Mannheim/Berlin, 16. August 2012. (red/pro) Die Berliner Politikerin Felicitas Kubala (56) wird sich auf Vorschlag der Grünen um den wieder eingeführten Posten als Bürgermeisterin des Dezernats 5 in Mannheim bewerben. Die Volks- und Betriebswirtin Kubala ist eine „Urgrüne“ und seit 1984 in der grünen Politik engagiert.
Von Hardy Prothmann
Den Namen wollten viele gerne wissen – nun ist er raus. In Berlin hat jemand nicht dichtgehalten: Filicitas Kubala soll neue Dezernentin in Mannheim für Umwelt und Bürgerdienste werden. Dem Amt sind die Aufgabenbereiche „Bürgerdienste, Migration und Einbürgerung“, „Umwelt“, „Grünflächen“,
„Stadtreinigung“ sowie „Ver- und Entsorgung“ zugeordnet. Die Wiedereinführung des 5. Dezernats wurde im Juli 2012 beschlossen. Gewählt wird am 09. Oktober 2012 – übrigens auch der Bürgermeister für das Dezernat 4. Hier kandidiert erneut Lothar Quast (SPD).
Konsequente Karriere
Frau Kubala ist seit 2001 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, was in etwa unserem Landtag entspricht. Dort hatte sie verschiedene Funktionen inne, unter anderem als Fraktionsvorstandsmitglied, Ausschussvorsitzende, Sprecherin für Umwelt-, Energie,- Europa- und Sportpolitik.
Von 1994 bis 2000 war sie Umweltamtsleiterin im Bezirksamt Steglitz, hatte eine Lehrtätigkeit an der FU Berlin und förderte die Qualifizierung arbeitsloser Akademiker/innnen.
Neben ihren Studien zur Diplom-Betriebswirtin (1982/87) und Diplom-Volkswirtin (1990/93) arbeitete Frau Kubala bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz (1984/93) und war dort die erste freigestellte Frauenvertreterin der Berliner Verwaltung.
Die grüne Politikerin hat auf dem zweiten Bildungsweg Karriere gemacht. Ursprünglich hatte sie Erzieherin gelernt und sechs Jahre in dem Beruf gearbeitet, bis sie im Alter von 22 Jahren Mutter wurde und zwei Jahre zur Erziehung der Tochter freigestellt worden ist.
Systemwechsel?
Der Wechsel von Berlin nach Mannheim wird -soweit unsere Informationen- nach gewonner Wahl selbstverständlich sein und von den Grünen auch erwartet (anders als der Bürgermeister für Wirtschaft, Michael Grötsch (CDU), der wegen seines Pendelns nach Dresden auch parteiintern schon heftig kritisiert worden ist). Und heimisch kann sich die gebürtige Berlinerin Kubala in Mannheim sicher schnell fühlen – ist Mannheim doch der größte, schönste und spannendste Kiez außerhalb Berlins.
Statt „Alex“ haben wir einen Fernsehturm im Luisenpark – einer der schönsten Parkanlagen Europas, kleiner, aber viel feiner als der Tiergarten. Mannheim ist wie Berlin eine Ausländerstadt mit einem großen türkischen Bevölkerungsanteil. In Sachen Umwelt (Konversionsflächen, Abgase, Feinstaub, usw.) gibt es viel zu tun. Kulturell hat Mannheim sehr viel zu bieten – nur sind die Wege nicht so weit wie in Berlin. Und anders als im Armenhaus Berlin hat sie es hier mit dem deutschlandweit siebtgrößten und wirtschaftlich bedeutenden Ballungsraum Metropolregion zu tun.
Unterschiedliche Gemeinsamkeiten
Andererseits gibt es auch große Unterschiede – Mannheim ist definitiv teurer als Berlin. Und nach 22 Uhr gibt es keinen Alkohol mehr im Straßenverkauf und morgens um vier Uhr eine Döner- oder Curry-Wurstbude zu finden, ist eher schwer. Das wird Frau Kubala vermutlich nicht so sehr vermissen. Dafür hat Mannheim zwei große Flüsse und Frau Kubala wird lernen müssen, statt mit der Berliner Schnauze mit der Mannemer Gosch zurecht zu kommen.
Ein weiterer großer Unterschied ist die mediale Situation – während Berlin den umkämpftesten Medienmarkt Deutschlands hat, mit über einem halben Dutzend konkurrierender Tageszeitungen (von durchaus hoher Qualität), ebenso vielen Radiosender, mehreren Fernsehsendern und mittlerweile auch vielen Lokalblogs (beispielsweise unserem istlokal.de-Partner Prenzlauerberg-Nachrichten), gibt es in Mannheim neben unserem Angebot nur eine Monopol-Zeitung (die allerdings kontinuierlich Abos und Auflage verliert), ein paar Anzeigenblätter, einen provinziellen Fernsehsender sowie journalistisch bedeutungslose private Dudelwellen. Die öffentlich-rechtliche Welle SWR4 soll zudem eingedampft werden.
Politisch ist die zweitgrößte Stadt Baden-Württembergs eine Herausforderung. Der Wechsel der Landesregierung wirkt, eine Polizeireform wird zur Zeit umgesetzt und die freiwerdenden Konversionsflächen sind eine absolute Herausforderung. Gerade für eine Umwelt-Dezernentin.
Geschickte Wahl
Die Wahl der Kandidatin ist geschickt: Sie ist eine erfahrene Politikerin, jung und alt genug, ein grünes Urgestein mit Wirtschaftskompetenz, Verwaltungs- und Parlamentserfahrung. Und durch die langjährige Erfahrung in der Berliner Politik sicherlich hart genug, um sich in Mannheim im Amt zu positionieren. Zudem erweitert sie das Bürgermeistergremium als weibliche Kraft – was ausdrücklich in der Stellenausschreibung gewünscht wird.
Für die Mannheimer Grünen stellt sie eine Verstärkung dar, da keine kommunalpolitische Kraft vor Ort ins Amt verloren geht, sondern ein zusätzlicher, frischer Wind von außen kommt.
Der Posten ist öffentlich ausgeschrieben und Frau Kubala ist noch nicht gewählt. Man darf gespannt sein, wer sich noch bewirbt und wie die anderen Fraktionen auf die Personalie reagieren.
Und auch, wie die lokale Journaille das Thema aufgreift. Man darf sich überraschen lassen, ob der Mannheimer Morgen tatsächlich eine Argumentationskette aufmacht, die Mannheimer Grünen hätten kein geeignetes Personal. Damit würde die Zeitung wieder einmal ihre provinzielle Bräsigkeit unterstreichen und klar machen, dass sie den Begriff „Kulturhauptstadt“ auch nicht im Ansatz versteht. „Kultur“ ist nicht, wie im Mittelalter zu schauen, „ob eener aus de gleische Gass kummt“, sondern die Öffnung für neue Kulturen und die Herausforderungen von Morgen anzunehmen.
So gesehen ist Frau Kubala rein formal eine hervorragende Personalie mit Profil. Das muss sie vor Ort glaubhaft machen, wenn sie sich als Kandidatin vorstellt. Und sollte sie gewählt werden, wird man sie daran messen, was sie leistet. Das gilt für jeden Bürgermeister. Egal, ob Mann oder Frau oder welcher Partei man angehört. Bürgermeister/innen sind der Bevölkerung gegenüber in einer herausragenden Pflicht und Nähe zum Bürger ist bei diesem Job eine conditio sine qua non.
Anm. d. Red.: Die Daten zur Vita sind neben eigenen Recherchen auch der Internetseite von Frau Kubala entnommen. Der Autor ist Mitinhaber der Firma istlokal.de, die neben dem Produkt Istlokal OS (technische Basis für unsere Blogs) auch das Netzwerk istlokal.de mit mehreren Dutzend verbundener Internet-Lokalzeitungen betreibt.