Böhl-Iggelheim/Hockenheim/Rhein-Neckar, 16. Juli 2019. (red/pro) Am Montagabend (15.07.2019, gegen 20.30 Uhr) wurde der im rheinland-pfälzischen Böhl-Iggelheim wohnende Oberbürgermeister von Hockenheim, Dieter Gummer (67, SPD), durch einen Unbekannten schwer verletzt. Der unbekannte Mann suchte den Oberbürgermeister an dessen Wohnhaus auf, um mit ihm zu sprechen. Im Hof soll der Mann Herrn Gummer unvermittelt mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Dieser stürzte auf den Kopf und zog sich schwere Verletzungen zu.
Bislang ist über den Fall nicht viel mehr bekannt als die Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Rheinpfalz. Danach klingelte der Unbekannte an dem Wohnanwesen des Oberbürgermeisters von Hockenheim, Dieter Gummer, und bat darum, diesen sprechen zu können. Herr Gummer ging daraufhin nach unten in den Hof des Anwesens. Der Unbekannte trat durch das offen stehende Tor ebenfalls in den Hof. Als er dort auf den Oberbürgermeister traf, schlug ihm der Unbekannte unvermittelt mit der Faust ins Gesicht. Durch den Schlag stürzte Herr Gummer zu Boden und schlug mit dem Kopf auf dem Boden auf. Der Tatverdächtige verließ nach dem Schlag zu Fuß den Tatort.
Trotz sofortiger eingeleiteter Fahndungsmaßnahmen der Polizeiinspektion Schifferstadt konnte der Täter nicht mehr festgestellt werden. Von diesem liegt folgende Beschreibung vor:
Männlich, ca. 40 Jahre alt, etwa 1,65 m groß, dunkelhäutig und schlank. Der Mann hat kurze schwarze Haare und sprach deutsch mit leichtem Akzent. Bekleidet war er mit einer schwarzen Hose und einer roten Jacke.
Herr Gummer wurde durch den Schlag und den Sturz auf den Boden schwer verletzt und muss derzeit stationär in einem Krankenhaus behandelt werden. Nach RNB-Informationen soll er einen Kieferbruch und möglicherweise auch massive Kopfverletzungen davongetragen haben. Zum Gesundheitszustand des OB gibt es derzeit keine weiteren Auskünfte. Nach RNB-Informationen soll er nach der Tat noch ansprechbar gewesen sein.
Schock und Entsetzen
Hockenheims Bürgermeister Thomas Jakob-Lichtenberg verurteilte die Tat aufs Schärfste:
Mit Schock und Entsetzen haben wir vom Angriff auf Oberbürgermeister Dieter Gummer erfahren. Wir wünschen ihm für die Genesung alles Gute und hoffen, dass es ihm gesundheitlich bald besser geht. In dieser schwierigen Zeit sind unsere Gedanken auch bei seiner Familie.
Christian Stalf, Sprecher der Stadt Hockenheim, beschränkt sich aktuell auf die Pressemitteilung der Polizei und eine der Stadt, aus der wir den Bürgermeister Jakob-Lichtenbeg zitiert haben. Auf Anfrage erklärte er, dass ihm nicht bekannt sei, dass es Drohungen gegenüber dem scheidenden OB gab, der nach zwei Wahlperioden nicht mehr angetreten war. Am Sonntag entscheidet eine Neuwahl, welcher der beiden Kandidaten, Marcus Zeitler oder Marco Germann, neuer Oberbürgermeister der großen Kreisstadt Hockenheim wird. Herr Zeitler (CDU) verfehlte bei der ersten Wahl die absolute Mehrheit mit 47,5 Prozent nur knapp, Herr Germann (wird von der SPD unterstützt) kam auf 23,1 Prozent.
Herr Germann, selbst Polizeibeamter postete auf Facebook:
Die besten Genesungswünsche und alles Gute an Herrn Oberbürgermeister Gummer. Ich hoffe sehr, dass meine Kollegen den Täter schnell finden. Das ist wirklich schrecklich.
Herr Zeitler äußerte sich ebenfalls auf Facebook:
Gesundheit von Dieter Gummer ist jetzt das Wichtigste Unfassbar ist für mich die schwere Attacke auf Dieter Gummer. Dieser ist vor seinem Wohnhaus wohl mit einem Faustschlag so schwer verletzt worden, dass er stationär zur Behandlung aufgenommen werden musste. Meine Gedanken gelten Dieter Gummer und seiner Familie. Ich wünsche Ihm gute und schnelle Besserung sowie allen in der Familie viel Kraft. Mein Entsetzten über die Tat aber bleibt. Was ist das für ein Signal für unsere Demokratie, für den Diskurs in unserer Gesellschaft? Kommunalpolitiker – egal ob hauptamtlich oder ehrenamtlich – dürfen nicht zur Zielscheibe von Gewalt werden, wir brauchen den Diskurs mit Worten um die richtigen Inhalte und Sachthemen, aber Fäuste haben dort nichts verloren. Ich hoffe daher, dass der Täter schnell identifiziert, gefasst und vor Gericht gestellt wird. Nach dieser ungeheuerlichen Tat, die ich scharf verurteile, müssen wir zeigen, dass der Rechtsstaat funktioniert!
Motiv unbekannt
Was das Motiv des flüchtigen Täters war ist derzeit völlig unbekannt. Gegen eine rechtsextremistisch politisch motivierte Tat (PMK) spricht die Täterbeschreibung, die offenbar einen Ausländer beschreibt. Auch ist völlig unklar, woher der Mann kam, ob aus Böhl-Iggelheim, Hockenheim oder einem anderen Ort. Es könnte einen Zusammenhang zur Flüchtlingspolitik geben – bestätigen will das aber aktuell noch niemand. Auch private Motive werden von den Ermittlern nicht ausgeschlossen.
Die Kriminalpolizei des Polizeipräsidiums Rheinpfalz in Ludwigshafen ermittelt – aber auch deren Kollegen vom Polizeipräsidium Mannheim, zu dessen Bereich die große Kreisstadt Hockenheim gehört. Sprecher Norbert Schätzle bestätigte auf Anfrage, dass der Staatsschutz bereits aktiv prüfe, ob und weshalb wie auch immer geartete politische Motive in Frage kommen: “Wir prüfen von uns aus und stehen den Kollegen in Rheinland-Pfalz beratend mit Informationen zur Verfügung.” Auch die Staatsanwaltschaft Mannheim sei bereits aktiv geworden.
Am 02. Juni war der Kasseler Regierungspräsident an seinem Wohnort in Wolfhagen durch mutmaßlich durch einen Rechtsradikalen mit einem Kopfschuss ermordet worden, was bundesweit Entsetzen ausgelöst hatte. Dieser Fall ist noch längst nicht insgesamt aufgeklärt – der Tatverdächtige sitzt in Haft.
Nach Einschätzung des RNB wird der Angriff mindestens als versuchter Totschlag, wenn nicht versuchter Mord gewertet werden. Wer eine Person unmittelt arglistig angreift und dabei deren Tod in Kauf nimmt oder möglicherweise beabsichtigt, handelt mit einem Mordmotiv.
Herr Gummer wird im August 68 Jahre alt und ist bis Ende August im Amt und geht dann in Rente. Aktuell übernimmt Bürgermeister Jakob-Lichtenberg als Vertreter die Amtsgeschäfte, so auch die Wahlleitung zur Oberbürgermeisterwahl am kommenden Sonntag.
Die Ermittlungen der Kriminalpolizei Ludwigshafen zu Täter und Motiv dauern an.
Zeugenhinweise erbittet die Kriminalpolizei in Ludwigshafen unter Telefon 0621 / 963-2773 oder per Email kiludwigshafen@polizei.rlp.de