Mannheim, 09. April 2020. (red/pro) Es brauchte mehrere Anfragen an die Stadt Mannheim, bis eine verständliche Antwort zu Regelungen in Kleingärten vorlag. Damit ist die Rechtsunsicherheit weitestgehend beseitigt – kann sich aber mit neuen Verordnungen wieder einstellen. Entscheidend ist, was öffentlicher und was als privater Raum gilt.
Von Hardy Prothmann
„Wie in der Bekanntmachung der Stadt Mannheim vom 26. März kommuniziert, wurden die Allgemeinverfügungen der Stadt Mannheim vom 13. und 18. März aufgehoben. Die Allgemeinverfügung der Stadt Mannheim bzgl. der Aufenthaltsverbote wurde am 3. April aktualisiert, diese finden Sie hier: https://www.mannheim.de/de/informationen-zu-corona/aktuelle-rechtsvorschriften„.
Schöner kann man bürokratischer keine Antwort beginnen. Es geht weiter:
„Im Übrigen gilt in Mannheim die Rechtsverordnung des Landes Baden-Württemberg. Diese finden Sie auf den Seiten des Sozialministeriums Baden-Württemberg. Ich habe die aktuelle Version aber auch in der Anlage beigefügt. Ebenfalls beigefügt habe ich die neuesten Auslegungshinweise vom 3. April, in denen sehr gut lesbar dargestellt ist, was erlaubt und was verboten ist, insbesondere für den Dienstleistungsbereich.“, schreibt die für das Ordnungsdezernat (Dezernat 1, Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU) zuständige Pressesprecherin Désirée Leisner. (Anm. d. Red.: Hätte man auch verlinken können, hat man aber nicht, deshalb hier als Download: Aktuelle Rechtsverordnung, Auslegungshinweise)
Mühsames Sammeln von Antworten
Auf mehrmalige und konkretisierte Anfrage erfährt das RNB folgende Informationen:
„Sobald Kleingärten in Mannheim verpachtet sind – sei es von einem Verein oder untervermietet durch eine Privatperson – sind sie in diesem Moment privater und kein öffentlicher Raum. Heißt: Pro Parzelle gilt die Personenbegrenzung von 5 Personen.“
Diese Auslegung hatte wir redaktionell auch vermutet – wir mussten aber mehrfach anfragen, um diese eindeutige Antwort zu erhalten. Pro Parzelle dürfen sich also fünf Personen aufhalten, außer, es handelt sich durchweg um Familienmitglieder in direkter Abstammung, dann können es auch mehr sein. Oder alle Personen leben gemeinsam in einer Wohnung.
„Wenn die Gänge zwischen den Parzellen umzäunt sind, handelt es sich um ein Vereins- und damit um Privatgelände. Wenn ein Kleingartenpächter (s.o.: „Pacht“ = privater Raum) eine nicht zum Haushalt gehörende Person zur Mitarbeit in die Parzelle einlädt, gilt hier ebenfalls die Personenbegrenzung von max. 5. Dies gilt unabhängig von der Größe der Parzelle.“
Vermutlich meint Frau Leisner, dass die Parzellen „umzäunt“ sind und nicht die Gänge, denn die sind bei öffentliche begehbaren Anlagen durchaus „öffentlicher Raum“ – heißt, hier dürfen nur Familien, Mitglieder eines gemeinsamen Haushalts und sonst nur zwei Personen bei gebotenem Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern diesen Raum „nutzen“.
Beispiele
Die Stadt gibt, wie angefordert, Beispiele:
„In einer privaten, eingezäunten Parzelle halten sich Vater, Mutter, Oma und ein Kind auf (alle verwandt). Dann darf zu diesen 4 Personen max. 1 weitere, nicht zum Haushalt gehörende Person eingeladen werden, da dann die Personenbegrenzung von 5 ausgeschöpft ist.“
Oder:
„Halten sich in dieser privaten, eingezäunten Parzelle Vater, Mutter, Oma, Opa und zwei Kinder (alle verwandt) auf, sind dies bereits 6 geradlinig verwandte Personen. Ein Einladen einer weiteren, nicht zum Haushalt gehörenden Person ist untersagt (es sei denn, es handelt sich ebenfalls um Verwandtschaft in direkter Linie).“
RNB erweitert das: Will sich eine Familie in direkter Verwandschaft treffen, dürfte entscheidend sein, wer Pächter ist. Ist das die Oma oder der Opa, dürfen alle in direkter Linie verwandten Familienmitglieder eingeladen werden. Also alle Kinder und alle Enkelkinder, nicht aber die Ehegatten oder Lebenspartner – außer, alle leben zusammen in einem Haushalt. Sprich: Sobald fünf oder mehr Familienmitglieder in direkter Linie im Garten sind, darf keine weitere Person sich dort aufhalten. Wenn nun beispielsweise die Tochter Pächterin ist, dürfen sich deren Kinder, der Lebenspartner (sofern der Vater der Kinder) sowie deren Eltern dort aufhalten – alle Schwestern und Brüder und deren Kinder und die Lebenspartner nicht, sofern es mehr als fünf Personen sind.
„Wenn die Wege zwischen den Parzellen/Pachtanlagen offen und nicht abgeschlossen sind, handelt es sich um öffentlichen Raum. Heißt: Hier greift die Regelung von max. 2 Personen bzw. Kernfamilie (Eltern + Kind/er).“
Auch diese Information der Stadt ist erneut unbefriedigend, weil nicht ganz eindeutig. RNB interpretiert dies aber so, dass hier zwischen dem privaten Raum der Parzelle und dem öffentlichen Raum der Wege unterschieden wird – hierzu fragen wir die Stadt Mannheim erneut an.
Aktuell übersetzen wir: Ein Haushalt aus drei Personen lädt zwei weitere Personen in den Garten ein. Das geht in Ordnung, weil die Höchstzahl von fünf Personen nicht überschritten wird. Aber die drei und zwei Personen müssen sich auf den Wegen trennen, im Garten kann man dann aber zusammenkommen.
In der Praxis bedeutet das für die Vorstände der Kleingartenvereine:
- Fünf Personen auf einer (privat gepachteten) Parzelle sind niemals ein Problem – das ist grundsätzlich erlaubt.
- Nachbarschaftshilfe ist auch grundsätzlich bis zu fünf Personen erlaubt.
- Handwerker können jederzeit beauftragt werden.
- Bei mehr als fünf Personen in einer Parzelle müssen alle Anwesenden in direkter Linie mit der Pächterin/dem Pächter verwandt sein – alle anderen Personen haben auf der Parzelle nichts zu suchen und müssen im Fall einer Kontrolle mit erheblichen Ordungsgeldern rechnen. Und nein: Die Oma, die alle ihre Kinder einladen will, darf dies nicht, sofern sie nicht Pächterin ist. Brüder und Schwestern dürfen sich auch nicht einladen, weil nicht in direkter Linie verwandt und deren Kinder schon gar nicht.
- Mehr als zwei Personen im Pulk auf den Wegen können ein Problem darstellen, wenn nur eine davon nicht in direkter Linie mit den anderen verwandt ist oder nicht alle in einem Haushalt leben. Nur Personen eines Haushalts, Personen, die direkt verwandt sind oder höchstens zwei Personen, auf die die ersten zwei Kriterien nicht zutreffen, sind als „Gruppe“ im öffentlichen Raum (des Weges) erlaubt. Alles andere stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, bei Vorsatz möglicherweise auch eine Straftat.
Leider haben sowohl der Bundesverband wie auch die Landesverbände der Kleingärtner nach unseren Recherchen die Vorstände der Kleingartenvereine nur unzureichend über die aktuelle Rechtslage informiert, weshalb die Vorstände im Stress sind, weil sie nicht genau wissen, auf was sie achten müssen und wie sie sich zu verhalten haben.
Kompletter wird das Chaos noch, weil man jeweils neben den Allgemeinverfügungen der Länder noch die der Kommune in den Blick nehmen muss – denn die können unterschiedlich sein.
In Mannheim gilt zum aktuellen Datum (kann sich verändern):
- Auf gepachteten Parzellen dürfen sich alle Personen eines Haushalts aufhalten oder wenn sie direkt miteinander verwandt sind.
- Dies gilt unbeschränkt, außer, eine Person ist nicht verwandt und lebt nicht im Haushalt – dann gilt die Höchstzahl von fünf Personen. Entweder müssen Familienangehörige den privaten Raum verlassen oder die anderen Personen.
- Auf den Wegen dürfen sich nur zwei Personen gemeinsam aufhalten, die nicht direkt verwandt sind und nicht zusammen in einem Haushalt leben – Familien, die allesamt direkt verwandt sind, sind zahlenmäßig nicht beschränkt. Ist aber nur eine fremde Person dabei, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit.
- Vorstände der Kleinanlagen sind gut beraten, diese Regeln gut sichtbar anzubringen und über die vorhandenen Kontaktmöglichkeiten zu kommunizieren – das erspart Diskussionen. Da erkennbar ist, dass es immer „schwarze Schafe“ gibt, sind die Vorstände ebenso gut beraten, einen Vorstandsbeschluss herbeizuführen, der die sofortige Kündigung von Pachtverträgen vorsieht, wenn sich Pächter nicht an die Allgemeinverfügungen halten und damit Schaden für den Verein und alle Mitglieder erzeugen könnten.
- Fremde Personen, die die Gelände betreten und sich nicht an die Allgemeinverfügungen halten, sollten sofort mit einem Hausverbot belegt werden und noch besser ist es, sofort die Polizei zu rufen, damit die Störer entfernt werden – die Sorge, dass dann möglicherweise auch die Pächter nicht mehr in die Parzellen dürften, ist eher unbegründet, denn die Vorstände zeigen sich verantwortlich und die politisch Verantwortlichen werden sich hüten, das zu bestrafen.
- Möglich wäre es, dass die Anlagen geschlossen bleiben, also nur Pächter mit Schlüssel Zugang haben. Auch das ist eine Überlegung wert für die Vorstände, sofern man zur Überzeugung gelangt, dass eine andere Form der Kontrolle das ehrenamtliche Engagement übersteigen könnte und man aber Sorge tragen will, den Pächtern den Zugang zu ihren Parzellen zu ermöglichen. Und auch das versehentlich unterlassene Abschließen könnte ein Kündigungsgrund sein…
- Der Schwatz am Gartenzaun vom öffentlichen Weg ins Privatgelände ist weiterhin erlaubt – unter den oben genannten Einschränkungen. Doch Achtung, wenn mehr als zwei Personen sich im öffentlichen Raum (Weg) befinden, die nicht miteinander direkt verwandt sind oder in einer Hausgemeinschaft leben, wird es wieder problematisch.
Die Corona-Krise ist nicht nur international oder im bekannten öffentliche Raum kompliziert – auch im Kleingarten-Idyll sind die Probleme komplex.
Hinweis: Wir haben keinerlei rechtlichen Hinweise gegeben, sondern referieren die von uns angefragten Informationen an die Stadt Mannheim und ordnen diese nach bestem Gewissen und journalistischer Sorgfaltspflicht ein. Im Falle von Maßnahmen der Vorstände oder mutmaßlich festgestellten Ordnungswidrigkeiten, muss man den rechtsstaatlichen Weg gehen. Wir übernehmen keinerlei Haftung für die übermittelten Informationen, da diese im Einzelfall betrachtet werden müssen.