Rhein-Neckar, 25. Juli 2016. (red/pro) Als wir einem syrischen Flüchtling am zweiten Weihnachtsfeiertag 2015 die weitere Zusammenarbeit aufgekündigt hatten, meinte die „taz“ den Redaktionsleiter Hardy Prothmann in eine Reihe mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan stellen zu müssen. Bis heute hat sich die Zeitung dafür nicht entschuldigt. Aktuell hat ein mutmaßlicher Afghane versucht, Menschen zu Tode zu hacken und ein Syrer eine Frau mit einem Hackmesser tot geschlagen.
Da haben wir ihm einen Job, fast eine Wohnung und voll fett öffentliche Reputation besorgt, und was macht böser Junge? Er dreht ein Video, in dem ein paar Jungs mit Messern kämpfende Syrer in einem deutschen Flüchtlingsheim parodieren. Satire kann die Lokalzeitung nicht entdecken. Besser: will sie nicht entdecken. Wer aber in diesem Video das Absurde nicht erkennt, der erkennt auch nicht, wie absurd es ist, einem Praktikanten öffentlich zu kündigen, weil er weniger als einen dummen Jungsstreich begangen hat. „Wir lassen uns nicht auf den Arm nehmen“, begründet der Blog sein Vorgehen.
Liebe Kollegen bei der taz,
ich habe Euch in meinen 25 Jahren als Journalist nur ein paar Texte angeboten. Jeder, den ich angeboten habe, wurde auch veröffentlicht. Auch einer über Günter Gaus, dessen Tochter Bettina Gaus bei Euch politische Korrespondentin ist.
Mit Günter Gaus habe ich im Rahmen meines Porträts über ihn viele Stunden verbracht, die mein Leben ganz außerordentlich bereichert haben. Die Kollegin Bettina Gaus schätze ich sehr. Sie ist eine sehr kluge Frau.
Das Honorar für diese Texte war immer erbärmlich.
Noch erbärmlicher ist, was ihr über mich geschrieben habt. Und noch erbärmlicher, dass dazu keine Recherche stattgefunden hat.
Mieser Auswurf
Die Autorin Doris Akrap hat weder telefonisch noch sonstwie versucht Kontakt aufzunehmen, um sich ein Bild zu machen. „Seid endlich dankbar“ heißt ihr mieses Stück. Für diesen Mist hat weder sie noch jemand anders von Euch sich je entschuldigt. Wie erbärmlich.
Dieser „miese journalistische Auswurf“ wurde am 29. Dezember 2015 veröffentlicht. Zwei Tage vor der Kölner Silvesternacht. Seither haben wir jede Menge Nachrichten zu Übergriffen gehabt – ja, hier in der Provinz und eine der miesesten Fake-Meldungen haben wir – wer muss nun dankbar sein? – exklusiv veröffentlicht: Nämlich die angebliche Vergewaltigung am Wasserturm durch einen Araber, die nie stattgefunden hat.
Sind alle Syrer und Flüchtlinge Halsabschneider? Nein. Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.
Messer-Killer-Video
Aber ich hatte hier einen syrischen Praktikanten über insgesamt fast drei Monate. Ich habe viel Zeit und Energie aufgewandt, um diesem eine Chance zu geben. Einem Vorzeige-Syrer. Bachelor-Studium. Also qualifiziert.
Und was macht der Depp? Dreht mit anderen ein Messer-Killer-Video nach.
Ich habe, anders als Ihr bei der taz das dargestellt habt, niemals verlangt, dass dieser Praktikant „dankbar“ sein muss. Ich habe mich nur sehr angestrengt, jemandem zu helfen und war vor den Kopf gestoßen, als ich dieses beknackte Video gesehen habe. Das ist bis heute online – der Praktikant steht dazu.
Weil ich dachte: Wie deppert kann jemand sein? Ok. Das war zu kurz gedacht. Ihr war noch depperter mit Eurem Mist-Text ohne jegliche Recherche. Der andere Depperte hatte wenigstens noch ein „Vorbild“, das er nachgeahmt hat.
No – kein Fremdenhass, nur Realitäten
So für das Zeitgefühl: Werden Euch die Messer nicht auch ein wenig viel? Das sticht eine Teenager-Muslimin einen Bundespolizisten fast ab, da hackt ein Afghane chinesische Touristen in einem Zug in der bayerischen Provinz fast in Stücke und gestern hackt ein junger Syrer eine junge Frau mal eben ins Reich der Toten, vermutlich, weil die seine Avancen nicht erwidert hat.
Nein, nein, nein, liebe taz-Kollegen, da könnt Ihr Euch jetzt aufpumpen, wie Ihr wollt. In meiner Redaktion ist weder die Pegida-Zentrale beheimatet, noch RT-Deutschland noch Erdowahn. Hier gibt es nichts außer journalistischem Verstand und der Mühe (inklusive allen Möglichkeiten des Scheiterns) den Menschen solide Informationen zu liefern.
Dazu gehört auch, kritische Entwicklungen zu thematisieren. „Bab al Hara in Germany“ hat übrigens bereits über 33.000 Aufrufe. Nochmal, liebe taz, das Zitat aus Eurem Text:
und was macht böser Junge? Er dreht ein Video, in dem ein paar Jungs mit Messern kämpfende Syrer in einem deutschen Flüchtlingsheim parodieren. Satire kann die Lokalzeitung nicht entdecken. Besser: will sie nicht entdecken.
Ich konnte weder damals noch heute eine Satire darin erkennen, wenn junge Männer versuchen, andere Menschen zu zerhacken oder ein junger Syrer eine junge Frau mit einem Hackmesser tot schlägt. Vielleicht bin ich zu dumm für Satire – mir graut ganz realistisch vor der Realität.
Ich habe damals sofort alle nötigen Konsequenzen gezogen und sofort klar gemacht, wo die „rote Linie“ überschritten worden ist. Mein ehemaliger Praktikant hat übrigens nicht darauf reagiert. Ich habe keine einzige Antwort von ihm auf meine drängenden Fragen erhalten.
Damit das klar ist: Es gibt von meiner Seite überhaupt keine Verdächtigungen gegen den Mann. Das soll nicht falsch verstanden werden.
Sind zerhackte Chinesen und ein tot geschlagene Polin für Euch Satire?
Was aber klar verstanden werden soll, ist, dass ich mich als verantwortlicher Redaktionsleiter sofort gegen eine wie auch immer „satirisch“ gemeinte Videoproduktion positioniert habe. Damals gab es noch wenige Meldungen von „Messerattacken“ – die nehmen zu und sind oft tödlich. Ob auf chinesische Touristen oder p0lnische Tellerwäscherinnen.
Im August, liebe taz, verbringt mein Volontär Minh Schredle seine letzte Außenstation bei Euch in Berlin.
Ich bin darüber sehr froh, weil ich die taz insgesamt für ihren Journalismus in der Vergangenheit zu schätzen gelernt habe und davon ausgehe, dass der junge Mann bei Euch was lernen kann. Und ich gehe davon aus, dass ihr dem jungen Mann Raum gebt und kein „Exempel“ an ihm verübt, weil dessen Chef seit dem 29. Dezember 2015 auf eine Entschuldigung für Euer mieses, unnötiges Stück wartet und giftet, weil Ihr so wenig souverän seid.
Ich bin nach wie vor gegen Messer. Ich finde dieses von Euch als „Satire“ gelobtes Stück nach wie vor Scheiße. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass ich mit meiner Transparenz richtig lag und diesen Film klipp und klar verurteilt habe. Ich fühle nicht mich durch so viele Messerattacken „bestätigt“, sondern ich finde das Thema bestätigt.
Und ich würde es begrüßen, wenn die taz sich auch mal darum kümmern würde, wie oft Frauen abgeschlachtet werden, weil irgendwelche Arschlöcher denken, Sie hätten das Recht dazu.
Und das noch unter der Überschrift „Seid endlich dankbar“ – gerichtet an die Frauen, die massakriert werden. Das wäre mal ein echt revolutionärer Ansatz und eine ganz einzigartig „neue Betrachtungsweise“.
Schafft Ihr das?
Das ist natürlich nicht satirisch, sondern ironisch gemeint. Die taz kann so oft herausragend sein – ich hoffe für meinen „Volo“, dass er das bei Euch lernt. Die taz langt auch oft komplett daneben – auch das kann der „Volo“ lernen. Hauptsache, er lernt. Und Hauptsache, er bekommt dafür die Chance und wird keine Opfer von „Blutrache“, weil sein Chef mit Euch noch was offen hat. Es ist an Euch, den „Erdowahnsinn“ zu beenden. Schafft Ihr das? Täte allen gut.
In diesem Sinne.