Mannheim, 19. Dezember 2014. (red) Der neue CDU-Stadtkreisvorsitzende Nikolas Löbel behauptet, seine Partei sei die neue Mitmachpartei. Wie das in der Praxis aussieht, dokumentieren wir mit unseren Anfragen an CDU-Stadträte und -Funktionäre. Ganz transparent – auf journalistische Fragen gibt es so gut wie keine Antworten.
email der Redaktion an alle 12 Stadträtinnen und Stadträte, Abgeordnete und Funktionäre, 17. Dezember 2014 um 10:29
Guten Tag!
Wir schreiben heute alle Fraktionsmitglieder der CDU an und bitten bis 18 Uhr um Antwort auf folgende Fragen. Sie können Ausführungen in beliebiger Länge machen.
Sind Sie für die Durchführung einer BUGA 23?
Sollen dabei Teile der Au einbezogen werden?
Welche der Straßenvarianten bevorzugen Sie?
Fühlen Sie sich an Ergebnisse der aktuellen Mitgliederbefragung gebunden?
Respektieren Sie das Ergebnis des Bürgerentscheids?
Sind Sie für einen neuen Bürgerentscheid?
Die CDU-Fraktion hat der Einbeziehung der Au ursprünglich mehrheitlich zugestimmt und auch der Verlegung der Straße an die Riedbahn. Beides soll nach Meinung des Kreisvorstands auf Basis der Mitgliederbefragung nun entfallen. Halten Sie diese Position für vertretbar oder befürchten Sie einen Schaden im öffentlichen Ansehen der CDU?
Danke vorab, mit besten Grüßen
Hardy Prothmann
Hierauf wurde vereinzelt von Stadträt/innen geantwortet. In Absprache mit den Antwortgebern veröffentlichen wir die Antworten noch nicht, weil die Lage innerhalb der Fraktion als desolat eingeschätzt wird und die Bitte ist, dies nicht noch weiter zu befördern.
email der Redaktion an Kreisgeschäftsführer Peter Seufert, 18. Dezember 2014 um 12:13 Uhr
Hallo Herr Seufert,
Antwort Fraktionsgeschäftsführer Matthias Sandel, 18. Dezember 2014 um 15:16 Uhr
Sehr geehrter Herr Prothmann,
Sie haben an die Mitglieder der CDU-Gemeinderatsfraktion eine E-Mail versandt, auf die ich im Namen der Fraktion antworte.
Die CDU-Gemeinderatsfraktion wird sich zu Beginn des neuen Jahres mit den Ergebnissen der Mitgliederbefragung des CDU-Kreisverbandes ausführlich beschäftigen. Wir werden in aller Ruhe das weitere Vorgehen beraten und Ihnen zu gegebener Zeit entsprechende Auskünfte erteilen.
Ich wünsche Ihnen ein Frohes Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr 2015.
Matthias Sandel
Fraktionsgeschäftsführer
Antwort der Redaktion an Herrn Sandel, 18. Dezember 2014 um 16:08
Hallo Herr Sandel,
ich bin jetzt einigermaßen irritiert – ich habe nicht Sie als Fraktionsgeschäftsführer angefragt und sehe auf Ihrer Seite auch keinerlei politische Kompetenz als Mandatsträger, die Fragen an Stadträtinnen und Stadträte der CDU zu beantworten.
Wenn schon, müsste Herr Südmersen als Fraktionsvorsitzender antworten – auch ihn habe ich nicht als Sprecher von allen angeschrieben, sondern als einzelnem Stadtrat.
Ich darf Sie hier an die Gemeindeordnung und die Rechtsstellung der Gemeinderäte, §32 erinnern:
(3) Die Gemeinderäte entscheiden im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung. An Verpflichtungen und Aufträge, durch die diese Freiheit beschränkt wird, sind sie nicht gebunden.
Außerdem bin ich überrascht, dass nach Auskunft der Stadt die Fraktion den Raum reserviert hat, aber nach Ihrer Aussage es eindeutig eine Veranstaltung des Stadtverbands war, da die Fraktion ja erst im neuen Jahr über das Ergebnis berät. Liegt hier nicht ein Verstoß gegen die Nutzungsordnung vor? Soweit mir bekannt ist, darf der Stadtverband die Räumlichkeiten nämlich nicht belegen.
Da Sie sich nun eingeschaltet haben, bitte ich, die Fraktionsmitglieder nochmals zu informieren, dass wir gezielt jeden Stadtrat einzeln angeschrieben haben und eine Antwort erhalten oder nicht. Wir gehen davon aus, dass CDU-Stadträte durchaus für sich selbst sprechen können. Sie können auch für sich selbst schweigen. Dementsprechend werden wir auch berichten.
Mit besten Grüßen
Hardy Prothmann
Keine Antwort.
email der Redaktion, erneut an die Stadträt/innen, 18. Dezember 2014 um 16:29
Sehr geehrte Stadträtin, sehr geehrter Stadtrat,
wir haben vereinzelt Antworten erhalten und sind dann von Herrn Sandel informiert worden, dass die Fraktion uns erst im neuen Jahr antworten werde.
Das halten wir für nicht akzeptabel.
Wenn Sie uns keine Antwort geben möchten, würden wir doch um eine persönliche Absage bitten.
Wir haben nun beschlossen, dass wir ab sechs Antworten veröffentlichen, ansonsten nicht, um die Antwortgeber, die offenbar unter Druck gesetzt worden sind, nicht parteiintern zu beschädigen.
Ich darf Ihnen, sofern Sie zu denen gehören, die sich an den Ukas halten, meine allergrößte Verwunderung mitteilen, weil ich wie jeder Bürger eigentlich davon ausgehe, dass Stadträtinnen und Stadträte eine eigene Meinung und Haltung haben und auch Frau/Mann genug sind, sich auf Fragen entsprechend zu äußern und die Antworten zu vertreten.
Diese Blockparteihaltung wird in der Öffentlichkeit mit Sicherheit nicht positiv wahrgenommen werden. Das liegt aber nicht – um hier einem wie wir wissen vorhandenen Vorurteil vorzugreifen – an Form und Inhalt unserer Berichterstattung, sondern an Ihrem Verhalten.
Wir Journalisten stellen Fragen und kommunizieren die Antworten oder eben auch die Nicht-Antworten. Und wann wir wen was wozu fragen, das entscheiden wir selbst.
Mit besten Grüßen
Hardy Prothmann
Vereinzelte Telefonanrufe von CDU-Stadträtinnen, die ihren großen Ärger zum Ausdruck bringen.
Anm. d. Red.: Wir sind stets um größte Transparenz bemüht. Dass wir die vereinzelten Antworten nicht veröffentlichen und keine Namen nennen, ist aber journalistisches Gebot der Stunde, weil die betreffenden Personen aktuell schützenswerte Quellen sind.