Mittelrhein/Mannheim. Die gesamte Welterbe-Region Oberes Mittelrheintal sollte sich für die Bundesgartenschau 2031 bewerben. Das hat der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz den Kommunen und Menschen auf beiden Seiten des Rheintals zwischen Koblenz und Rüdesheim in einem Gespräch mit der Rhein-Zeitung (Koblenz) vorgeschlagen. Und diese Idee hat durchaus Chancen, meint Chefredakteur Christian Lindner, die Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft reagierte positiv auf den Vorschlag. Wir dokumentieren den Artikel.
Gastbeitrag: Christian Lindner
Ausgangspunkt: Die Landschaft zwischen Rüdesheim und Koblenz wird wegen ihrer Einzigartigkeit seit 2002 in der Liste des Weltkulturerbes der Unesco geführt. Das “Welterbe Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal” genießt seither einen besonderen Status und besondere Förderung.
Aller Welterbe-Glanz aber kann nicht darüber hinwegtäuschen: Das Tal leidet an Auszehrung. Tausende Arbeitsplätze sind verschwunden, viele Rheinorte schrumpfen dramatisch und altern. Kaub etwa hatte 1952 noch 2554 Einwohner, 2014 waren es nur noch 830.
Auch der Tourismus ist unter Druck: Viele Betriebe sind in die Jahre gekommen, und positive Faktoren wie die traumhafte Landschaft werden durch den ungehemmten Lärmterror der Güterzüge entwertet.
Vision gesucht, die neu belebt
Folgen: Die romantische Bausubstanz ist vielfach gefährdet, junge Leute sind schwer zu halten. Politiker warnen bereits vor einem Ausbluten des Tals, suchen nach einer Vision, die eine der schönsten Landschaften Deutschlands neu belebt.
Lewentz, bis 2006 zwölf Jahre Ortsbürgermeister des Rheinortes Kamp-Bornhofen, sieht diese Vision in der Bundesgartenschau 2031. Lewentz erinnert daran, dass die Bundesgartenschau 2011 in Koblenz und die Landesgartenschau 2008 in Bingen “fünf Millionen Menschen ins Tal gebracht haben”.
Koblenz wurde nachhaltig durch die BUGA vitalisiert
Und: In Koblenz wie in Bingen lösten die Gartenschauen teils jahrzehntelange Planungsstaus auf, durchschlugen gleichsam gordische Kommunal-Knoten. Besonders Koblenz wurde dadurch nachhaltig vitalisiert – auch deshalb, weil die Buga den Bürgersinn vieler Koblenzer weckte, was bis heute anhält und Früchte trägt.
Auch das Welterbetal hätte ein solches Aufblühen nach Einschätzung des Ministers nötig: “Wir haben unsere Potenziale am Mittelrhein nicht ausgereizt”, meint Lewentz. Er sieht die große Chance, das mit einem Buga-Masterplan zu ändern: Möglichst viele Orte zukunftsträchtig entwickeln, nachhaltige Verbesserungen einleiten, neue Verkehrskonzepte etablieren, neue Gäste gewinnen. Lewentz ruft alle Kommunen und Kreise, aber auch Organisationen, Verbände, Touristiker und vor allem alle Bürger von Koblenz bis Rüdesheim auf, sich mit dieser Idee zu befassen. Denn klar ist: Das Land kann bei einer Buga – siehe Koblenz – helfen.
Gewollt und konzipiert, geplant und veranstaltet werden aber müsste eine Mittelrhein-Buga von der Region selbst. Lewentz regt in diesem Sinne einen rasch startenden Prozess an, der “in die Region und in die Menschen hineinhorcht” und die “Buga 2031-Frage” eindeutig beantwortet. Mit oder ohne Koblenz? “Das muss Koblenz selbst entscheiden.”
Klar ist für Lewentz, dass die Loreley “einer der zentralen Anlaufpunkte der Buga 2031” werden müsste. Dieses in den vergangenen Tagen ob seiner “Versifftheit” heiß diskutierte Areal muss “attraktiver werden”, findet auch der Minister. Er will, dass die den Kommunen vor Ort gehörende Loreley “wieder ihren Stellenwert in der Bundesliga der deutschen Naturdenkmäler erobert”. Lewentz findet: “Für eine Fläche wie die Loreley hat das Land eine besondere Verantwortung.” Er deutet an, dass das Land Wege sucht, wie es den Unterhalt des fünf Hektar großen Loreley-Plateaus nach dessen geplanter Umgestaltung ab 2018 dauerhaft unterstützen kann.
Ziele mutig definieren und eigenständig umsetzen
Und was meint die Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft (DBG) zu der Idee, 2031 eine Buga entlang des Rheins über eine Strecke von 67 Kilometern in zwei Bundesländern zu veranstalten? DBG-Geschäftsführer Jochen Sandner meint dazu im Gespräch mit unserer Zeitung: “Eine spannende Überlegung!” Nach seinen Worten hätte das Tal gute Chancen, den Zuschlag zu erhalten. 2031 ist die nächste freie Buga – und Sandner hat Sympathien dafür, dass auch Regionen Gartenschauen veranstalten. Die derzeitige Buga ist mit der Mittelrhein-Idee gut vergleichbar: Die “Buga Havelregion” läuft entlang der Havel – auch in zwei Bundesländern, über 80 Kilometer hinweg.
Wer aber könnte bei einer ähnlich komplexen Ausgangslage am Mittelrhein Träger der Buga 2031 sein? Hanspeter Faas, von 2006 bis 2012 Geschäftsführer der Bundesgartenschau Koblenz 2011 GmbH, hält wenig von einem kommunalen Konstrukt wie einem Zweckverband. Sein Rat ist vielmehr:
Die Kommunen und Kreise, die eine Buga am Mittelrhein wollen, sollten ihre Ziele definieren und dann eine sehr eigenständige Organisation in Form einer GmbH schaffen, die über die Grenzen hinweg mit dieser Aufgabe betraut wird und sehr selbstständig arbeiten kann. Je mehr Mut man hat, dieser Organisation viel Eigenständigkeit zu geben, desto eher wird sie die gesteckten Ziele erreichen.
Dem Mittelrheintal würde eine Buga nach seiner Einschätzung sehr gut tun: “Ich habe immer reklamiert, dass das Tal seine Qualitäten vernachlässigt.” Faas sagt deshalb: “Eine Bundesgartenschau über das gesamte Welterbetal hinweg? Das ist eine supergute Idee.”