Rhein-Neckar/Südwesten, 29. Juni 2018. Die Belegungszahlen in Justizvollzugsanstalten im Südwesten steigen – in Rheinland-Pfalz und Hessen ist die Lage noch wenig gespannt. Kein Wunder, gibt es hier viel weniger Großstädte als in Baden-Württemberg. Großstädte ziehen Gauner jeder Art an. Die Polizei fängt die ein, sie kommen vor Gericht – doch oh weh, wohin mit ihnen? Es fehlen Haftplätze in stattlicher Zahl. Und das ist ein Problem.
Kommentar: Hardy Prothmann
Unsere Recherche zeigt massive Probleme im Strafvollzug auf. Es fehlen in hoher Zahl Haftplätze in Baden-Württemberg. Und das Ergebnis zeigt noch eine alarmierende Entwicklung: Die Zahl der nicht-deutschen Inhaftierten ist seit 2016 sprunghaft angestiegen, auf fast 50 Prozent. Dabei stellen nicht-Deutsche gerade mal rund 14 Prozent (rund 1,7 Millionen) der Bevölkerung (rund 11 Millionen).
Vermutlich ist keiner wegen ausländerrechtlicher Verstöße in Haft. Und auch notorische Schwarzfahrer kommen nicht so schnell in den Knast. Um wirklich weggesperrt zu werden und nicht auf Bewährung frei zu bleiben, muss man sich schon was zu Schulden kommen lassen.
Alarmierend auch die krasse Zunahme der Zahl der Untersuchungshäftlinge. Die sitzen ein und warten auf ihren Prozess. In Untersuchungshaft kommt man nicht so leicht – Flucht- und Verdunkelungsgefahr können gegeben sein oder eben so schwere Verbrechen, dass man diesen Menschen die Freiheit entzieht, obwohl sie noch als „unschuldig“ gelten bis zur rechtsstaatlichen Verurteilung.
Warum sind es so viele Ausländer in Baden-Württemberg? Ein Grund sind die Großstädte und größeren Städte. Die ziehen immer Gauner und Ganoven an. Denn wo viele Menschen leben, leben auch viele Opfer aus Sicht der Straftäter. Baden-Württemberg muss nach Nordrhein-Westfalen und Bayern aber auch im Verhältnis die meisten Flüchtlinge nach dem Königssteiner Schlüssel aufnehmen.
Wie unsere Recherche zeigt, sind die mit guten Aussichten auf ein Bleiberecht nicht die Gruppen mit den meisten Inhaftierten. Die Häftlinge mit türkischem Pass führen zwar die Liste an – aber es leben rund 260.000 Türken im Südwesten, während Platz 2 die Gambier einnehmen und davon gibt es rund 11.000 im Land.
Die ausländische Bevölkerung ist klar jünger als die deutsche, obwohl das Durchschnittsalter von 43 Jahren im Südwesten eins der jüngsten im Bundesdurchschnitt ist. Kriminalität ist zu einem gewichtigen Teil ein Jugendproblem und vor allem eins von jungen Männern. Das sieht man auch den Häftlingszahlen – Frauen fallen hier nicht wirklich ins Gewicht, aber die drastische Zunahme bei männlichen Ausländern zeigt an, wohin die Richtung geht. Und die ist keine gute.
Zwar können prinzipiell alle Häftlinge Probleme machen – besonders auffällig im Verhalten im Knast sind aber Nordafrikaner. Und insgesamt, auch das ein Ergebnis unserer Recherche, steigt die Zahl der „psychisch auffälligen“ Häftlinge. Kommt jetzt noch noch eine Überbelegung hinzu, könnte sich das teils dramatisch entwickeln.
Los wird man die Straftäter auch nicht – weil das mit den Abschiebungen nicht klappt. Auch deswegen ist Coleman im Mannheimer Norden als Anker-Zentrum für Stuttgart so attraktiv aus Sicht der Landesregierung – dort gibt es einen funktionsfähigen Knast mit über 300 Plätzen, ein ehemaliges US-Gefängnis. Unklar ist, ob man drankommt.
In Rottweil sieht man, wie problematisch die Situation ist. Eigentlich sollten schon 2015 dort 500 neue Haftplätze zur Verfügung stehen – jetzt werden die erst frühestens ab 2025 kommen und 200 statt 120 Millionen Euro kosten.
Justizminister Guido Wolf (CDU) hat also ein massives Problem administratives Problem – denn ganz klar ist, dass die Zahlen nicht zurückgehen werden, sondern steigen. Denn zu den Untersuchungshäftlingen kommen andere, die noch auf freiem Fuß sind und auf ihre Verfahren warten.
Besteht die Gefahr, dass die Justiz zu nachsichtig mit Straftätern umgeht, wenn Haftanstalten überbelegt sind, wollten wir vom Justizministerium wissen. Die knappe Antwort: Nein.
Schaun mer mal.