Mannheim, 17. Juni 2016. (red/ms) Dirk Grunert, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Mannheimer Gemeinderat, wurde vergangenes Wochenende zu einem Vorsitzenden der Grünen und Alternativen in den Räten von Baden Württemberg (folgend: GAR) gewählt. Dort teilt er sich die Doppelspitze mit der Landtagsabgeordneten Bettina Lisbach. Wir haben Herrn Grunert befragt, welche neuen Aufgaben auf ihn und die kommunalen Grünen zukommen.
Interview: Minh Schredle
Herr Grunert, herzlichen Glückwunsch zur Wahl. Welche neuen Aufgaben kommen jetzt auf Sie zu?
Dirk Grunert: Über die vergangenen Jahre konnten sich die Grünen in Baden-Württemberg über starke Stimmzuwächse freuen. Nicht nur auf Landesebene, sondern auch bei Kommunalwahlen. Inzwischen gibt es in Baden-Württemberg gut 1.600 kommunale Mandatsträger. Also Stadträtinnen und Stadträte, Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, Kreisrätinnen und Kreisräte, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister. Im GAR wollen wir uns aufeinander abstimmen und unsere Interessen auf Landes- und Bundesebene repräsentieren.
Wie hat man sich das konkret vorzustellen?
Grunert: Man kann unsere Ziele in zwei Kategorien teilen: Einerseits beraten wir uns über kommunalpolitische Strategien. Dazu gibt interne Schulungen, wir arbeiten zusammen an Konzepten und überlegen uns ein gemeinsames Vorgehen. Der zweite Punkt ist, wie schon erwähnt, die Frage, wie wir unsere kommunalpolitischen Forderungen und Ziele gegenüber Land und Bund vertreten können.
„Keine Konflikte wegen Begriffen“
Wie sieht denn der Austausch mit Bund und Land aus? Sprechen Sie da mit allen Parteien?
Grunert: Natürlich beobachten wir, was andere Parteien tun und fordern und reden mit Kollegen. Aber der intensivste Austausch findet mit unseren Landesvorständen und der Landtagsfraktion.
„GAR“ steht nicht nur für das Bündnis90/Die Grünen, sondern für „Grüne und Alternative in den Räten“. Wie groß ist da der Konsens?
Grunert: Bei jüngeren Kommunalwahlen gibt es den Trend, dass grüne Listen zunehmend unter dem Namen der Partei, also auch als Bündnis90 antreten. Wir wollen diese Entscheidung aber den Kommunalpolitikern vor Ort offenlassen, es gibt also weiterhin „grün-alternative Listen“ oder „offene grüne Listen“. Nicht jeder Mandatsträger muss ein Parteimitglied sein. Ob sich jemand jetzt aber „grün“ oder „alternativ“ nennt, spielt für die Arbeit im GAR überhaupt keine Rolle. Hier gibt es keine Konflikte oder Abstufungen wegen Begriffen.
„Radverkehr fördern und ausbauen“
Nun sind die Probleme vor Ort von Kommune zu Kommune unterschiedlich, auch die finanziellen Voraussetzungen und Handlungsmöglichkeiten sind oft sehr verschieden. Inwieweit lässt sich da eine gemeinsame Linie ausmachen?
Grunert: Sie haben recht, dass es einige Einzelfälle gibt, die nur sinnvoll nach den Gegebenheiten vor Ort entschieden werden können. Trotzdem können wir uns austauschen und Richtlinien erarbeiten, die in jeder Kommune wichtig sind. Ein ganz zentrales Thema für uns Grüne ist natürlich die Frage, wie wir die Gemeinden und Städte klimafreundlicher gestalten können und Emissionen verringern. Ein entscheidender Punkt dafür ist auch die Mobilität. Wir wollen den Nahverkehr und vor allem den Radverkehr fördern und ausbauen. Ein anderes Thema, das uns alles beschäftigt, sind immer die Finanzen: Viele Kommunen haben hier strukturelle Probleme und deswegen müssen wir Strategien entwickeln, wo wir sparen können.
Viele Gemeinden und Städte stehen am Rand ihrer finanziellen Handlungsfähigkeit. Können sie mit mehr Unterstützung und Zuschüssen durch die Landespolitik rechnen?
Grunert: 2020 wird die Schuldenbremse auf Landesebene in Kraft treten. Bis dahin gilt es, ein noch vorhandenes strukturelles Defizit auszugleichen, das über Jahrzehnte hinweg entstanden ist. Dem Land steht also eine harte Finanzpolitik bevor. Insofern glaube ich nicht, dass mit mehr Unterstützung zu rechnen ist, sondern das es eher darum gehen wird, wie man den aktuellen Status Quo aufrecht erhalten kann. Ich würde mich freuen, wenn ich damit falsch liege – aber das ist meine ehrliche Einschätzung.
Zur Person:
Dirk Grunert ist seit 2009 für die Grünen im Mannheimer Gemeinderat, seit 2014 als Fraktionsvorsitzender. Der Diplomkaufmann und Lehrer arbeitet in einem Berufsbildungswerk im Rhein-Neckar-Kreis.
Politisch arbeitet er schwerpunktmäßig in den Bereichen Bildung, Finanzen, und Rechte für Lesben und Schwule. Seit 2011 ist er Mitglied des sechs-köpfigen GAR-Vorstands, seit vergangenem Wochenende teilt er sich dort den Vorsitz mit der Landtagsabgeordneten Bettina Lisbach.