Mannheim, 11. Oktober 2016. (red/pol) 73 sichergestellte und entstempelte Autos sind das Ergebnis der gravierendsten Verstöße, die Verkehrspolizei und Stadt Mannheim bei ihrer gemeinsamen Aktion gegen sogenannte „Poser“ in der Mannheimer Innenstadt festgestellt haben. Auch zahlreiche weitere Verstöße wurden festgestellt. Insgesamt 546 Fahrzeuge wurden an 49 Kontrolltagen zwischen Mitte August und Ende September in einer Schwerpunktaktion kontrolliert.
Information des Polizeipräsidiums Mannheim:
„Verkehrsberuhigung und Lärmreduzierung in der Innenstadt – zur Erreichung dieses Zieles hat die Stadt und die Verkehrspolizei Mannheim Ende Juli 2016 eine gemeinsame Strategie entwickelt, um konzertiert unter Einbindung der Anwohner gegen das Poser-Unwesen vorzugehen.
„Wir unternehmen viel, um die Aufenthalts- und Wohnqualität in Mannheim zu verbessern. Mit unserem konzentrierten Vorgehen gegen die Poser-Szene ist uns hier ein weiterer wichtiger Schritt gelungen“, resümiert Erster Bürgermeister und Sicherheitsdezernent Christian Specht. „Schon nach kurzer Zeit haben uns zahlreiche betroffene Bürgerinnen und Bürger kontaktiert, sich bedankt und eine spürbare Verbesserung der Situation geschildert. Dieser lobende Dank gilt insbesondere auch unserer Mannheimer Polizei, mit deren Hilfe wir ein Konzept entwickelt haben, mit dem wir dauerhaft gegen Lärmsünder vorgehen können.“
Für die Intensivmaßnahmen gegen „Poser“ wurden ab Anfang August sechs Beamte der Verkehrspolizei freigestellt, die wechselweise an insgesamt 49 Kontrolltagen in der Zeit zwischen 12.08. und 30.09.2016 im Einsatz waren.
Und das Ergebnis kann sich sehen lassen:
- Kontrollierte Fahrzeuge: 546
- Erlöschen der Betriebserlaubnis: 151
- davon Sicherstellungen/Entstempelungen: 73
- Anzeigen/Verwarnungen unnötiger Lärm: 44
- versandte Poser-Anschreiben mit gelber Karte: 36
- Androhung von Zwangsgeld: 2
- Hinweise von Bürgern und städtischen Bediensteten: 464
Unter den beanstandeten Fahrzeugen mit Erlöschen der Betriebserlaubnis waren 138 Pkw und 13 Motorräder. 59 davon kamen aus Mannheim, 92 von außerorts. 70 Prozent der Fahrer hatten einen Migrationshintergrund.
„Wir werden den erreichten Zustand halten können, wenn uns die Bürgerschaft weiterhin mit aktuellen Hinweisen per Email auf mannheim.vd@polizei.bwl.de versorgt“, äußert sich Verkehrspolizeichef Dieter Schäfer zuversichtlich. „Wir haben die notwendigen Maßnahmenbündel geschaffen und können flexibel auf wiederkehrende Poser reagieren“, verspricht er bereits jetzt weitere Maßnahmen gegen unbelehrbare Lärmverursacher.
Erfolgsfaktoren waren:
- Gemeinsame Strategie von Stadt und Polizei
- Einrichten einer Poser-Datei und damit Herausreißen der Poser aus der Anonymität durch intensive Mitwirkung der Bürgerschaft
- Einsatz eines Spezialistenteams der Verkehrspolizei
- Enge Zusammenarbeit mit dem FB 31 der Stadt Mannheim
- Konsequente Entstempelung und Stilllegung der Fahrzeuge der Lärmverursacher
„Poser-Szene“ in Mannheim
Die Rundstrecke Kunststraße – Friedrichsring – Fressgasse hat sich in Mannheim zur Poser-Meile entwickelt. Überwiegend junge Männer mit südländischem Migrationshintergrund drehten bisher in den Abendstunden mit aufgemotzten, auf Lautstärke getrimmten Autos Runde um Runde, um den Besuchern der Straßencafés und Gastronomiebetriebe mit Außenbewirtschaftung zu imponieren. Wir nennen sie deshalb Poser (englisch to pose: sich darstellen).
Die kubische Bauweise der Mannheimer Quadrate bildet einen „idealen“ Resonanzkörper. Inzwischen hatten vier Bürgerinitiativen Unterschriften gesammelt und die Verwaltungsspitze zum Handeln aufgefordert, da die Lärmbelästigung unerträglich wurde. Beim Posing lassen die überwiegend jungen Männer unnötig den Motor aufheulen, fahren mit quietschenden Reifen an oder legen kurze Vollgas-Sprints hin.
Neben breiten Reifen auf auffälligen Felgen muss das Auto möglichst tief und vor allem laut sein. An hochwertigen Autos werden Klappenauspuffanlagen montiert oder Active Sound Booster betrieben. Der Großteil der Poser flext aber einfach Dreiecke oder Quadrate ins Endrohr oder räumt den gesamten Auspufftopf aus. So entsteht Lärm, der bei einigen Fahrzeugen in der Spitze bis zu 138 dB erbrachte. Das entspricht der Lautstärke eines Düsentriebwerkes.
Stadt und Verkehrspolizei Mannheim haben Ende Juli 2016 eine gemeinsame Strategie entwickelt, um konzertiert unter Einbindung der Anwohner gegen das Poser-Unwesen vorzugehen.
Aufgrund eines gemeinsamen Lagebildes, das durch Mitteilungen der Bürger und Erkenntnisse der städtischen Bediensteten des Fachbereichs Sicherheit- und Ordnung sowie der Polizei gespeist wird, werden Orte, Zeiten und Kennzeichen der Poser hinterlegt. Wer an zwei Tagen auffällt, löst ein Anschreiben an den Fahrzeughalter aus, welches diesen zur aktiven Mithilfe beim Unterlassen solcher Belästigungen auffordert und eine „Gelbe Karte“ als Warnung enthält. 36 dieser Gelben Karten wurden versandt und erzielten die erwünschte Wirkung. Die Fahrzeuge fielen danach nicht mehr auf.
Seit Mitte August waren an nahezu jedem Abend Beamte der Verkehrspolizei mit zeitweiser Unterstützung der städtischen Verkehrsüberwachung im Poser-Einsatz.
Wurde ein Fahrzeugführer beim Posing angetroffen, wurde dieser wegen unnötigen Lärms mit 10 Euro verwarnt. Wiederholer wurden bei der Bußgeldbehörde angezeigt. Sie erhalten wegen vorsätzlichen Handelsn ein erhöhtes Bußgeld. Das Amtsgericht Singen hat bspw. ein erhöhtes Bußgeld von 100 Euro für wiederholten unnötigen Lärm nach § 30 StVO bestätigt.
Bei zwei hartnäckigen Posern drohte die Ortspolizeibehörde für den erneuten Wiederholungsfall ein Zwangsgeld von 1.000 Euro an. Bei völliger Uneinsichtigkeit wird das Verhalten an die Führerscheinstelle gemeldet um die Eignung des Posers zum Führen von Kraftfahrzeugen zu prüfen.
Bei Verdacht der Manipulation an der Auspuffanlage wurde das Kfz zur Beweissicherung sichergestellt oder beschlagnahmt und ein Sachverständigengutachten erstellt. In den meisten Fällen wurde das Fahrzeug danach entstempelt und musste neu zugelassen werden.
Kosten:
- Abschleppdienst rund 150 Euro
- Gutachten bis zu 250 Euro
- verkehrssicherer Rückbau individuell (in einem Fall kostete der neue Auspuff 4.000 Euro)
- Zulassungsverfahren etwa 150 Euro
- Bußgeld bis zu 180 Euro für den Fahrer und/oder bis zu 270 Euro für den Halter bei Vorsatz“