Mannheim, 26. August 2013. (red) Die Fußballclubs SV Waldhof und Kickers Offenbach sowie deren Fanclubs distanzieren sich von den Ausschreitungen am vergangenen Sonntag nach dem Spiel im Carl-Benz-Stadion. Mit dem Einsatz der Polizei seien beide Seiten zufrieden. Man arbeite in der Vorbereitung solcher Spiele eng mit der Polizei und dem SV Waldhof zusammen, sagte uns Mara Milena-Dittrich von den Kickers.
Von Lydia Dartsch
Ein großes Lob an die Polizei sprach Mara Milena-Dittrich, Pressesprecherin der Kickers Offenbach auf unsere Nachfrage aus. Die 1.200 Fans der Gäste seien gut und sicher von der Polizei vom Hauptbahnhof ins Stadion und zurück geführt worden. Weitere 1.800 Kickers-Fans waren mit Auto oder Bussen angereist und verhielten sich überwiegend friedlich. Auch während des Spiels seien beide Fanblöcke gut voneinander getrennt worden.
Die Gewaltbereitschaft war vor allem von Mannheimer Fans ausgegangen – zumindest von einem kleinen Teil von ihnen. War es zu Beginn des Spiels noch friedlich verlaufen, hatten in der Halbzeitpause Waldhof-Fans versucht, in den gegnerischen Fanblock einzudringen. Die Polizei konnte das verhindern.
Mannschaftsbus mit Flaschen beworfen
Die Provokation ging nach dem Spiel weiter. Während die mit dem Zug angereisten Offenbach-Fans wieder in Polizei-Eskorte zum Hauptbahnhof geführt wurden, provozierten vor dem Stadion in der Theodor-Heuss-Allee rund 100 Waldhof-Chaoten, warfen Flaschen und Steine auf die Polizisten. Es wurden auch Rauchbomben gezündet. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein.
Auch der Mannschaftsbus der Offenbacher wurde von randalierenden „Fans“ am Verlassen des Stadions gehindert und mit Bechern und Flaschen beworfen. Verletzt wurde dabei niemand, Angst hätten die Spieler auch nicht gehabt, so Frau Milena-Dittrich. Der Bus selbst sei auch nicht beschädigt worden, trage aber noch Spuren des Übergriffs der Randalierer.
„Vereinsschädigende Chaoten“
Der SV Waldhof distanziere sich in aller Deutlichkeit von den Randalen und den Gewalttätern, heißt es in der Stellungnahme des Vereins. Diese hätten das Spiel „als Bühne ihrer krankhaften Gewaltneigungen missbraucht“. Der SV Waldhof nennt sie „vereinsschädigende Chaoten“.
Abgesehen davon sei das Spiel ruhig verlaufen. Es sei eine packende Begegnung gewesen – umrahmt von Fangesängen und Choreographien der wahren Fußballanhänger. Das Spiel habe alles geboten, „was das Fanherz begehrt“, sagte uns auch Pro-Waldhof-Vorsitzender Matthias Kneller:
Knapp 3.000 Gästefans, eine beeindruckende Choreo der Ultras Mannheim und eine Stimmung im Stadion, die ihresgleichen in der Regionalliga sucht. Trotz des verregneten Sonntagnachmittags ließen es sich die Anhänger beider Clubs nicht nehmen, ihre Mannschaften frenetisch anzufeuern und dass dann auch noch unser SVW durch einen sehenswerten Freistoß Ajdin Zerics die Partie gewann, rundete den Tag vollends ab. Das wussten unsere Anhänger auch nach Spielende mittels einer HUMBA zu feiern.
Der SV Waldhof fühlt sich und seine Fans durch die gestrigen Vorkommnisse geschädigt. Bei den Gewalttätern handle es sich nicht um Fußballfans, sondern um Kriminelle. Er habe stets in vollem Umfang mit den Sicherheitsbehörden kooperiert und alles in seiner Macht stehende veranlasst, um solchen Exzessen entgegenzuwirken. Nun hofft der Verein auf die Aufklärungsergebnisse der Polizei, um die entsprechenden Personen mit Stadionverboten belegen zu können.
Die Fananlaufstelle Pro-Waldhof sieht sich ebenfalls in der Opferrolle – sprechen von 150 bis 200 Randalierern. Denen stünden gut 6.800 im Stadion anwesende Fans gegenüber, die nicht an den Ausschreitungen beteiligt gewesen seien. Fassungslosigkeit über die Ereignisse höre man von den Fans auch über undifferenzierte Berichterstattung in diversen Medien:
Denn welcher Waldhof-Fan möchte in Schule, Uni oder auf der Arbeit ständig darauf angesprochen werden, ob er Teil dieser Schläger sei?
Pro-Waldhof hat an der Polizeiarbeit von gestern nichts auszusetzen: Der Einsatz der Wasserwerfer sei frühzeitig angekündigt worden und werde sich auch in Zukunft nicht verhindern lassen können – auch nicht das massive Polizeiaufgebot mit 1.300 Beamten, Hunde- und Reiterstaffel sowie dem Polizeihubschrauber.
Die Stadt Mannheim verurteilte heute per Pressemitteilung die Krawalle. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz kündigte darin an, dass alle für die Sicherheit verantwortlichen Institutionen in den nächsten Tagen die Vorkommnisse und den Einsatz nochmals einer intensiven Nachbetrachtung unterziehen werden. Es sei nicht hinnehmbar, dass mehrfach in einer Saison derartige Großeinsätze notwendig seien, um die Sicherheit der Besucher, aber auch die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Insbesondere stelle sich einmal mehr die Frage, ob es gerechtfertigt ist, dass der Steuerzahler für den enormen Aufwand zur Eindämmung ritualisierter und vorangekündigter Gewalt bei Fußballspielen herangezogen wird.
Die sportpolitische Sprecherin der SPD-Gemeinderatsfraktion Andrea Safferling erklärte heute per Pressemitteilung:
Das sind keine Waldhof-Fans, die für diese Randale gesorgt haben, da können sie noch so viele Waldhof-Trikots anhaben. Ich war selbst im Stadion, habe die tolle Atmosphäre mit großartiger Choreographie der Waldhof-Fans erlebt. Was danach passiert ist, schadet dem Verein und den Fußball-Anhängerinnen und Anhängern. Insbesondere untergräbt es auch die großartige Arbeit der Fanclubs und Initiativen.
Woher das Gewaltpotential rührt, sei eine soziale Frage, sagte Herr Kneller auf Anfrage unserer Redaktion. Es sei schwer, diese zu beantworten. Vielleicht liege es an der Tatsache, dass der SV Waldhof seit elf Jahren eher „Amateurfußball“ zu bieten hat, bei dem es an attraktiven Gegnern fehle. So würden die vereinzelten Spiele mit rivalisierenden Gegnern zu Besonderheiten, die dann auch eine Klientel anziehe, die das Waldhof-Fansein fehlinterpretiert. Eine Rechtfertigung für solches Benehmen sei diese Erklärung aber nicht.