
Die Bäckerinnung hätte ihr viel lieber ein Hochhaus oder eine Hochstraße gebacken. “Dann wäre die Entscheidung, was damit passieren soll, einfacher gewesen. Sie hätten es essen können.” Stattdessen gab es die traditionelle Neujahrsbrezel.
Ludwigshafen/Metropolregion, 10. Januar 2013. (red/ld) Die fünf Euro Unkostenbeitrag schreckten die Besucher nicht ab. Rund 1.300 Menschen kamen gestern zum Neujahrsempfang in den Pfalzbau und ließen sich von Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse (CDU) auf das neue Jahr einstimmen: “Viele wichtige Entscheidungen stehen uns bevor, die die Stadt für die nächsten Jahrzehnte verändern werden”, kündigte sie an. Ihre Neujahrsansprache stützte sie vor allem am neuen Internetauftritt der Stadt, der Ludwigshafen mit vier Worten treffend beschreibe: Lebenswert, bürgernah, wirtschaftsstark und nachhaltig.
Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter dem Dirigat von Markus Huber eröffnete den Empfang mit traditionellem Walzerreigen aus der “Fledermaus” von Richard Strauß. “Wiener Blut” sangen die Solisten Martina Häger, Sopran, und Alejandro Marco-Buhrmester, Bariton. Doch Ludwigshafen liegt nunmal am Rhein und nicht an der Donau. Reglos nahm das Publikum die Darbietung hin und ließ sein Blut erst beim Schlussapplaus in Wallung geraten.

Mit “Wiener Blut” und Walzerklängen stimmten die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit der Sopranistin Martina Häger und dem Bariton Alejandro Marco-Buhrmester das Publikum auf ein entscheidungsreiches Jahr ein.
Raus aus der industriellen Schmuddelecke
Die Stadt sei nicht mehr nur ein guter Ort zum Arbeiten, sondern mittlerweile auch zum Wohnen geworden, verkündete OB Lohse:
Die Stadt ist raus aus der chemieindustriellen Schmuddelecke,
zitierte sie die Zeitschrift “Capital” zur Bebauung des Rheinufer Süd.
Der wichtigste Schwerpunkt unserer Wohnungsbaupolitik liegt aber auf einem attraktiven Angebot für junge Familien in den Stadtteilen.
sagte sie. Dafür stünden seit Jahren die Neubaugebiete im Neubruch und in der Melm. Attraktiv werde die Stadt außerdem durch den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen sowie dem kulturellen Angebot im Pfalzbautheater, beim Festival des deutschen Films sowie dem Kultursommer.

Gaben einen Vorgeschmack auf das Deutsche Internationale Turnfest: Die Kunstturnerinnen Janina Hiller, Sandra Stoll und Selina Frey-Sander. “”Leben in Bewegung” lautet das Motto der Metropolregion. Ich finde, das passt hervorragend zum Deutschen Turnfest”, sagte Dr. Eva Lohse.
Besonders freute sich die Oberbürgermeisterin auf die Austragung des Deutschen Internationalen Turnfest im kommenden Mai:
Für die Metropolregion ist das eine große Chance, sich nach außen darzustellen, aber auch nach innen noch mehr zusammenzuwachsen, das Selbstbewusstsein und das Wir-Gefühl zu stärken.
Mit rund 80.000 erwarteten Teilnehmern sei das Turnfest die größte Breiten- und Wettkampfsportveranstaltung der Welt. 10.000 von ihnen werden während dieser Zeit in den Schulen der Stadt untergebracht werden.
Entscheidung über die Hochstraße mit den Bügern
OB Lohse lobte die Bürgernähe. Die Stadt lebe vom Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger, vor allem in den Vereinen für Kultur und Brauchtum sowie den Sportvereinen:
Wer bereit ist, etwas zu leisten, und gleichzeitig in der Lage ist, sich in eine Gemeinschaft einzufügen, der hat gute Chancen, im Leben etwas zu erreichen.
sagte sie. Bürgernähe schaffe die Stadt zudem durch verbesserte Lernsituationen für Kinder und dem Ausbau von Betreuungsplätzen. Sehr wichtig sei auch die Bürgerbeteiligung, die “gerade jetzt benötigt” werde. So steht in diesem Jahr zur Frage, was mit der maroden Hochstraße passieren soll. Beim ersten Bürgerforum im vergangenen Jahr sei der Saal im Veranstaltungshaus “Das Haus” überfüllt gewesen. Von einer Sanierung sei aber nicht zu sprechen, vielmehr von einer Erneuerung:
Die Alternative besteht darin, nach dem Abriss eine neue, ebenerdige Stadtstraße zu bauen.
sagte Frau Lohse. Dadurch könne man den Raum rechts und links dieser Straße neu entwickeln. Noch seien aber alle Entscheidungen offen. Sie werden das Stadtbild aber nachhaltig prägen, kündigte sie an.

Erwartet ein Jahr voller Entscheidungen, die Ludwigshafen für die nächsten Jahrzehnte prägen werden: Oberbürgermeisterin Eva Lohse.
Eine Milliarde Euro hat die BASF-SE in die TDI-Anlage gesteckt, deren Bau im letzten Jahr begonnen wurde. Für Frau Lohse sei das ein klares Argument für die Wirtschaftsstärke der Stadt gewesen und ein Bekenntnis des Chemie-Riesen zum Standort Ludwigshafen:
Wohlstand ensteht nicht von selbst, sondern er ist – wie der Erfolg im Sport – das Ergebnis von Fleiß und Anstrengung.
Wenn man glaube, man könnte darauf verzichten, Produktionsanlagen, öffentliche Infrastruktur und wissenschaftliche Forschung weiterzuentwickeln, sei der aktuelle Wohlstand allerdings gefährdet. Bei dem von ihr gelobten innovativen Mittelstand dürfte das aber keine Gefahr darstellen. Mit der Rheingalerie und dem Rathauscenter habe auch der Einzelhandel in der Stadt an Bedeutung gewonnen. Für den Zustand der Fußgängerzone wies sie aber jede Verantwortung von sich: Wo sich Geschäfte ansiedeln und wo nicht, darauf habe die Stadt keinen Einfluss.
Energiewende zur nachhaltigen Stadt
Einfluss habe sie dagegen auf den Ausbau der Energiewende, in dem die Stadt eine große Chance bei der Nachhaltigkeit sehe. Zusammen mit der TWL wolle man die Energieversorgung dezentralisieren und das Unternehmen entsprechend neu ausrichten. Für Investitionen der Bürger in die erneuerbaren Energien werden die beiden Sparkassen ein Solarkataster für die Stadt und den Landkreis ins Internet stellen:
Wir dürfen bei unserem legitimen Streben nach Wohlstand das Ökosystem Erde nicht überfordern.
Gleichzeitig müsse man bei der Verfolgung ökologischer Ziele darauf achten, weder die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft noch die Leistungsfähigkeit derjenigen Menschen zu überfordern, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.
2013 werde ein Jahr voller Entscheidungen, das die Stadt auf Jahrzehnte verändern werde, kündigte Oberbürgermeisterin Lohse an. Zum Abschluss ihrer Ansprache nahm sie feierlich die traditionelle Neujahrsbrezel der Bäckerinnung entgegen, die den Neujahrsempfang ausgerichtet hatte. Soviel Tradition muss angesichts vieler “Umbrüche” dann doch selbstverständlich sein.