Mannheim, 29. Juni 2018. (red/pro) Aktualisiert. Das Polizeirevier Sandhofen prüft das Vorliegen einer mutmaßlichen Straftat – begangenen und öffentlich beworben durch CDU-Stadträte und Mitglieder des Bezirksbeirats Sandhofen. Diese hatten in einer “Nacht- und Nebelaktion” auf der Straße Am Stich “30”-Markierungen mit Sprühdosen aufgesprayt. Diese “Sprühaktion” wurde anschließend auf der Facebookseite “CDU Bezirksbeirat Sandhofen” beworben. Laut CDU-Stadtrat Thomas Hornung wurde Sprühkreide benutzt (weitere Erklärung siehe unten).
Die Ermittlungen für die Polizei sind denkbar einfach, denn die mutmaßlich Tatverdächtigen haben sich voller Stolz per Fotos dokumentiert. Darauf sind die Markierungen zu erkennen, die verwendete Folie, die Sprühdosen und wie die mindestens fünf Personen diese vermutlich am 26. Juni an mindestens zwei Stellen auf der Fahrbahn aufbringen. Auf den Fotos sind die CDU-Stadträte Prof. Dr. Egon Jüttner und Thomas Hornung klar zu erkennen.
Welche Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen worden sind, prüft nun die Polizei. In Frage kommen § 303 und 304 Strafgesetzbuch (Sachbeschädigung). Hier wird seit 2006 illegales Sprayen (Graffiti) strafrechtlich verfolgt. Das Strafmaß sind Geldstrafen oder bis zu zwei Jahren Freiheitsentzug.
Weiter liegt aller Wahrscheinlichkeit ein Verstoß gegen die Polizeiverordnung der Stadt Mannheim vor, hier § 7 (Plakatieren, Beschriften, Bemalen) und § 9 (Verunreinigungen). Die Polizeiverordnung wurde durch den Gemeinderat beschlossen und deren Anwendung und Überwachung liegt beim Ersten Bürgermeister Christian Specht (CDU), zuständig für die Ordnungsbehörde. Allein schon, um sich keinem “Gemauschel”-Vorwurf auszusetzen, müsste die Stadt also die Ordnungswidrigkeit verfolgen und eine mögliche Straftat anzeigen.
Das könnte teuer werden für die Kommunalpolitiker. Neben den Reinigungskosten könnte sie ein Strafbefehl erwarten. Auch, wenn sie von einer Lokalzeitung geradezu gefeiert werden: “Sprühaktion setzt deutliches Zeichen”, titelt die Zeitung und pfeift dazu auf die rechtsstaatliche Ordnung: “Die Bezirksbeiräte wollten verdeutlichen, dass abends um den Stich – mit seinem südländischen Flair mittlerweile eine der schönsten Stadtteilmitten der gesamten Quadratestadt – nicht mehr gerast werden solle” und gibt einem der Beteiligten sogar Raum, die mutmaßliche Sachbeschädigung und/oder Ordnungswidrigkeit der Polizeiverordnung zu “begründen”: “CDU-Stadtrat Thomas Hornung begrüßte die Sprühaktion: „Es kann doch kein Problem sein, zwei oder drei Mal darauf hinzuweisen, dass hier mit reduzierter Geschwindigkeit gefahren werden sollte”, heißt es im Bericht.
Sprayer könnten sich motiviert fühlen und künftig auf dieses politische Vorbild berufen: “Es kann doch kein Problem sein, hier und da ein paar graue Wände hübscher zu machen.”
Aktualisierung, 20:29 Uhr:
Stadtrat Thomas Hornung wandte sich an die Redaktion und klärte auf: “Wir wollen einfach, dass man die Tempo-30-Zone kenntlicher macht. Die Straße zieht sich und viele vergessen das dann. Hier ist die Stadt gefragt. Natürlich haben wir nur Sprühkreide benutzt – ein Regenschauer und die ist weg.”
Damit fällt Sachbeschädigung eher weg – die Prüfung auf einen Eingriff in den Straßenverkehr vorerst aber nicht.