Mannheim/Rhein-Neckar, 15. Oktober 2014. (red) Rund 30 Personen nahmen an der 2. Öffentlichen Redaktionskonferenz teil, die diesmal im Foyer des Rhein-Neckar-Theaters stattfand. Möglichst ein Mal pro Monat veranstalten wir eine öffentliche Konferenz, um uns, unsere Arbeit und Quellen transparent vorzustellen. Zu Gast waren diesmal: Renate Fernando (Stadtpark gGmbH), Thomas Mohr (Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Mannheim) sowie Markus Beisel (Intendant Rhein-Neckar-Theater).

Volontär Minh Schredle leitete die Recherche zur „Leserbriefkampagne“.
Nach einer kurzen Einführung durch Chefredakteur Hardy Prothmann stellte der Volontär Minh Schredle unser aktuelles Rechercheprojekt vor: „Der gesteuerte Betrug am Leser – wie der MM eine Meinungskampagne über Leserbriefe gesteuert hat.“
Mehr als 50 Stunden Arbeit benötigten wir für die Auswertung aller Zeitungsausgaben von Januar 2014 bis Anfang September. Herr Schredle hat am 1. Dezember seine Ausbildung bei uns begonnen und als Rechercheleiter sein erstes große Projekt erfolgreich umgesetzt. Er präsentierte die Ergebnisse, die Sie hier nachlesen können.
Blattkritik: Lesbarkeit verbessern

Renate Fernando hat zum ersten Mal eine „Blattkritik“ gemacht und wertvolle Hinweise zu Themen und auch optischer Umsetzung geliefert.
Renate Fernando (Marketinleiterin Stadtpark gGmbH) machte „Blattkritik“ und informierte uns, was wir gut und nicht so gut machen. Sehr erfreut sind wir über das positive Feedback zu unseren Inhalten – insbesondere lobte sie die vielfältigen Berichte zu Bildung und Kultur – hier gefällt ihr insbesondere die teils unkonventionelle Art der Umsetzung.
Kritisch betrachtete sie teils die Länge unserer Artikel und die Aufmachung – insbesondere die Hervorhebung von Zitaten sei zu dominant. Das nehmen wir ernst und werden eine Lösung finden, um die Lesbarkeit zu verbessern. Frau Fernando ist Leserin der ersten Stunde – insofern kennt sie das Angebot gut: „Ich würde mir mehr Berichte auch aus Heidelberg wünschen und insbesondere das Thema Konversion regionaler betrachten.“ Der Arbeitsauftrag gilt. Kritisch merkte sie an: „Manchmal verbeißt ihr euch in Themen und rollt die bis zur Schmerzgrenze aus.“
„Auch nur ein Mensch“ – Thomas Mohr über den Alltag von Polizisten

Hardy Prothmann mit Thomas Mohr – zwei, die sich aus der täglichen Arbeit kennen und schätzen.
Thomas Mohr (Polizeibeamter und Vorsitzender Gewerkschaft der Polizei Mannheim) schilderte den Aufgabenbereich der Gewerkschaft. So erhalten beispielsweise Mitglieder einen Rechtsschutz, wenn sie verklagt werden oder sich gegen üble Nachrede wehren müssen – was sehr häufig vorkommt: „Jeder hat heute ein Foto-Handy, unsere Einsätze werden oft „dokumentiert“. Da habe ich nichts dagegen, außer, wenn es gegen Persönlichkeitsrechte geht, die natürlich auch Beamte haben.“
Herr Mohr reflektierte insbesondere sehr kritisch die Berichterstattung in manchen Medien zum Tötungsdelikt vor der H4-Wache und bezog auch die Polizeireform ein: „Die Reform kam aus der Polizei und ist überwiegend positiv zu werten. Ob man nun Mannheim und Heidelberg zusammenlegen musste, da kann man geteilter Meinung sein. Beim Fall H4 hat sich der Kollege mutig gezeigt und verdient unseren Respekt – er trägt überhaupt keine Schuld. Hier sollte ein Skandal herbei geschrieben werden, der keiner war.“ Kritisch positionierte er sich zur „Vertretung“ der „einfachen Beamten“ an der Basis: „Die werden von der Führung und der Politik oft alleine gelassen.“
Besten Dank für das Lob: „Was mir am Rheinneckarblog gut gefällt – ihr recherchiert immer und geht den Sachen auf den Grund, statt schnell gestrickte Geschichten zu veröffentlichen. Und ihr seid immer kritisch – das ist gut so.“
Das ist Theater: Alles, was gezeigt wird, ist einmalig.

Multitalent Markus Beisel liebt Theater voller Leidenschaft.
Der Hausherr und Gastgeber Markus Beisel ist Schauspieler, Regisseur, Stückeschreiber, Sänger, Schneider, Maskenbilder, Organisator, Choreograph und mehr. Kurzum im Eigenporträt: “Der Depp für alles.”
“Eigentlich wollte ich gar nicht Werbepartner vom Rheinneckarblog werden. Mir ist ein fundierter Verriss tausend Mal lieber als eine langweilige Lobhudelei und Angst, die Werbeeinnahmen zu verlieren, ist schlecht. Aber da seid ihr schmerzfrei.”
Herr Prothmann wollte wissen, was den an Theater in einer digitalisierten Medienwelt reizvoll sei: „Filme können tolle Sachen machen, die beim Theater nicht gehen – aber Theater hat Reize, die der Film nicht kann. Als ich das erste Mal in Cats war, war ich hin und weg: Ich konnte das Haarspray der Darsteller riechen, ihre Körperwärme fühlen, ihnen ihre Anstrengung vom Gesicht ablesen.“
Dies seien Eindrücke, die das Erlebnis unglaublich intensiv machen würden. Außerdem gebe es noch etwas anderes, das für ihn live-Unterhaltung ausmacht: “Auf der Bühne hat man keine zweite Chance. Alles, was gezeigt wird, ist einmalig. Entweder man darf es miterleben oder man verpasst es für immer.”
Es gebe eine stetige Wechselwirkung zwischen Publikum und Schauspielern: So könne Zurückhaltung im Publikum für Unsicherheit sorgen, während frenetischer Applaus die Darsteller zu Höchstleistungen motivierten kann. Und das „besondere Gehabe“ anderer Häuser findet man hier nicht: “Wenn ihr im Jogginganzug kommen wollt, kommt im Jogginganzug. Hauptsache, ihr fühlt euch wohl hier. Aber Achtung: Bei uns geht es schon mal ein bisschen derber zu, viele Sprüche sind unter der Gürtellinie und der Sprachgebrauch kann auch manchmal ziemlich unsittlich werden.” Dafür gibt es viel Applaus.
Auf die Frage, wie wichtig „Gesellschaftskritik“ für die Kunst sei, meinte er: „Kunst kann vollständig ohne auskommen, ich achte bei meinen Stücken immer darauf einen doppelten Boden einzubauen.“
Harte Arbeit
Die Zwischenmoderationen übernahm Carolin Beez, die bei uns ein Freiwilliges soziales Jahr Kultur absolviert. Sie stellte ihre Aufgaben und bisherigen Erfahrungen kurz vor: “Journalismus ist nicht einfach nur ein bisschen nette Texte schreiben, sondern harte, aufwändige und umfangreiche Arbeit, wenn man es gut machen will.”
Zu Gast war neben Leser/innen und Theatergäste auch der grüne Landtagsabgeordnete Wolfgang Raufelder, der sich begeistert vom Format zeigte und meinte: „Da habt ihr noch mehr Potenzial, macht doch auch politische Talks.“ (Die sind schon in Arbeit. 😉 )
Die Teilnehmer durften übrigens „Die Dornrösschen-Diät“ als Hausgäste miterleben – ein perfekt-rasanter Abschluss des Abends.

Ebenfalls aus Interesse zu Gast – der grüne Landtagsabgeordnete und Stadtrat Wolfgang Raufelder (Mitte).

Gäste und Redaktionsmitglieder.

Minh Schredle bei der Vorstellung der Ergebnisse seines ersten großen Rechercheprojekts.