Heddesheim/Viernheim/Rhein-Neckar, 23. Juli 2012. (red) Angeblich soll „Pfenning“ ab dem 01. September den ersten (Teil-)Betrieb aufnehmen – das wird knapp, wenn man sich die Baustelle so anschaut. Aber „Angeblichkeiten“ ist man ja schon seit 2009 gewohnt. Angeblich sind Angeblichkeiten der Normalzustand, seit Pfenning in Heddesheim ist.
Von Hardy Prothmann
Unsere Überschrift „Zwölf vor neun“ ist eine poetische Anspielung auf das Abstimmungsverhalten im Gemeinderat. Es gab zwölf Befürworter bei CDU, SPD und FDP inklusive Bürgermeister und neun „Nein-Sager“, die Grünen, ich selbst* und je einer von CDU und SPD. Es ist natürlich „High Noon“ – der Show-Down oder auch der Shoot-Down am „Pfenning“-Correll hat begonnen.
Wie man hört, soll „Kraft-Foods“ ab September einlagern. Wenn man sich die Baustelle ansieht, kann man nur vermuten: Das wird aber knapp. Sicher ist, dass ein früher angekündigter Start wieder mal nicht eingehalten worden ist. Aber das kennt man ja schon: Erst hieß es 2010, dann 2011, jetzt 2012. Dieses Jahr könnte hinhauen – aber nur, wenn nix dazwischen kommt.
Gerichtstermin
Ein Dazwischenkommen könnte der Gerichtstermin Ende August vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim sein. Sollte das Gericht Zweifel an der Korrektheit des Bebauungsplan haben, kommt wieder „was dazwischen“ und das wäre vermutlich nicht günstig für den „Erfolg“. Denn weitere Verzögerungen kann sich „Pfenning“ vermutlich nicht erlauben.
Auch nicht die Politik – Bürgermeister Michael Kessler hat zwar für jede nicht-eingehaltende Vereinbarung immer „Verständnis“ und unterscheidet sich damit nicht wesentlich von CDU, SPD oder FDP. Trotzdem wird mehr und mehr klar, dass die „Zukunftssicherung“ Heddesheims immer fragwürdiger wird. Zur Erinnerung: Die Hälfte des Ortes war gegen „Pfenning“ – 40 Stimmen mehr bei der Bürgerbefragung wurden zur „mehrheitlichen“ Zustimmung umgedeutet. Eine Farce – deren realistische Fratze nun täglich jeder selbst anschauen kann. „Pfenning“ ist ein gigantisches Betonmonster vor dem Herrn.
Wer ist eigentlich der Investor?
Wobei – wir reden immer über „Pfenning“. Tatsächlich ist ja eine „Phoenix 2010 GbR“ der Investor – das sollte man nicht vergessen. Die Zwei-Personen-Gesellschaft aus Karl-Martin-Pfenning und des regionalen Immobilien-Mobuls Johann Georg Adler, der sich auch gern der III. nennt, sich angeblich die Investoren.
Nun hört man, dass Adler nicht mehr dabei sei und man hört noch ganz andere Spekulationen. Beispielsweise, dass das „Pfenning“-Projekt an sich ein Spekulationsobjekt ist und „Pfenning“ gar nicht der „Besitzer“ ist.
Wenn dem so ist, braucht man an den Bürgermeister und seine bedingungslose „Ja-Sager-Clique“ keine Frage mehr richten, außer, ob sie vielleicht in der Lage sind, so etwas wie einen Rest von Scham über ihr vorsätzlich-verantwortungsloses Verhalten zu empfinden.
Wichtige Argumente?
Die Schiene, die vormals als wichtiges Argument ins Feld geführt worden ist, kommt frühestens in drei Jahren – gezählt ab dem Jahr, ab dem sie beschlossen wird. Das kann in ein, zwei, fünf, zehn Jahren oder nie sein.
Die „bis zu 1.000 Arbeitsplätze“ bei „Pfenning“ können schon heute als „entscheidungsbedingende Lüge“ bezeichnet werden. 2008 beschäftigte „Pfenning“ laut Bilanz 1.624 Mitarbeiter, ein Jahr später nur noch 1.592 und im Jahr 2010 noch 1.459. Damit wurden 165 Mitarbeiter in drei Jahren abgebaut, das Personal um gut zehn Prozent reduziert. Wie auf dieser Basis ein Job-Wunder passieren soll, ist mehr als fraglich.
„Erhebliche Gewerbesteuereinnahmen“ sind mehr als zweifelhaft. „Pfenning“ behauptet trotz gegenteiliger Bilanzdaten, über 200 Millionen Euro Umsatz zu machen. 2007 waren es gerundet 176 Millionen Euro, 2008 waren es 170 Millionen Euro, 2009 waren es 157 Millionen euro, 2010 waren es 155 Millionen Euro.
Die „erfolgreiche“ Firma hat also vier Jahre in Folge an Umsatzerlösen massiv eingebüßt. Die Zahlen 2011 sind noch nicht öffentlich. Der Umsatz liegt gut 25 Prozent unter den eigenen Umsatzangaben. Der Erlös ist lächerlich. Die Zukunftsfähigkeit fraglich.
Investition in eine „Zukunftsbranche“?
Heddesheim – oder vielmehr der GröBaZ (größter Bürgermeister aller Zeiten) Kessler sowie seine willfährigen „Ja-Sager“ haben also in eine Firma „investiert“, die seit Jahren auf dem absteigenden Ast ist. Und dazu künftig für noch mehr Verkehrsbelastung gesorgt. Der Verkehrslenkungsvertrag ist auch so eine „angebliche“ Sache und man wird gespannt sein dürfen, ob er was taugt.
Man kann nur hoffen – nichts anderes bleibt übrig, weil Fakten geschaffen worden sind -, dass „Pfenning“ solide finanziert und nicht am Ende ein Börsen- oder Fonds-finanziertes Objekt ist, bei dem vollständig unklar ist, wem die „Immobilie“ eigentlich gehört. Also Russen, Chinesen, Arabern oder irgendwelchen Investment-Bankern.
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und wer mit?
Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt und in Sachen „Pfenning“ ist das seit Anbeginn ein schleichender Krankheitsprozess.
Lassen wir uns überraschen, ob alles „gut geht“ oder wie gewisse Leute ohne jedes Gefühl für Verantwortung die Lage „schön reden“ wollen, statt konsequent ihren Hut zu nehmen.
Es stand 12:9 im Gemeinderat – ein solch immenses Projekt hätte eine größere Mehrheit benötigt und konnte nicht gegen die Hälfte der Bevölkerung entschieden werden. Aber es gab keine größere Mehrheit und es wurde gegen die Hälfte des Ortes entschieden. Der 100-Millionen-Euro-Kessler hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass „alles seine Ordnung hat“, CDU-Fraktionschef Josef Doll wie SPD-Fraktionschef Jürgen Merx wie FDP-Fraktionschef Frank Hasselbring wurden nie müde, alles einvernehmlich abzunicken. Der Rest schwieg überwiegend und hob, wo erforderlich, die Hand.
Irgendwann wird aber immer abgerechnet – die nächste Wahl ist 2014. Gar nicht mehr so weit hin.
Es bleibt spannend. 😉
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* Hardy Prothmann war seit der Kommunalwahl 2009 bis zum 01. März 2012 partei- und fraktionsfreier Gemeinderat in Heddesheim. Er stellte sich als unabhängiger Kandidat auf der Liste der FDP zur Wahl und gewann seine erste Gemeinderatskandidatur mit 20 Prozent Vorsprung auf den Fraktionsvorsitzenden Frank Hasselbring. Nach der ersten „Fratkionssitzung“ informierte er Bürgermeister Kessler, dass er nicht Teil der Fraktion ist. Persönlich empfindet er die Kandidatur auf dieser Liste als großen Fehler: „Ich habe vor der FDP im Sinne eines Genscher oder Baum Respekt gehabt, aber die aktuelle Lage der Partei ist mehr als desolat. Meine Entscheidung, auf dieser Liste anzustreten, war ein gedanklicher Fehler, weil ich vom Begriff des freiheitlichen Denkens ausgegangen bin.“
Anm. d. Red.: Hardy Prothmann ist verantwortlicher Redakteur für die Inhalte von Heddesheimblog.de