Weinheim, 05. Juni 2018. (red/pro) Die sieben Kandidaten der Oberbürgermeisterwahl haben sich erstmals allesamt der Öffentlichkeit vorgestellt. Exakt 886 Bürger/innen waren gekommen, knapp 800 durften in den Saal, der Rest musste im Foyer zuhören.
Allen voran muss man dem Publikum zunächst ein Kompliment machen: Es zeigte sich interessiert und respektvoll. Störungen gab es keine, alle Kandidaten wurden nach der Vorstellung mit ordentlich Applaus bedacht, so dass der gefühlte „Applausometer“ keinen eindeutigen Favoriten ausmachen konnte – zumindest nicht zwischen Favorit Manuel Just (parteilos) und den drei Kandidaten Stella Kirgiane-Efremidis (SPD), Dr. Carsten Labudda (Die Linke) und Simon Pflästerer (Weinheimer Liste), die wesentliche Stimmen holen werden.

von links: Manuel Just, Stella Kirgiane-Efremidou, Carsten Labudda, Simon Pflästerer, Moderator Gerhard Mandel, Björn Leuzinger, Fridi Miller, Oliver Kümmerle.
Der Kandidat Oliver Kümmerle, Polizeibeamter im hessischen Bensheim, machte ebenfalls einen guten Eindruck auf das Publikum, das die Auftritte des Spaßkandidaten Björn Leuzinger (Die Partei) ebenso wegsteckte wie den der selbsternannten Weltenretterin Fridi Miller (parteilos).
Die Kandidaten stellten ihre bereits an anderer Stelle inhaltlichen Programme vor – aber natürlich vor allem sich selbst als Personen. Es ist schwer, Persönlichkeiten mit nur wenige Worten zu beschreiben, wie versuchen es trotzdem:
Manuel Just (39) – der Macher. Eindeutig der dynamischste aller Kandidaten, mit der beruflich besten Qualifikation als Verwaltungsfachwirt und seit elf Jahren Bürgermeister der Nachbargemeinde Hirschberg.
Stella Kirgiane-Efremidis (52) – die Verbindliche. Seit 33 Jahren in der SPD, engagierte Stadträtin und Stimmenkönigin bei der vergangenen Kommunalwahl. Sie frühere Journalistin wechselte in die Gastronomie und setzt auf Kommunikation.
Dr. Carsten Labudda (42) – der Kumpel. Der promovierte Literaturwissenschaftler ist seit 1994 bei Die Linke, seit 2009 Stadt- und Kreisrat und hat nach eigener Aussage sein Wahlziel schon erreicht: Auf soziale Themen aufmerksam machen.
Simon Pflästerer (34) – der Lokalpatriot. Früher in der CDU, dann Wechsel zur Weinheimer Liste. Der Rechtsanwalt sieht sich als unbequemer Typ, der für mehr Ehrlichkeit einstehen will – womit er den anderen indirekt diese abspricht.
Oliver Kümmerle (48) – der Aufrechte. Politisch bislang nicht engagiert, dafür im Vereinswesen (Basketball). Er bemängelt einen gesellschaftlichen Wandel, der zu weniger Respekt und mehr Egoismus führe.
Björn Leuzinger (29) – der Spaßvogel. Der aktive Feuerwehrmann aus Heidelberg ist Chemielaborant und trinkt gerne Bier, was er auch auf der Veranstaltung zeigte. Das Publikum begrüßte er mit „Liebes Wahlvieh“.
Fridi Miller (48) – die Dauerkandidatin. Die wie auch immer qualifizierte Sindelfingerin hat sich in der jüngeren Vergangenheit ohne nennenswerte Ergebnisse angeblich für über 100 Wahlämter beworben und hat dezidiertes Ziel: Merkel muss weg.
Alle Kandidaten hatten zehn Minuten, um sich vorzustellen – also 70 Minuten Frontalpräsentation. Die Konzentration des Publikums war erstaunlich hoch, auch, wenn der ein oder andere ältere Teilnehmer dann doch einnickte. Leider war der Anteil der jüngeren Wählerinnen deutlich niedrig. Das konnte man beim Applaus feststellen, als es um Angebote für jüngere Menschen ging – der war sehr dünn.

Volles Haus – 886 Bürger/innen waren in die Stadthalle gekommen.
Manuel Just trat als erster Redner an – ein Vorteil, weil das Publikum noch frisch war und auch sein musste. Der Mann präsentierte sich sehr kompakt – gut gemeint, aber vielleicht zu dicht in der Rede, die aber insgesamt gut aufgenommen worden ist.
Stella Kirgiane-Efremidis setzte auf Sympathie und verkniff sich nicht einen charmanten Seitenhieb, als sie meinte, dass Gemeinden an der Bergstraße zusammen agieren müssten, auch Sie als Oberbürgermeisterin mit dem Bürgermeister von Hirschberg.
Dr. Carsten Labudda zeigte sich zufrieden, den Wahlkampf inhaltlich vorangebracht zu haben – was zwar etwas übertrieben ist, aber im Bereich sozialer Wohungsbau und gesamtgesellschaftliches Handeln durchaus zutrifft.
Simon Pflästerer präsentierte sich als „ehrliche Haut“ mit vielen Rückschlägen im eigenen Leben, was ihn aber charakterlich geformt hätte.
Interessant war der Auftritt des öffentlich wenig bekannten Kandidaten Oliver Kümmerle – der bestach durch einfache Worte und konnte als „Law-and-Order“-Mann punkten, insbesondere mit seiner Kritik, dass die Außenstelle der Kriminalpolizei in Weinheim aufgelöst worden ist.
Bei den Fragen der Wählerinnen, für die gut eine Stunde Zeit war und die immer konkret an einen Kandidaten gerichtet werden mussten, lag Manuel Just leicht vorne, nachdem zuerst vor allem kritische Nachfragen von städtischen Mitarbeitern an Simon Pflästerer gingen, die dessen Personaleinsparpläne nicht gut fanden.
Die Prioritätenliste der Wähler/innen indes wurde schnell klar: Gewerbeentwicklung, Verwaltungshandeln, Wohnraum, Verkehr und Sicherheit waren die Top-Themen, die von den Fragestellern genannt wurden.
Die Veranstaltung zeigte aus unserer Sicht eins: Das Interesse der Bürger/innen ist enorm hoch. Die vergangenen OB-Wahlen haben wir als junges Medium nicht begleitet, nach unserer Recherche ist der Andrang aber rekordverdächtig. Das spricht für eine hohe Wahlbeteiligung und damit für einen sehr spannenden Wahltag, denn einen sicheren Gewinner sehen wir aktuell nicht. Wir gehen davon aus, dass es nach der Wahl am 10. Juni vierzehn Tage später eine Neuwahl gibt, bei der nicht 50 Prozent plus eine Stimme die Wahl entscheiden, sondern wer die meisten Stimmen erhält.
Insbesondere die Kandidaten aus dem linken Lager, Frau Kirgiane-Efremidou und Herr Dr. Labudda werden sich um Stimmen „kloppen“. Entscheidende Stimmen, die Herr Just brauchte, um im ersten Rutsch gewählt zu werden, werden zudem eventuell bei Herrn Pflästerer und auch bei Herrn Kümmerle landen.
Spannend wird sein, wer den zweiten Platz macht – das könnte auch Dr. Labudda sein, was eine absolute Sensation wäre – der Mann genießt sehr viel Respekt, hart erarbeitet und anerkennend ausgesprochen durch unsere Kontakte im politischen Weinheim, auch aus konservativen Lagern. Das Ergebnis von Herrn Kümmerle wird ebenfalls interessant werden.
Sollte Herr Just deutlich unter 40 Prozent bleiben, wäre das ein klares Signal, dass er nochmals deutlich zulegen muss, um klarer Wahlsieger zu werden – was wir allerdings nicht erwarten.
Anm. d. Red.: Wir haben in früheren Berichten bereits eindeutig Position bezogen und halten nach unserer Analyse auf Basis jahrelanger Erfahrungen und verantwortlicher Einordnung der uns zur Verfügung stehenden Informationen den Kandidaten Manuel Just für einen nicht nur geeigneten Oberbürgermeister, sondern für einen, der in schweren Zeiten für Weinheim der richtige Mann ist.
Frau Kirgiane-Efremidou schätzen wir ebenso wie Herrn Dr. Labudda – beide sind mit Herz und Verstand bei der Sache und haben sich vorbildlich präsentiert.
Dr. Michael Lehner, Vorsitzender der Gemeindratsfraktion der Weinheimer Liste, nutzte am Montagabend anlasslos einen kurzen Kontakt zu Hardy Prothmann, um diesen vor Zeugen persönlich zu beleidigen. Dazu haben wir früh und eindeutig als einziges Medium Stellung bezogen: Die Weinheimer Liste mag sich als kritisches Korrektiv betrachten, ist aber in der Tonlage und Aggressivität eher asozial, als ernst zu nehmen. Der Kandidat Simon Pflästerer hat auf unsere Kritik nie reagiert – also gehen wir davon aus, dass er dieses Vorgehen billigt, was für uns heißt, dass dieser Kandidat sicher kein Oberbürgermeister sein sollte.
Oliver Kümmerle hat eine persönlich sympathische Präsentation gezeigt, aber inhaltlich eher nicht. Es gibt mehr Probleme als Verkehr und Sicherheit, die in Weinheim bearbeitet werden müssen.
Und Fridi Miller? Ja, die hatte zehn Minuten Zeit für ihren Auftritt. Fragen an sie hatte wie auch an Herrn Leuzinger niemand aus dem Publikum. Aus Gründen.
Der Moderator Gerhard Mandel meinte, sich zunächst erklären zu müssen, warum er tatsächlich vollständig unbefangen und unabhängig sei. Sorry, funktionierte nicht. Als Studioleiter des SWR, der über den Wahlkampf berichtet, hat das ein Geschmäckle von Staatsfunk. Schon deshalb, weil er ausschließlich dafür geworben hat, dass sich die Menschen beim SWR erkundigen könnten. Aber das kapiert weder Herr Mandel, noch der SWR.
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