Rhein-Neckar/Berlin, 21. November 2019. (red) Der Tatverdächtige, der am 19. November 2019 in Berlin den Arzt Fritz von Weizsäcker (50) mit einem Stich in den Hals tödlich verletzt hatte, kommt aus dem rheinland-pfälzischen Andernach. Nach bisherigem Informationsstand handelte der 57-jährige deutsche Tatverdächtige gezielt, kaufte ein Messer und reiste für den geplanten Mord am Vortag nach Berlin. Am Ende eines Vortrags attackierte der Mann sein Opfer und verletzte dabei auch einen Polizeibeamten schwer, der den Tatverdächtigen aufhalten wollte. Die Behörden gehen zunächst von einer durch Wahnvorstellungen getriebenen Tat aus.
Nach den bislang veröffentlichten Informationen gab es keine erkennbare Gefährdungslage für Fritz von Weizsäcker. Der jüngste Sohn von vier Kindern des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und dessen Ehefrau Marianne war ein anerkannter Facharzt für Innere Medizin und leitete seit Juli 2015 als Chefarzt die Innere Abteilung der Schlosspark-Klinik Berlin.
Der Tatverdächtige soll nach Behördeninformationen aus Rache gehandelt haben, weil Richard von Weizäcker in den 60-iger Jahren Geschäftsführer der Chemiefirma Boehringer Ingelheim war, die den US-Konzern Dow Chemical bei der Produktion des Entlaubungsmittels Agent Orange unterstützte, das als Kampfmittel in Vietnam Hunterttausende durch Vergiftung tötete. Das Motiv liege „in einer wohl wahnbedingten allgemeinen Abneigung des Beschuldigten gegen die Familie des Getöteten“, teilte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft mit. Da Richard von Weizsäcker bereits verstorben war, habe sich der Andernacher den Sohn als Opfer ausgesucht.
Nach einem rund einstündigen Vortrag von Weizsäckers über Lebererkrankungen gegenüber rund zwei Dutzend interessierten Bürgern sei der Täter zum Podium geeilt. Ein 33-jähriger Beamter des Landeskriminalamts Berlin habe versucht, diesen aufzuhalten. Der Beamte, der im Bereich Betrug arbeitet, war als interessierter Bürger vor Ort und wurde schwer verletzt, ist aber nach einer Notoperation außer Lebensgefahr. Weitere Besucher konnten den Tatverdächtigen dann bis zum Eintreffen der Polizei festhalten. Für Fritz von Weizsäcker kam jede Hilfe zu spät – er starb infolge einer Stichverletzung in den Hals.
Am Mittwochabend wurde ein Unterbringungsbeschluss wegen Mordes und wegen versuchten Mordes erlassen und der Tatverdächtige in eine psychiatrische Klinik eingeliefert.
Fritz von Weizsäcker promovierte 1987 in Heidelberg. Er hinterlässt eine Frau und vier Kinder.
Kommunale Verbände, Rettungsorganisationen und ärztliche Vereinigungen klagen seit geraumer Zeit über eine zunehmende Gewaltbereitschaft gegenüber Amtsträgern, Sachbearbeitern oder Rettungskräften. Teils liegen die Motive im persönlichen Bereich, teils sind diese extremistisch bedingt.
Ein Schutz durch die Polizei ist nicht möglich. Stark gefährdete Personen wie Ministerpräsidenten oder Innenminister haben einen ständigen Personenschutz. Ebenso teilweise Personen, gegen die konkrete Bedrohungslagen vorliegen. Alle anderen Personen sind Gewaltattacken ohne eigene Schutzmaßnahmen mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert.