Mannheim, 22. November 2019. (red/pro) Die städtische GBG baut erstmals seit 20 Jahren neue „Sozialwohnungen“. Dabei handelt es sich um durch Landesmittel geförderten Wohnraum, der deshalb zu einem günstigen Mietpreis angeboten werden kann. Ebenso der private Bauträger Sahle Wohnen. Was viele nicht wissen – geförderter Wohnraum steht auch „normalen“ Gehältern zur Verfügung. Was man braucht, ist ein Wohnberechtigungsschein. Im RNB-Interview erläutert GBG-Geschäftsführer Karl-Heinz Frings die Hintergründe, für wen das Angebot gedacht ist und wie sich das GBG-Angebot insgesamt entwickelt.
Interview: Hardy Prothmann
Herr Frings, die GBG baut erstmals seit gut 20 Jahren 202 neue „Sozialwohnungen“, zusätzlich werden 54 „amerikanische Wohnungen“ saniert, damit bringen Sie 256 neue geförderte Wohnungen auf Franklin auf den Markt. Warum gab es so lange keinen Bedarf an solchen Wohnungen?
Karl-Heinz Frings: Dazu ist zweierlei zu sagen: Einmal sind wir in Mannheim alle lange davon ausgegangen, dass die Stadt eher schrumpfen wird. Das Thema, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, war darum lange gar keines – diese Trendwende hat sich in Mannheim erst in den vergangenen Jahren vollzogen. Und zweitens gab es eben lange Zeit keine attraktiven Fördermittelprogramme, die solchen geförderten Wohnungsbau ermöglichen. Die Landespolitik hat hier mittlerweile umgesteuert und wir nutzen die neuen Fördermittelprogramme jetzt natürlich, um neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Ohne Förderung läge der Mietpreis deutlich über 10 Euro
Könnte die GBG ohne eine Landesförderung solche Angebote realisieren? Wie hoch wäre der Preis pro Quadratmeter Kaltmiete im Schnitt, wenn die Wohnungen ohne Förderung neu gebaut würden?
Frings: Die Baupreise sind gerade in den vergangenen Jahren stark gestiegen, ganz ohne Fördermittel können wir darum leider nicht auf der einen Seite attraktiv und nachhaltig neu bauen und auf der anderen Seite günstig vermieten. Denn auch unsere Bauprojekte müssen sich am Ende rechnen und dürfen nicht zu einem Minus führen, das ja sonst andere Mieter ausgleichen müssten. Ohne Förderung lägen die Mieten um etwa ein Drittel höher, statt bei 7,50 Euro pro Quadratmeter also sicher deutlich über 10 Euro.
Sie haben am Mittwoch zusammen mit dem privaten Bauträger Sahle Wohnen, die ebenfalls vom Land geförderte 217 Wohnungen auf Franklin realisieren, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz den Vermietungsstart der ersten geförderten Wohnungen präsentiert. Warum hat die GBG diese Wohnungen nicht selbst gebaut?
Frings: Die MWSP hat bewusst Bauflächen an unterschiedliche Investoren veräußert. Ziel ist es, ein buntes vielfältiges Quartier zu entwickeln und dazu die unterschiedlichen Konzepte der Investoren zu nutzen. Ein wichtiges Thema für das zukünftige Zusammenleben ist es, auch Wohnraum im preisgünstigen Segment zu bauen. Die GBG und das Unternehmen Sahle Wohnen bauen beide jeweils völlig eigenständig geförderte Mietwohnungen, wir haben lediglich gemeinsam die Projekte vorgestellt – auch um zu zeigen, dass hier verschiedene Wohnungsbauunternehmen nicht als Konkurrenten auftreten, sondern ein gemeinsames Ziel haben, nämlich bezahlbaren Wohnraum in Mannheim anzubieten. Wir als GBG bauen unsere 256 geförderten Mietwohnungen auf Franklin aber selbst, damit hat die Firma Sahle nichts zu tun.
Insbesondere bei bestehendem Wohnraum spricht man von der „zweiten Miete“, was die in den vergangenen Jahren teils enorm gewachsenen Nebenkosten angeht – mit welchem Anteil müssen Ihre Mieter rechnen?
Frings: Auch darum sind ja Neubauten oder Vollsanierungen so wichtig, denn sie helfen den Mietern, etwa durch Dämmungen und neue Fenster die Heizkosten viel niedriger zu halten, das gilt auch für die geförderten Wohnungen auf Franklin, die ja alle nach modernen Standards erstellt werden. Genaue Abschätzungen zu den Nebenkosten können wir pauschal nicht abgeben, das hängt stark von der Wohnungsgröße und dem Nutzerverhalten ab.
Geförderte Wohnungen richten sich an die breite Bevölkerung
Der Begriff der „Sozialwohnung“ ist nicht unbedingt positiv aufgeladen – schaut man sich an, welche Einkommen einen Wohnberechtigungsschein beantragen können, dann wird deutlich, dass das eben überhaupt nicht nur prekäre Einkommensverhältnisse meint, sondern durchaus auch die „Krankenschwester“ oder den „Polizeibeamten“. Sind das Ihre neuen Wunschmieter?
Frings: Wir als GBG sind für breite Bevölkerungsschichten da, dazu zählen die genannten Berufsgruppen genauso wie zum Beispiel auch Menschen, die Sozialleistungen beziehen. „Wunschmieter“ haben wir insofern keine. Sie haben aber recht, wenn Sie auf die oft noch wenig bekannten Möglichkeiten des Wohnberechtigungsscheins hinweisen: Geförderte Mietwohnungen richten sich wirklich an die breite Bevölkerung. Viele Menschen haben Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und wissen das gar nicht. Um das zu zeigen, genügt ein kurzer Blick auf die Einkommensgrenzen, die das Land festlegt: Ein Vier-Personen-Haushalt darf im Jahr etwa bis zu 67.300 Euro brutto verdienen und hat noch die Möglichkeit, einen solchen Wohnberechtigungsschein zu bekommen. Diesen Schein braucht man, um eine geförderte Wohnung anmieten zu können.
Der politische Auftrag der GBG-Tochter MWSP ist, dass es eine soziale Durchmischung auf Franklin gibt. Welche Rolle spielen da die teils bis zu 107 Quadratmeter großen Wohnungen der Bestandsimmobilien („Amerikanisches Wohnen“), die sich vor allem an kinderreiche Familien richtet?
Frings: Die MWSP sorgt dafür, dass auf Franklin jeder sein Zuhause finden kann: Es wird Wert gelegt auf bezahlbaren Wohnraum, übrigens auch im Eigentum, aber auch auf andere, auch höherwertige Angebote. Und besondere Wohnformen wie etwa selbstorganisierte Wohngruppen bekommen ebenfalls ihren Platz. Mit den großen Wohnungen im „Amerikanischen Wohnen“ machen wir Familien mit zwei, drei oder mehr Kindern ein Angebot, die es sonst wirklich schwer haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Zudem erhalten wir mit diesen Wohnungen übrigens auch den Originalzuschnitt der amerikanischen Kasernen, so etwas findet sich in Deutschland kaum.
Die GBG hat 2.851 geförderte Wohnungen im hier beschriebenen Sinne im Portfolio, dazu gibt es noch weitere preis- und belegungsgebundene Wohnungen aus anderen Programmen, aktuell sind es mehr als 3.100 geförderte Wohnungen bei einem Bestand von knapp 19.000 Wohnungen. Die städtische Gesellschaft strebt an, künftig die Hälfte der Neubauten im bezahlbaren Segment zu erstellen. (Anm. d. Red.: Wie viele geförderte Wohnungen es in Mannheim gibt, haben wir angefragt und ergänzen, sobald die Antwort vorliegt). Da die Landesregierung in den vergangenen Jahren die Fördermittel für günstigen Wohnraum deutlich erhöht hat, sind entsprechende Neubauprojekte möglich, die sonst nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten. Die GBG investiert beispielsweise in die Sanierung „Amerikanisches Wohnen“ rund 9 Millionen Euro, vom Land kommen 2,3 Millionen Euro. Sahle Wohnen investiert in 217 Wohnungen 23,3 Millionen Euro, 9,8 Millionen Euro kommen vom Land dazu. Mit der Förderung geht eine Mietpreisbindung einher. Auf der Konversionsfläche Franklin entstehen insgesamt rund 4.500 Wohneinheiten für rund 9.000 Bewohner. Rund 1.000 Menschen leben bereits im sich entwickelnden Stadtteil.
Der auf Franklin entstehende Wohnraum wird Personen angeboten, die bereits in Mannheim leben. Wer nach Franklin zieht, macht also woanders im Stadtgebiet eine Wohnung frei. Könnte das nicht nachteilige Effekte haben, weil diese Wohnungen dann teurer neu vermietet werden oder welche Effekte erwarten Sie?
Frings: Es wird eher das Gegenteil der Fall sein, da ja die freigemachten Wohnungen meistens auch eher günstigere Wohnungen sind – und wenn es sich beispielsweise um Wohnungen von uns handelt, wird auch ein Mieterwechsel nur zurückhaltend zu Mietanpassungen genutzt. Zudem gilt die Fokussierung auf Mannheimer für die GBG nur bei Leistungsempfängern, für andere Mieter der GBG und bei anderen Anbietern gibt es das so nicht. Wir sind sicher, dass das zusätzliche Angebot an bezahlbaren Wohnungen den Mannheimer Wohnungsmarkt insgesamt entspannen wird.
Ganz praktisch: Wie viele der 473 öffentlichen/privaten geförderten Wohnungen sind bereits vermietet und was müssen Interessenten tun, um eine solch begehrte Wohnung zu erhalten?
Frings: Hier können wir als GBG nur für die 256 Wohnungen in unserem Bestand sprechen. Wir gehen bei der Vermietung schrittweise vor, ganz aktuell sind wir mit den ersten 18 Wohnungen am Markt, davon sind zwei Drittel bereits vermietet und es gibt zudem einige Reservierungen. In den kommenden Monaten folgen dann die nächsten beiden Bestandsgebäude des Projekts „Amerikanisches Wohnen“, insgesamt geht es hier um 54 Wohnungen. Etwa Mitte 2020 kommen dann die ersten geförderten Neubauten an den Markt.
Die Einkommensgrenzen für Wohnungen ab dem Förderjahrgang 2009 betragen derzeit gemäß der geltenden Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zum Förderprogramm Wohnungsbaus Baden-Württemberg 2018/2019 (Quelle: Stadt Mannheim):
Alle werden gleich und fair behandelt
Es gibt vermutlich mehr Interessenten als Wohnungen – nach welchen Kriterien wird bei der GBG entschieden, wer eine Wohnung erhält?
Frings: Bei allen unseren Wohnungen setzen wir auf unser zertifiziertes Vermietungssystem, das alle gleich und fair behandelt. Maßgeblich entscheidend sind dabei die Dringlichkeit, hier sind feste Kriterien hinterlegt, und die Wartedauer der Interessenten. Daneben gibt es eine Kooperationsvereinbarung mit der Stadt Mannheim, durch die wir uns verpflichten, in bestimmten, genau definierten Fällen schnell zu helfen.
Ein Blick in die Zukunft: Aktuell gilt für die GBG eine Obergrenze von 7,50 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete. Wie lange lässt sich dieser Mietzins halten und ab wann erwarten Sie, dass es auch für GBG-Wohnungen teurer werden muss?
Frings: Bei geförderten Wohnungen ergeben sich die 7,50 Euro pro Quadratmeter durch die jeweiligen Förderregelungen. Sie sind in den geförderten Wohnungen für eine bestimmte Zeit festgeschrieben, meist sind das 15 Jahre oder mehr. Sieht man sich unseren gesamten Wohnungsbestand an, dann sieht man, dass wir ja insgesamt sogar noch deutlich unter diesem Wert liegen, die Durchschnittsmiete der GBG lag 2018 bei 6,32 Euro pro Quadratmeter, rund ein Viertel unserer Bestandswohnungen liegen sogar unter einer Quadratmetermiete von 6 Euro.
Der Antrag auf Ausstellung eines Wohnberechtigungsscheines kann bei der Stadt Mannheim, Fachbereich Arbeit und Soziales, in K 1, 7-13, im 1. OG beim Sachgebiet „Wohnraumsicherung, Wohnungsbindung und Wohnberechtigungsscheine“ persönlich gestellt werden oder per Post/EMail/Fax zugesandt werden.
Die Antragsformulare für den Wohnberechtigungsschein sind auf der Homepage der Stadt Mannheim zu finden: www.mannheim.de/sozialwohnung-wohnberechtigung
Telefonische Anfragen können unter der Rufnummer (0621) 293-7878 erfolgen.
Anfragen per E-Mail können an die folgende Adresse gerichtet werden: wohnen@mannheim.de
Anm. d. Red.: Das RNB begleitet den Konversionsprozess auf den früheren Militärflächen seit langem. Sie finden zahlreiche weitere interessante Texte unten über die Schlagwörter, die Kategorien oder oben über die Suche.