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Weinheim, 10. Januar 2011. Irgendwelche Vorsätze an Neujahr zu fassen ist insgesamt betrachtet ziemlich albern. Denn was unterscheidet den 31. Dezember des alten Jahres vom 1. Januar des Neuen Jahres? Nüchtern betrachtet nur ein Sprung des Sekundenzeigers – meint Gabi.
Von Roland Kern
„Was die Kommunalfinanzen betrifft, so erkennen wir einen Silberstreif am Horizont, aber die See bleibt weiter rau.“ Mit diesem Bild beschrieb Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard beim traditionellen Neujahrsempfang der Stadt am Sonntag die aktuelle Lage Weinheims. Bernhard blickte vor zahlreichen Honoratioren der Stadt und den Karnevalisten der „Blüten“ zuversichtlich aber ohne Euphorie in die Zukunft.
Auch wenn sich die Konjunktur im Land erhole, in den Städten wie Weinheim sei der Aufschwung noch längst nicht angekommen
Dennoch sei es gelungen, die Zweiburgenstadt gut für die Zukunft aufzustellen. „Wir haben in unserer Stadt in den letzten Jahren gute Voraussetzungen für eine nachhaltig positive Entwicklung geschaffen“, bekräftigte der OB im großen Sitzungssaal des Rathauses. 2010 sei ein ereignisreiches, ein bewegtes Jahr gewesen. Bernhard: „Herausfordernd, aber für Weinheim unterm Strich sehr erfolgreich – ja auf manchen Gebieten zukunftsweisend.“
Die Entwicklung bleibe also energisch und er sei sehr froh, „dass ich in dieser Stadt eine engagierte Bürgerschaft und kreative Partner habe“.
So habe sich Weinheim – inmitten dieser überaus ernsten kommunalen Finanzkrise – bei den Themen Kinderbetreuung und Familienfreundlichkeit deutlich weiterentwickelt. 80 neu geschaffene Plätze in Kinderkrippen seien ein Beispiel hierfür. Parallel dazu sei beim Baugebiet Lützelsachsen Ebene der Durchbruch geschafft worden. Jetzt werden dort Familien mit Kindern günstigen Wohnraum in einem modernen ökologischen Umfeld finden.
Bei der Belebung der Innenstadt, ein seit Jahren angestrebtes Ziel, sei die Stadt in 2010 ebenfalls deutlich vorangekommen. Durch die Ansiedlung der Verbrauchermärkte in der Grundelbachstrasse stimme nun auch wieder die Nahversorgung in der Innenstadt. Nach der Frostphase werde es mit der Fertigstellung des Windeckplatzes und der Schlossbergterrasse rasch weitergehen. Die neuen Bewohner des Burgenviertels werde Weinheim mit offenen Armen empfangen.
Die Gestaltung des Dürreplatzes, die S-Bahn, den Ausbau des Weinheimer Bahnhofes und den zentralen Omnibusbahnhof nannte er als weitere Aufgaben der aktuellen Stadtentwicklung. Bernhard: „Wir können froh darüber sein und auch stolz darauf, dass wir in den letzten Jahren – trotz der krisenhaften Zeit – Standards aufgebaut haben, die uns mit der jetzigen Situation umgehen lassen.“
Heiner Bernhard bezog sich erneut auf die drei Themen, die er bei der Einführung in seine zweite Amtszeit im September genannt hatte: Integration, Demographischer Wandel und Bürgerschaftliches Engagement. Integration werde eine Aufgabe bleiben, die nicht in den Kommunen entstanden ist, aber – wie so vieles – dort bewältigt werden müsse. Vor allem müsse man begreifen, dass Integration längst nicht mehr nur eine soziale Dimension hat, sondern auch eine volkswirtschaftliche. Der OB: „Wir brauchen diese Menschen, ihre Arbeits- und Gestaltungskraft, um unseren – gemeinsamen – Wohlstand zu bewahren.“ Weinheim werde sich des Themas ab 2011 in einem besonderen Projekt annehmen.
Auch im Demographischen Wandel sehe er nicht nur das Risiko, sondern auch die Chance. Die Stadt mache dabei derzeit mit dem Programm „Aktiv im Alter“ wertvolle Erfahrungen, die einen Weg in die Zukunft weisen. 2011 soll das Jahr sein, in dem das Potential einer immer aktiveren Generation von jungen Alten in bürgerschaftliches Engagement umgemünzt werde. Mit dem Gemeinderat werde man sich über vielleicht neue Wege und Instrumente der Information, Kommunikation, der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger bei der politischen Willensbildung beraten.
Mit Freude sieht der OB dem Beginn des Projektes „Bildungsregion“ entgegen, zu der Weinheim seit dem Jahreswechsel gezählt wird. In den nächsten Wochen werde die Stadt – gemeinsam mit ihren Partnerinnen und Partnern – die Strukturen festlegen. Bernhard: „Hier haben wir die große Chance, die Erfüllung der zentralen Querschnittsaufgabe unserer Zeit, die optimale Gestaltung von Bildung noch stärker als bisher kommunal zu koordinieren.“
Zuvor – und nach drei Böllerschüssen aus der Kanone des Heimat- und Kerwevereins – hatte Bernhard die weiteren Akteure des Neujahrsempfangs begrüßt, allen voran Manuela Albrecht als erste weibliche Vorsitzende der „Blüten“ sowie Faschingsprinzessin Lisa Knapp, die Lützelsachsener Weinprinzessin Ina Baier, die Vertreter des Heimat- und Kerwevereins und natürlich „Bas Gret und Vetter Philp“, die in lustigen Versen das Jahr Revue passieren ließen. Die Vertreter der Weinheimer Handwerksinnungen überreichten traditionsgemäß Brot, Wurst und (prozenthaltiges) Wasser.
Das Jahr 2011 sei von einer „enormen Themenfülle unserer Arbeit in Gemeinderat und Verwaltung“ geprägt gewesen, so der OB. Und das, obwohl die Rezession der Weltwirtschaftskrise bei der Stadt Weinheim zu einer erheblichen Verringerung insbesondere des Gewerbesteueraufkommens und damit zur Senkung einer der Haupteinnahmequellen geführt hatte. Seit Beginn des letzten Jahres suchten Gemeinderat und Verwaltung in einer Haushaltsstruktur-kommission deshalb erneut nach Wegen, den Etat zu sichern und zu stabilisieren. Der Gemeinderat habe dann schließlich ein Haushaltskonsolidierungskonzept beschlossen, das vom Regierungspräsidium Karlsruhe akzeptiert wurde.
Die unterschiedlichsten Möglichkeiten und Vorschläge zur Haushaltsverbesserung neben den weiter laufenden nicht eben wenigen anderen Projekten und zusätzlich zu den alltäglichen Aufgaben habe Gemeinderat und Verwaltung 2010 stark strapaziert. Es sei – auch deshalb – ein überaus arbeitsreiches Jahr gewesen. Bernhard: „Die Schlagzahl musste nochmals erhöht werden.“ Dies alles habe das interne Klima im Rathaus, in der Galerie, im Bauhof, bei der Feuerwehr und den Verwaltungsstellen nicht gerade zum Positiven verändert. Immer wieder mussten und müssen Arbeitsverdichtungen aufgefangen werden.
In diesem Zusammenhang forderte Heiner Bernhard eine bessere Wertschätzungskultur, wie man sie zum Beispiel in der Erziehungswissenschaft kennt.
Auch in den Amtsstuben brauche man angemessene gegenseitige Wertschätzung zwischen Bürgerinnen und Bürgern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Denn, so der OB: „Wir werden auch weiterhin hoch motiviertes Personal benötigen, um die vor uns liegenden Aufgaben zu bewältigen. Die schweren Zeiten für die Kommunen sind nämlich noch nicht zu Ende.“
Anmerkung der Redaktion:
Roland Kern ist Journalist und Pressesprecher der Stadt Weinheim