Mannheim/Heidelberg/Rhein-Neckar/Gondelsheim, 27. März. 2013. (red) Am 17. März 2013 haben wir über einen kuriosen Streit zwischen Deniz Tandogan-Weidenhammer (42), Ehefrau des “Verpackungskönigs” Arthur Weidenhammer (80) und der Gemeinde Gondelsheim berichtet. Die Fronten zwischen der kleinen Gemeinde nahe Bruchsal und der Unternehmerfamilie Weidenhammer, die das dortige Schloss Gondelsheim erworben hat, sind verhärteter denn je. Was zunächst wie eine Provinzposse wirkte, entwickelt sich nun zu einem grundsätzlichen Thema. Die Familie Weidenhammer scheint entschlossen, eine öffentliche Berichterstattung über einen kommunalen Streit auch unter Zuhilfenahme von Drohungen “korrigieren” zu wollen. Genug Geld ist vorhanden. Ebenso Konfliktpotenzial. Die türkischstämmige Unternehmergattin Deniz Tandogan-Weidenhammer sieht sich im Zentrum einer “Hetzkampagne” und fühlt sich erpresst – und sie reagiert mit Hinweis auf ihre “finanziellen Möglichkeiten”.
Von Hardy Prothmann
Die email des Weidenhammer-Anwalts Markus Stephani kam gestern um 21:16 Uhr im Redaktions-Account des Rheinneckarblogs an. Darin fordert der Heidelberger Anwalt:
Es ist an der Zeit, dass Sie die falsche Berichterstattung in Ihrem Blog korrigieren.
Der Anwalt bezieht sich auf unseren Bericht vom 17. März 2013 “Stillstand kann nicht entschleunigt werden” und ein Telefongespräch vom 19. März 2013. Am Vormittag vergangener Woche hatte mich Herr Stephani angerufen und eine Stunde lang mit mir telefoniert, um “verschiedene Sachen klar zu stellen”. Er schilderte mir die Positionen seiner Mandantin und verwahrte sich gegen die Positionen des Bürgermeisters Markus Rupp und des Gondelsheimer Gemeinderats, die einen offenen Brief an Frau Deniz Tandogan-Weidenhammer geschrieben hatten, der eine große Reihe von Vorwürfen in Richtung der Unternehmer-Gattin thematisiert hatte.
Wahrheiten
Das Gespräch verlief vor einer Woche noch freundlich und es fielen Hinweise, dass “es Ihr finanzieller Schaden nicht sein muss, wenn die Berichterstattung der Wahrheit entspricht”. Die “Wahrheit” wolle man bei einer Pressekonferenz am Mittwoch vorstellen und mich dazu einladen.
Ich habe Herrn Stephani darüber informiert, dass ich daran nicht teilnehmen könne, weil ich beruflich auf Reisen war. Auf meine Frage, was denn an meiner Berichterstattung “falsch” sei, gab es keine eindeutige Antwort von Herrn Stephani. Seine Mandantschaft sei empört über die Offenlegung des Privatlebens, beispielsweise über die Altersangaben der Ehefrau (42) und des Unternehmers (80). Das gehe die Öffentlichkeit nichts an. Meinen Einwand, dass Frau Tandogan-Weidenhammer selbst auf einer ihrer Internetseiten ihren “Jahrgang” 1968 veröffentlicht habe und auch das Alter des Unternehmers öffentlich sehr leicht zu recherchieren sei, beantwortete der Anwalt mit:
Das geht doch niemanden was an.
Hier irrt der Anwalt gewaltig. Denn der Erwerb von Schloss Gondelsheim war in der öffentlichen Wahrnehmung keine “Privatsache”. Natürlich war es ein privates Geschäft zwischen dem ehemaligen Schlossherrn Graf Douglas und den Weidenhammers, aber es gab viele öffentliche Termine der Unternehmerfamilie in diesem Zusammenhang und dabei traten sowohl die Unternehmergattin samt Ehemann auf. Und der Altersunterschied liegt auf der Hand – darüber redet die Öffentlichkeit. Ob das der Familie passt oder nicht.
Wie auch aktuell bei der Pressekonferenz zur “Wahrheit” (Pressemitteilung der Familie), bei der die Gattin und ihr Anwalt Stephani im Vordergrund standen, während der ebenfalls anwesende und offensichtlich gesundheitlich angeschlagene Arthur Weidenhammer im Hintergrund blieb. Aber eben trotzdem auf einer öffentlichen Pressekonferenz und nicht an einem privaten Treffen teilnahm- hier sollten “Dinge richtig gestellt werden”.
Die Irrung der interkulturellen Kompetenz
Weiter monierte der Anwalt an dem Artikel die Information, dass Frau Tandogan-Weidenhammer türkische Wurzeln habe und Seminare im Schloss Gondelsheim veranstalte. Beides sei nicht von öffentlichem Interesse. Auch hier irrt der Anwalt gewaltig. Frau Tandogan-Weidenhammer preist ihre “interkulturelle Kompetenz” in diesen Seminaren öffentlich an, beispielsweise über die Website zu Seminaren, um “interkulturelle Kompetenz”, insbesondere bezogen auf Türken, zu erwerben. Und Frau Tandogan-Weidenhammer thematisiert öffentlich, dass sie in “volksverhetzerischer Weise” verfolgt werde.
Letztlich beantwortete der Anwalt Markus Stephani meine Frage, ob der Artikel sachliche Fehler enthalte, mit Nein. Nur die Darstellung “gefalle” der Familie Weidenhammer überhaupt nicht und die Familie habe ein Recht darauf, dass alles “korrekt” dargestellt werde.
Diese Position wiederholt der Anwalt nun in seinem Schreiben. Er fordert mich als verantwortlichen Redakteur auf, einen von ihm als “rassistisch” bezeichneten Kommentar zu löschen und schreibt weiter:
Die Familie Weidenhammer und auch Herr Arthur Weidenhammer ist von Ihrem Artikel nicht begeistert. Die finanziellen Möglichkeiten der Familie Weidenhammer sind Ihnen selbst bekannt. Sie sollten das Bild dringend gerade rücken.
“Finanzielle Möglichkeiten…”
Die Frage ist nun, welches “Bild” der Anwalt genau meint? Und was er mit “gerade rücken” meint? Ausweislich seiner Aufforderung ist die Familie Weidenhammer “nicht begeistert”. Der Hinweis auf die “finanziellen Möglichkeiten” und die Aufforderung das “Bild gerade zu rücken” haben es in sich. Ich meinen Augen ist das eine Drohung und Nötigung. Motto: Entweder, ich tue, was die Familie Weidenhammer und ihr Vollstrecker Stephani von mir wollen oder…? Was dann? Das ist die entscheidende Frage. Was folgt sonst? Was muss ich aus dieser Aufforderung herauslesen? Dass die Familie Weidenhammer kritischen Journalismus mit einer Spende fördert oder dass sie gewillt ist, die “finanziellen Möglichkeiten” zu nutzen, um mich bankrott zu klagen?
Das Hockenheimer Unternehmen Weidenhammer Packaging ist europäischer Marktführer in Sachen Verpackung und macht 230 Millionen Euro Jahresumsatz – “Spielgeld” von einigen Millionen Euro, um mich prozessual in den Ruin zu klagen, ist sicherlich genug vorhanden.
Und als wäre das nicht genug, schließt der Anwalt Markus Stephani die email mit dem Satz:
Ich bin gespannt auf Ihren ausgewogenen Journalismus.
Zynische Drohung
So viel unverhohlenen Zynismus, eine solch unverhohlene Drohung ist mir selten in meinem Berufsleben untergekommen. Erstaunlich ist, dass Frau Tandogan-Weidenhammer über “Erpressung” durch den Gondelsheimer Bürgermeister Markus Rupp klagt und gleichzeitig ihren Anwalt solche emails schreiben lässt.
Ob Frau Tandogan-Weidenhammer mit dieser beispiellosen Druckkampagne ihre “interkulturelle Kompetenz” beweist, indem sie von “Hetzkampagnen” und “Erpressung” spricht, darüber darf man sich sicher selbst eine Meinung bilden. Ob das ein “Qual”iltätsmerkmal ihrer Seminare darstellt – auch darüber darf man sich selbst eine Meinung bilden.
Ebenso darüber, was Frau Tandogan-Weidenhammer Presse- und Meinungsfreiheit “wert” ist. Insbesondere vor ihrem Migrationshintergrund, denn in ihrem Heimatland Türkei gilt Pressefreiheit nicht besonders viel.
Sie hat die “finanziellen Möglichkeiten”, “Klarheit” zu schaffen. Ob diese ausreichen, “wahre” Berichte zu erzwingen, wird spannend werden. Sie hat genug Geld – doch Geld ist manchmal nicht genug.
Ich hoffe auf Spenden im Ernstfall, um mich gegen eine solche “Schlossherrinnen-Mentalität” zur Wehr setzen zu können.
Öffentliche Meinung vs. Unternehmermillionen
Denn eins ist klar: Gegen die Millionen der Weidenhammers habe ich als freier Journalist vor Gericht genau keine Chance. Ich bin aber überzeugt davon, dass eine Unternehmerfrau Tandogan-Weidenhammer ihr eigenes Fehlverhalten mit Drohbriefen durch den Anwalt Markus Stephani und Klagedrohungen von Pontius bis Pilatus aus der Welt schaffen kann. Der Lösungsweg ist Einsicht – vielleicht nimmt sie den durch Konsultation ihrer Seminarunterlagen. Vielleicht konzentriert sie sich dabei aber auch nur auf BushidoNess – den Weg der Kriegerin im Biznis.
Dem Anwalt Stephani habe ich per email geantwortet:
Wir haben mit großer Sicherheit unterschiedliche Vorstellungen von “ausgewogenem Journalismus” und der grundgesetzlichen Verfasstheit der Presse- und Meinungsfreiheit.
Dazu gehört meinerseits, dass es sicherlich nicht im Ansatz notwendig ist, ob eine Familie Weidenhammer oder ein Herr Arthur Weidenhammer “begeistert” oder “nicht begeistert” über journalistische Veröffentlichungen ist. Journalismus hat im allgemeinen nicht die Aufgabe “zu begeistern”, schon gar nicht Partikularinteressierte.
Ob Herr Stephani und seine Mandantschaft Weidenhammer das verstehen, wird sich in absehbarer Zeit zeigen.
Ich lasse weder mir noch einem meiner Mitarbeiter durch solche “Botschaften” drohen. Weder von einem Anwalt Stephani, noch von einer Deniz Tandogan-Weidenhammer, noch von einem europäischen Marktführer in Sachen Verpackungstechnik. Egal, wie viel “finanzielle Möglichkeiten” es auf der Gegenseite gibt.
Wenn “finanzielle Möglichkeiten” verantwortlich für die “Wahrheit” sind, ist es mit freiem Journalismus vorbei, mit Meinungsfreiheit ebenfalls. Und mit der Demokratie sowieso.
Vielleicht denkt die Familie Weidenhammer mal darüber nach – 1955 hatte Arthur Weidenhammer die Chance genutzt, in einer freien Marktwirtschaft sein Glück zu machen. 2013 sollte nicht das Jahr sein, in dem er die Möglichkeit ergreift, mit viel Geld die Grundlage seines Erfolgs zu seinem Gefallen zu prozessieren.
Anm. d. Red.: Bericht im SWR “Dicke Luft in Gondelsheim”.