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Ladenburg, 18. Februar 2011. Polizeihauptkommissar Willi Stier sparte nicht mit drastischen Schilderungen, harten Fakten über „harten Drogenmissbrauch“ und krassen Bildern am Dienstag, den 15. Februar 2010, zum Thema: „Drogengefährdung bei Jugendlichen, Infoabend am CBG.“ Nur 28 Gäste waren gekommen, überwiegend Mütter, aber auch ein paar Väter. Der Vortrag Stier war eindringlich und informativ und schonungslos.
Von Hardy Prothmann

Polizeihauptkommissar Willi Stier beim Vortrag - im Fordergrund seine "Mitbringsel" in Sachen Drogen.
Willi Stier nimmt kein Blatt vor den Mund: „Cannabis ist nicht am Kommen, sondern am Explodieren“, so der Drogenexperte des Polizeipräsidiums Mannheim.
Er erzählt Geschichten aus dem Alltag der Polizei – also wahre Begebenheiten, angezeigte und aufgenommen Fälle, Realitäten, die sich nicht leugnen lassen. Alkoholmissbrauch und Vollsuff sind längst kein „Jungsproblem“ mehr. Willi Stier hat die Fakten. Über ein 12-jähriges Mädchen mit 2,16 Promille Blutalkohol und sagt: „Mädchen zwischen vierzehn- und sechzehn Jahren mit mehr als zwei Promille sind längst keine Seltenheit mehr.“
Hauptsache, es wirkt.
Es wird alles gesoffen, geschnupft, gespritzt, sonstwie dem Körper zugeführt, „Hauptsache, es wirkt.“ Da wird giftiges Sekret von Kröten abgeschleckt, Gartenblumen „veredelt“, Küchenkräuter zu Drogen umgewandelt oder auch Dünger geschluckt: „Es wird gebacken, gekocht, aufgelöst. Es gibt eine große Fantasie“, sagt Stier und belegt seine drastischen Beispiele mit Statistiken und Fotos.
Die 28 Eltern im Raum sind sehr still, sehr konzentriert.
Warum sind sie hier? Weil zuhause bei den eigenen Kindern alles in Ordnung ist und sie sich nur über die Gefahren informieren wollen? Oder gibt es hier und da schon ein Problem bei den eigenen Kindern?
Willi Stier fragt das nicht und das ist auch in Ordnung. Sein Job ist Aufklärung. Sensibilisierung. Und nicht eine Adhoc-Beratung bei tatsächlichen Problemen. Als Polizist sagt er: „Wenn ich von illegalem Drogenkonsum erfahren, bin ich von Amts wegen verpflichtet zu handeln.“
Steigender Cannabis-Konsum – Koma-Saufen alarmierend.
Der Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung von 2009 (2010 gab es keinen, der nächste soll im Mai 2011 vorgestellt werden), zeichnet sich angeblich eine leichte „Entspannung“ – tatsächlich war die Erhebungsmethoden fragwürdig und wurden bezweifelt. Stiers Aussage zu Cannabis liest sich in Zahlen so: Die Einnahme von Haschisch (+5,6 Prozent) und Marihuana (+12,7 Prozent) ist deutlich gestiegen und das „Koma“-Saufen bleibt nach wie vor ein alarmierendes Problem.
Die körperlichen, aber vor allem die psychischen Schäden können enorm sein: „Haben Sie schon mal was von Cannabis-Psychose gehört?“. Die Eltern schweigen. Dann fragt eine Mutter: „Was ist das?“ Willi Stier erklärt, dass der „Konsum“ von Cannabis zu massiven Persönlichkeitsstörungen führen kann.
Und erklärt auch, warum: „Das Cannabis von heute ist hochgezüchtet. Der Inhaltsstoff THC war vor zwanzig Jahren im Bereich von zwei bis drei Prozent, heute liegt er um das zehnfache höher.“ Das diene in erster Linie der „Gewinnmaximierung“ der Drogenhändler, die mit derselben Menge Cannabis nun mehr Gewinn machen könnten, dafür werde allerdings der „Stoff“ gestreckt. Im Einzelfall kann aber das THC um ein Vielfaches höher liegen als früher – „ein Joint“ sind dann fünf, sechs oder mehr.
„Schlumpfpisse“ und andere „Aufreißer“.
„Magic Mushrooms“, also Pilze mit psychedelischen Wirtstoffen seien sehr im Trend, aber auch andere Pflanzen, die wie auch immer wirken – auch tödlich.
Und Willi Stier informiert umfangreich über Alkohol, die Hauptdroge. Da wird „Schlumpfpisse“ getrunken – Wodka, in dem blaue Hustenbonbons aufgelöst werden: „Für Mädels ist Wodka oft zu scharf, die Bonbons machen den süß.“ Im Supermarkt gibt es „Aufreißer“ zu kaufen. Die sehen aus wie Süßigkeiten, der Inhalt ist hochprozentig.

Willi Stier präsentiert eine Bierflasche mit "Stürzer2-Aufsatz: "Das batscht mehr."
„Die kleinen Päcken lassen sich gut verstecken und werden bei Kontrollen nicht so schnell gefunden“, sagt Stier. Beispielsweise bei „Adler“-Spielen. Flaschen sind nicht erlaubt: „Die Fantasie und die Möglichkeiten, Alkohol durch die Kontrollen zu schmuggeln sind vielfältig.“
Und die Statistik einer Befragung, die Willi Stier an die Wand wirft, ist alarmierend: 52 Prozent der Jugendlichen kommen schon „mit“ zu den Spielen, 36 Prozent trinken in der Halle – aus welcher Quelle auch immer.
„Beim Führerschein werden einige nachdenklich.“
Vor Jugendlichen hält Willi Stier einen anderen Vortrag: „Die hier gezeigten Bilder und Infos würde ich so nicht weitergeben“, sagt er. Er hat einen „Schlüssel“ zu den Jugendlichen gefunden, von dem er glaubt, dass er wirkt: „Die wollen alle den Führerschein machen. Und wenn ich denen erzähle, dass man den auch „abgenommen“ kriegt, wenn man ihn noch gar nicht hat, werden einige doch nachdenklich.“
Und: „Wenn ich frage, wer selbst schon Erfahrungen mit Drogen gemacht hat, gehen 20-30 Prozent der Hände hoch. Wenn ich wissen will, wer jemanden kennt, dann sind es schon manchmal mehr als die Hälfte.“
Eine Mutter fragt: „Kann es nicht sein, dass sich da manche wichtig machen wollen?“ Willi Stier will das für einzelne Schüler nicht ausschließen – die Zahlen bestätigen allerdings seine Erfahrung.
„Da wird einer mit Cannabis erwischt. Ist ein guter Schüler. Bislang noch nicht aufgefallen. Der Staatsanwalt verfolgt das nicht weiter. Was die meisten nicht wissen: Die Führerscheinstelle wird trotzdem benachrichtigt“, sagt Stier und weiter: „Eine Medizinisch-Psychologische-Untersuchung (MPU), auch Idiotentest genannt, dauert etwa ein Jahr und kostet rund 3.000 Euro.“
Volltreffer und Verdachtsfälle.
Dann zeigt Willi Stier Bilder von „Treffern“ – Frontalzusammenstößen, ausgebrannten Autos mit verkohlten Leichen junger Erwachsener und zitiert Pressemeldungen mit krassen Zahlen zu Alter und Promillewerten. Wer jetzt noch denkt: „Mein Gott, was es für schlimme Sachen gibt“, will nicht daran denken, dass es einen auch „selbst treffen“ kann.
Am Ende des Vortrags wollen die Eltern wissen, was die Schule tut. Es gebe Drogen- und Suchtaufklärung ab der fünften Klasse, sagt die CBG-Lehrerin Susanne Koch, die mit „Suchtvorbeugung“ beauftragt ist. Auch Rektor Günter Keller versichert, dass man der Aufklärung nachkomme. Aber die Hauptverantwortung liege bei den Eltern.
Bei Verdachtsfällen vermittle man an Drogenberatungsstellen. Willi Stier empfiehlt Dr. Diehl beim Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim – muss hier aber seinen Vortrag aktualisieren, denn nach unseren Informationen arbeitet Dr. Diehl seit über einem Jahr dort nicht mehr.
1.150 Schüler hat das CBG. Auf die Frage, wie viele Vermittlungen es im Jahr 2010 gegeben hat, antwortet Frau Koch: „Zwei.“
Lesen Sie zum Thema unseren Kommentar.
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