Thematisierung des Eklats in der Printpresse und hier bei uns auf dem Schriesheimblog.de.
Zur zeitlichen Abfolge: Am 24. Juli griff CDU-Stadtrat Ahlers auf ungeheuerliche Weise die GLS-Stadträtin Tuncer an, am 25. Juli erschien unser Bericht, am 26. Juli forderte GLS-Stadträtin Gisela Reinhard eine Entschuldigung, darauf ebenso die Stadträ/tinnen Wolfgang Fremgen sowie Dr. Barbara Schenk-Zitsch. Die Entschuldigungsforderungen der anderen haben wir der lokalen Printpresse entnommen – offensichtlich ist den Gemeinderatsmitgliedern unsere redaktionelle email- Adresse noch nicht bekannt (Hinweis: Wir haben auch einen Briefkasten – man kann sogar Post an uns schicken. Siehe Impressum.)
Über Umwege haben wir dann eine Stellungnahme der Fraktion durch eine Person auf dem Verteiler erhalten:
Die Fraktion der Grünen Liste im Gemeinderat fordert CDU-Stadtrat Adrian Ahlers auf, sich öffentlich für die diskriminierenden Äußerungen gegenüber unserer Fraktionskollegin Fadime Tuncer zu entschuldigen. Wie in der Presse berichtet, hatte Herr Ahlers Stadträtin Tuncer in der letzten Gemeinderatssitzung unterstellt, die deutsche Staatsangehörigkeit „herunter zu ziehen“ und sie als „Krankheit“ anzusehen. Die Fraktion der CDU sollte eigentlich wissen, dass Fadime Tuncer gar kein Mitglied des Gemeinderats sein könnte, wenn sie sich nicht bewusst für die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden hätte. Stadt- und Kreisrätin Fadime Tuncer setzt sich seit Jahren engagiert für die Belange der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und des Kreises ein.
Für die Fraktion der GL
Gisela Reinhard
Ein Leser hat uns in Kenntnis gesetzt, dass die Grüne Liste Schriesheim zunächst unseren Bericht auf der eigenen Website verlinkt hatte, diese Verlinkung aber später gelöscht worden ist. Wir müssen dem Hinweisgeber glauben – prüfen können wir es nicht. Tatsache ist, dass die Artikel von Mannheimer Morgen und Rhein-Neckar-Zeitung aufgeführt werden, unser Artikel, gegen den CDU-Stadtrat Adrian Ahlers mittlerweile juristisch vorgeht, fehlt. Nach unseren Recherchen soll das damit zusammenhängen, dass Herr Ahlers „um des Friedens willens“ dringend darum „gebeten“ haben soll.
Die Fragen, die sich daraus ergeben, sind ganz einfach:
- Ist die Fraktion der Grünen Liste Schriesheim tatsächlich bereit, den Zugang zu öffentlichen Informationen vorsätzlich zu zensieren, um das „Verhältnis“ zur CDU „nicht weiter zu beschweren“?
- Oder anders formuliert: Ist die Grüne Liste Schriesheim tatsächlich bereit, eine Diffamierung eines Stadtratsmitglieds hinzunehmen, um eine öffentliche Debatte zu „beruhigen“?
- Die konkrete Anschlussfrage lautet: Wer hat die Anweisung zur Löschung der Verlinkung gegeben? Wenn dies nicht feststellbar ist – ist der Fraktionssprecher Christian Wolf bereit, die Verantwortung dafür zu tragen?
- Welche Haltung zu diesem Zensurvorgang wäre angemessen?
Wir haben die Anfrage an alle Fraktionsmitglieder gesendet, ebenso an den Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Sckerl sowie die Wahlkreis-Bundestagskandidatin Dr. Franziska Brantner und zur Kenntnis an die Mannheimer Abgeordneten Wolfgang Raufelder und Dr. Gerhard Schick.
Eine Antwort haben wir von niemandem erhalten.
Und Frau Tuncer muss sich langsam aber sicher fragen, wie willkommen sie eigentlich bei der Grünen Liste Schriesheim ist.