Mannheim, 20. Juli 2016. (red/ms) Die Idee ist extravagant: Im Zentrum des Benjamin Franklin Village sollen vier 48 Meter große Hochhäuser entstehen – und zwar in Buchstabenform. Gemeinsam sollen sie das Wort ‚HOME‘ bilden – allerdings nur aus einer bestimmten Perspektive betrachtet. Daher soll jedes Gebäude auch für sich allein sprechen. Nach anfänglicher Skepsis im Gemeinderat konnte der Zwischenstand der Planung die meisten Stadträte im Unterausschuss Konversion überzeugen.
Als mir das Konzept das erste Mal vorgestellt worden ist, war ich weit weg von Begeisterung. Unsere Hochhäuser sind ja nicht unbedingt die schönsten Flecken Mannheims. Dann auch noch die Überlegung, das in Buchstabenform zu machen. Da habe ich erst einmal schmunzeln müssen und konnte mir nichts drunter vorstellen. Ein bisschen skeptisch bin ich immer noch. Aber die Planung sieht sehr durchdacht aus und die Investoren sind offenbar überzeugt. Jetzt müssen wir die Idee noch ordentlich vermitteln, auch was die Vermarktung angeht.
Vielen Mannheimerinnen und Mannheimern dürfte es so ähnlich gehen wie dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Carsten Südmersen. Auf Franklin-Mitte, dem Herzstück der Mannheimer Konversionsflächen, sollen vier Hochhäuser in Buchstabenform das Ortsbild prägen und zusammen das Wort „HOME“ bilden – eine Idee, die nicht bei allen sofort gut ankam.
Beim Benjamin Franklin Village im Mannheimer Norden handelt es sich um die größte Wohnsiedlung, die US-amerikanische Streitkräfte je in Deutschland errichtet haben. Nicht nur Soldaten lebten hier, sondern auch ihre Familien.
Hochpunkte fehlen
Die Siedlung ist wie eine Kleinstadt aufgebaut, mit eigenen Supermärkten, Sport- und Spielplätzen, Kirche und Schulen – allerdings ist die Bebauung im gesamten Gebiet monoton und standardisiert. Die Wohnhäuser folgen identischen Grundrissen. Die Höhen der Gebäude sind fast überall gleich – hier gibt es kaum Abwechslung. Selbst die Architektur der Kirche hat keine „herausragenden“ Elemete, wie einen Turm, der die umliegende Bebauung überragt.
Wie Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz im Gespräch mit Journalisten erläutert, falle die Orientierung auf dem Benjamin Franklin Village und Franklin-Mitte teils schwer. Es gebe nur wenig wirklich markante Stellen und keine Hochpunkte, die man von überall sieht.
Ziel der Hochhäuser sei es unter anderem, diese monotone Höhenstruktur aufzulösen und Gebäude mit großem Wiedererkennungswert zu schaffen. Gemeinsam sollen die Hochhäuser eine Familie bilden – die Zusammengehörigkeit werde durch die Buchstabenform verdeutlicht:
Mir ist nicht bekannt, dass es so etwas schon irgendwo anders gibt. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal für Franklin.
Vergangenen Dienstag wurde der Zwischenstand der Planung im Unterausschuss für Konversion Mannheimer Stadträten vorgestellt. Architekten und Stadtplaner betonten dort, die Hochhäuser sollten den Raum Franklin „prägen, aber nicht dominieren“. Die Gebäude sollten „stark als Individuum“ sein und „jeweils für sich überzeugen“, aber „gleichzeitig eine gemeinsame Botschaft“ vermitteln.
Frage der Perspektive
Klaus Elliger, Leiter des Fachbereichs Stadtplanung, führt dazu aus:
Uns kommt es darauf an, dass die Hochhäuser aus sich heraus eine eigene Qualität entwickeln. Dass dabei jeder sofort das Wort ‚HOME‘ erkennt, ist nicht das wichtigste. Es kann auch gut sein, dass jemand die Siedlung mehrmals besucht, ohne dass es ihm überhaupt auffällt.
Die Häuser sollen jeweils auf das Zentrum, den Mittelpunkt von Franklin, ausgerichtet sein. Das Wort ‚HOME‘ wird nach aktuellem Planungsstand nur von einem einzigen Standpunkt aus zu sehen sein: Der angedachten Brücke über die B38 in Vogelstang.
Dieser Umstand sorgte im Konversionsausschuss mitunter für die größte Kritik – denn aktuell ist unklar, ob die Brücke überhaupt verwirklicht wird, beziehungsweise verwirklicht können wird. Möglich wäre, dass die B38 in eine Stadtstraße umgewandelt wird, dann wäre eine ebenerdige Querung ebenfalls realisierbar und voraussichtlich deutlich günstiger.
„Pendant zur Vogelstang“
Laut Prof. Dr. Achim Weizel, dem Fraktionsvorsitzenden der Mannheimer Liste, würde die Wirkung des Wortes in diesem Fall wohl verfliegen. Man solle daher noch prüfen, ob womöglich noch andere Ausrichtungen möglich wären. Bis die aktuellen Planungen verwirklich werden könnten, wären allerdings ohnehin noch zahlreiche Detailfragen zu klären.
Insgesamt traf das grundsätzliche Konzept auf große Zustimmung – trotz anfänglicher Skepsis. Es solle ein „Pendant zur Vogelstang“ geschaffen werden, wo ebenfalls vier Hochhäuser die Stadteinfahrt auf der linken Seite der B38 flankieren. Diese sind etwa 50 Meter hoch, an dieser Größenordnung sollen sich auch die HOME-Hochhäuser orientieren.
Das Franklin-Fraktal
Laut Oberbürgermeister Dr. Kurz (SPD) solle Franklin als Gesamtgebiet ein „Abbild der Stadt im Kleinen“ darstellen. Das heißt: Alles, was Mannheim im Wesentlichen ausmacht, soll hier ebenfalls anzufinden sein. Für die Wohnungspolitik des neuen Stadtteils ist das eine große Herausforderung – denn eine ausgewogene soziale Durchmischung soll zudem sichergestellt werden. Nicht nur arm und reich – sondern auch jung und alt:
Wenn wir uns die Vogelstang anschauen, ist das im Großen und Ganzen ein gelungenes Siedlungsprojekt gewesen. Allerdings mit einem Problem: Als das Neubaugebiet bezugsbereit war, ist eine Generation dort hingezogen und gemeinsam älter geworden. Die Demographie ist dort insgesamt sehr homogen.
Auf Franklin sollten verschiedene Generationen gemeinsam wohnen können. Es muss also attraktive Angebote für alle Altersklassen geben – das gilt auch für den Wohnungsmarkt. 30 Prozent der Wohneinheiten auf Franklin Mitte sollen in die Kategorie „sozialer Wohnungsbau“ fallen. Das setzt Mieten von weniger als 7,50 Euro pro Quadratmeter oder Kaufpreise von unter 2.800 Euro pro Quadratmeter voraus.
Daneben soll ein wesentlicher Teil der Immobilien und Wohneinheiten zur Eigentumsbildung angeboten werden – unter anderem diejenigen in den HOME-Hochhäusern. Wie Dr. Kurz mitteilt, gebe es in Mannheim eine große Nachfrage nach urbanen Geschosswohnungen, die aktuell nicht bedient werden könne. Mit der Konversion auf Franklin könnten aber nahezu alle Defizite am Mannheimer Wohnungsmarkt ausgeglichen werden.