Heidelberg, 18. März 2016. (red/hmb) Nach erfolgreicher Tour durch die Niederlande und Südfrankreich ist das Tanzstück „Hieronymus B.“ nun ans Theater und Orchester Heidelberg zurückgekehrt. Noch bis zum 24. Mai wird, angelehnt an die Werke von Hieronymus Bosch, durch Hölle und Paradies getanzt.
Von Hannah-Marie Beck
Egal, wie lange der berühmte niederländische Maler Hieronymus Bosch (um 1450-1516) schon tot ist – seine Werke bleiben erhalten, erwachen 500 Jahre später im Theater Heidelberg zu neuem Leben. Schaudrig schön. Gruselig atemberaubend. Paradiesisch verlockend. Einfach höllisch gut.
Hieronymus Bosch lebte in der Frührenaissance – einer Zeit des Umbruchs und des Wandels. Die Angst der Menschen, zwischen den Trümmern des Vergangenen und der Dämmerung einer ungewissen Zukunft, spiegelt sich auch in seinen Bildern wieder.
Die Gemälde des Künstlers sind teilweise so grausam und verstörend, dass auch gemutmaßt wird, er habe beim Malen unter Drogen gestanden. Dennoch liegt eine absolute Faszination in Hieronymus Boschs Werken. Eine Faszination, die auch Choreographin Nanine Linning gepackt hat.
Wie wäre es, sich einen sprichwörtlichen Play-Button auf den Gemälden vorzustellen?,
fragte sie sich. Was herauskam, ist das interaktive Tanzstück „Hieronymus B.“. Bereits am 18. Januar 2015 fand die Premiere im Theater und Orchester Heidelberg statt.
_
Lesetipp: Carolin Beez war im Testpublikum im Theater Heidelberg
„Oh mein Gott, das sieht ja echt krass aus“
_
Nach erfolgreicher Tour durch die Niederlande und Nordfrankreich wurde das Tanzstück nun wiederaufgenommen. Die Tänzer entführen darin mit ihrem Tanz durch Hölle und Paradies mitten hinein in Hieronymus Boschs Werke. In seine Welt. Und die Reise dorthin wirkt wie die Fahrt mit einer Geisterbahn – und zwar voll Karacho.
Im Angesicht der sieben Todsünden
Das Stück besteht wie ein Tryptichon, ein von Hieronymus Bosch häufig genutztes Bildformat, aus zwei kurzen und einem langen Teil. Genauso wird auch das Publikum in zwei Gruppen aufgeteilt, die dann wieder zusammen finden.
Zuerst wird man durch einen dunklen Gang in einen kleinen Raum geführt. Dort räkeln sich die Tänzer in sieben kleinen Bühnenbildern oder streifen durch das Publikum. Sie kreischen, stöhnen und ächzen. Sie fassen die Besucher direkt an und fixieren diese mit intensiven Blicken.
Ich habe Angst,
wispert eine Besucherin. Die Stimmung im Raum ist angespannt. Immer wieder hört man unsicheres Kichern.
Unterstützt durch die Kostüme wirken die Tänzer unglaublich bedrohlich und kaum mehr menschlich – viel mehr wie die gruseligen Fabelwesen, die direkt Hieronymus Boschs Fantasie entsprungen sind. Die Tänzer bleiben so konzentriert in ihrer Rolle, dass man das Gefühl hat, den sieben Todsünden direkt gegenüberzustehen. Für mich das absolute Highlight des Abends.
-Anzeige- |
Hervorragendes Zusammenspiel
Der zweite Teil könnte kaum gegensätzlicher sein: In einer Filmpräsentation geht es um die Zeit, in der Hieronymus Boschs lebte und um den Künstler selbst.
Alles ergibt ein stimmiges Bild: Großartige Choreographien von Nanine Linning, beeindruckende Kostüme und Skulpturen des Künstlerduos Les Deux Garçons und die perfekt passende Komposition von Michiel Jansen.
Erst der dritte Teil, nach der Pause, ist dann wie ein klassisches Tanzstück aufgebaut. Darin werden unterschiedliche Bildausschnitte aus Hieronymus Boschs Gemälden wiedergegeben. Bewusst hat man sich nur an den Künstler angelehnt – nicht versucht ihn zu imitieren, sondern ein eigenes Werk geschaffen.
Alles ergibt ein stimmiges Bild: Großartige Choreographien von Nanine Linning, beeindruckende Kostüme und Skulpturen des Künstlerduos Les Deux Garcons und die perfekt passende Komposition von Michiel Jansen.
Besonders das Tanzensemble harmoniert großartig miteinander: Ihre Bewegungen werden Ausdruck von etwas Innerem – die Konzentration liegt dabei weniger auf dem tänzerischen, sondern viel mehr darauf, den Tanz und die Bewegung als Ausdrucksmittel zu verwenden. Wie in Hieronymus Boschs Werken würde etwas fehlen, wenn man auch nur eine Figur, auch nur einen Tänzer entfernt.
Empfehlung: Weitere Aufführungen finden am 26. März; 02., 03., 10., 13. und 18. April sowie am 17., 21. und 24. Mai statt. Der Eintritt kostet 7 – 38 Euro.