Rhein-Neckar, 12. Mai 2015. (red/me/ms) Die Metropolregion Rhein-Neckar feiert in den kommenden Wochen ihr zehnjähriges Bestehen. Aber was gibt es eigentlich zu feiern? Identifizieren sich Mannheimer, Heidelberger, Ludwigshafener und Wormser auch mit der Metropolregion – oder nur mit ihren Städten? Im vergangenen Jahrzehnt wurde Vieles erreicht. Vom eigentlichen Ziel ist „die Metropolregion“ aber noch weit entfernt: Ein Wir-Gefühl gibt es nicht. Nach wie vor buhlen die Kommunen im Wettstreit um individuelle Aufmerksamkeit. Mit dem künstlichen Konstrukt „Metropolregion“ kann sich bislang kaum jemand identifizieren.
Von Mathias Meder
Auf der Autobahn wird es am deutlichsten: Ab sofort befindet man sich in der Metropolregion. Zehn Jahre nach der Verleihung des Titels „Europäische Metropolregion“ zeigt unter dem braunen Autobahnschild mit dem Stadtpanorama ein Hinweis die Existenz dieses Gebietes an. Ansonsten hätte man es sonst wohl nicht so richtig wahrgenommen.
Dieses Beispiel aus Nürnberg ist sinnbildlich für die künstlichen Konstrukte „Metropolregion“, die in Deutschland geschaffen worden sind: Sie sollen als Motoren für gesellschaftliche, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung dienen und durch stadtübergreifende Zusammenarbeit ein Wir-Gefühl erzeugen. Tatsächlich ist das mit der Kooperation zwar ein Wunsch – aber noch weit entfernt von der Realität.
Insgesamt gibt es deutschlandweit elf Metropolregionen. Die Metropolregion Rhein-Neckar, die unter anderem die Städte Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg, Worms und Neustadt umfasst, ist mit knapp 2,4 Millionen Einwohnern die kleinste von ihnen. Gemeinsam mit drei anderen Metropolregionen feiert sie in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen – die anderen gibt es seit 1995, beziehungsweise 1997.
Schon bevor die Rhein-Neckar-Region formal als Ballungsraum zur „Metropolregion“ definiert worden ist, gab es eine städteübergreifende Zusammenarbeit, damals noch nicht übergeordnet zusammengefasst als Raumordnungsverband, Planungsgemeinschaft und Regionalverband. Diese Aufgaben werden inzwischen vom „Verband Region Rhein-Neckar“ (VRRN) übernommen, der laut Staatsvertrag zur „grenzüberschreitenden Wahrnehmung von Aufgaben der Raumordnung, Regionalplanung und Regionalentwicklung“ errichtet worden ist. Irgendwie sind diese Aufgaben schon bekannt.
Wirtschaft als Taktgeber
Metrolpolregionen in Deutschland sind unterschiedlich organisiert. Neben dem von der Politik geschaffenen Verband Region Rhein-Neckar gibt es noch weitere Organe unserer Metropolregion: Der Verein Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar e.V. und die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH.
In beiden Organisationen ist die Wirtschaft der Region vertreten, die sozusagen das finanzielle Rückgrat der Zusammenarbeit bildet. Die politischen Akteure im Verband Region Rhein-Neckar hingegen haben sich entsprechend der Vorgaben des Staatsvertrages um Regionalplanung, also die Planung und Entwicklung von gemeinsamer Infrastruktur, Landschaftsfreiräumen und Bebauungsplänen, zu kümmern.
Zehn Jahre nach Unterschrift des Staatsvertrages, zeigt sich, wo in der regionalen Zusammenarbeit tatsächlich die Musik spielt: Nicht die Politik im Verband, sondern die Wirtschaft im Verein gestaltet.
Das politische Gremium der Verbandsversammlung wurde zwar durch entsandte Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen weitaus demokratischer zusammengesetzt als in anderen Metropolregionen – dort wird die Politik allein durch die Landräte und Bürgermeister bestimmt. Ein direkt gewähltes politisches Organ jedoch ist trotz regelmäßig wiederholter Forderungen derzeit nicht in Aussicht.
Wahlversprechen einhalten?
Dafür müsste erst ein neuer Staatsvertrag abgeschlossen werden. Doch obwohl es im grün-roten Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg eine klare Aussage zu diesem Thema gibt, ist ein entsprechendes Handeln derzeit nicht erkennbar. Im Koalitionsvertrag heißt es:
Im Staatsvertrag über die Metropolregion Rhein-Neckar werden wir die Urwahl der Regionalversammlung zeitnah verankern.
Was in den kommenden Jahren zu tun ist, ist daher klar. In der Jubiläumsbroschüre zum zehnjährigen Bestehen der Metropolregion geben die Vorsitzende des Verbands Region Rhein-Neckar, Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse und Albrecht Hornbach, bis kürzlich noch Vorstandsvorsitzender des Vereins Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar, die Richtung vor:
2025 will Rhein-Neckar zur Spitzengruppe der Top-Standorte in Europa gehören. 2015 markiert auf diesem Weg die Halbzeit.
Der Anfang dazu ist gemacht. In den vergangenen zehn Jahren wurde ein einheitlicher Regionalplan auf den Weg gebracht und die Wirtschaftsförderung durch europäische Gelder in mehreren Clusterinitiativen verbessert. Auch die gemeinsame Haltung um den Erhalt des ICE-Knotens Mannheim und den Ausbau der ICE-Strecke in der Region kann als Erfolg gewertet werden. Die regionale Zusammenarbeit verbesserte auch entscheidend die Situation auf dem Arbeitsmarkt und löste so manches Problem der Unternehmen.
Identifikation als Metropolianer?
Auch bei kuturellen Aktivitäten ist die Zusammenarbeit spürbar geworden. Doch ein Wir-Gefühl der Menschen als „Metropolitaner“ hat sich noch nicht herausgebildet. Wie verbunden fühlen sich beispielsweise Mannheimer und Wormser?
Alleine die Schilder auf den Autobahnen machen es deutlich: Das Heidelberger Schloss. Das Mannheimer Schoss. Der Speyrer Dom. Der Schwetzinger Schlossgarten – und noch etliche andere Wahrzeichen, die eine einzelne, individuelle Kommune zu „etwas ganz Besonderem“ macht, werden überdeutlich hervorgehoben. Sie alle sind Symbole dafür, wie die verschiedenen Städte und Gemeinden der Metropolregion immer noch um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit buhlen, als „den Konkurrenten“ zu Teil wird.
Natürlich sollen und dürfen die Städte in der Metropolregion nicht ihr individuelles Profil verlieren – wer will das schon? Aber um die Marke Metropolregion zu stärken und die die Rhein-Neckar-Region europaweit als Spitzenstandort zu etablieren, braucht es sicher keine kleinlichen Konkurrenzkämpfe.