Weinheim, 09. Juni 2018. (red/pro) Am kommenden Sonntag, 10. Juni 2018, sind die wahlberechtigten Weinheimer aufgerufen, einen neuen Oberbürgermeister zu wählen. Zwei Frauen und fünf Männer treten an, um dieses wichtige Amt zu gewinnen. Das Interesse der Wählerschaft scheint groß zu sein, was auf eine hohe Wahlbeteiligung hindeutet. Der Wahltag endet um 18 Uhr. Ab 20 Uhr soll es das vorläufige Endergebnis geben – ob einer der Kandidaten mindestens 50 Prozent plus eine Stimme erreicht, ist offen.
Von Hardy Prothmann
Sieben Kandidaten treten bei der Wahl am Sonntag an – Rekord. Doch ist es wirklich einer? Aus unserer Sicht bleiben drei wichtige Kandidaten, was immer noch eine klare Auswahl bedeutet.
Inhaltlich betrachtet bleiben nur fünf ernst zu nehmende Kandidaten. Das sind: Manuel Just (39), parteilos, amtierender Bürgermeister der Nachbargemeinde Hirschberg. Stella Kirgiane-Efremidou (52), SPD, Stadträtin und gut vernetzt in Weinheim. Dr. Carsten Labudda (42), Die Linke, Stadt- und Kreisrat, geheimer Wahlsieger, dazu später mehr. Simon Pflästerer (34), Weinheimer Liste, Stadtrat, Rechtsanwalt und Gastronom, machte eher durch Störfeuer auf sich aufmerksam. Oliver Kümmerle (48), parteilos, Polizeibeamter in Bensheim, der sich am vergangenen Montag wie die anderen vier Kandidaten solide präsentierte.

von links: Manuel Just, Stella Kirgiane-Efremidou, Carsten Labudda, Simon Pflästerer, Moderator Gerhard Mandel, Björn Leuzinger, Fridi Miller, Oliver Kümmerle.
Wir haben umfangreich und analytisch berichtet. Die Kandidaten Just, Kirgiane-Efremidou und Labudda haben wir interviewt, weil wir nur diese drei als relevante Kandidaten betrachten. Der Grund? Alle drei überzeugen durch politischen Einsatz und inhaltliche Auseinandersetzung.
Diese OB-Wahl ist sehr spannend
Wir berichten seit 2010 intensiv über Weinheim, zunächst über die Adresse Weinheimblog.de, die wie andere frühere Ortsblogs 2015 in Rheinneckarblog.de aufgegangen sind.
Weinheim ist die größte Kreisstadt im Rhein-Neckar-Kreis und Zentrum der badischen Bergstraße. Rund 45.000 Menschen leben hier.
Wie in vielen anderen Gemeinden auch, gibt es große Herausforderungen, die nicht nachlassen werden. Zusammengefasst sind die wichtigsten Punkte Verwaltungshandeln und Infrastruktur jeglicher Art.
In der Abwägung der persönlichen Profile habe ich als Redaktionsleiter schon früh entschieden, dass aus unserer Sicht der Kandidat Manuel Just der richtige Mann für den Job ist. Deswegen sprechen wir Manuel Just auch unsere Unterstützung aus – journalistisch unabhängig, aber mit klarer Empfehlung an die Öffentlichkeit, ihn zu wählen. Das hat Gründe.
Fachliche Anforderungen für das Amt des Oberbürgermeisters gibt es keine – jeder kann das werden, der nach dem Wahlgesetz Bedingungen wie Alter und Straffreiheit und andere Kriterien erfüllt. Doch ist so ein Job kein Zuckerschlecken und aus unserer Sicht sind fachliche wie persönliche Qualifikationen absolut notwendig, um das Amt umsichtig auszuüben.

Volles Haus – 886 Bürger/innen waren in die Stadthalle gekommen.
Drei Top-Kandidaten
Von der persönlichen Integrität erfüllen die Kandidaten Just, Kirgiane-Efremidou und Labudda aus unserer Sicht einwandfrei alle Voraussetzungen. Alle drei Personen haben einen sehr guten Leumund, sich nachweislich politisch außerordentlich engagiert und nah an den Menschen dran.
Von der beruflichen Qualifizierung trägt nur Herr Labudda einen Doktortitel, was seine wissenschaftliche Kompetenz ausweist. Aber nur Herr Just ist Diplom-Verwaltungsfachwirt und als amtierender Bürgermeister von Hirschberg in der zweiten Wahlperiode „vom Fach“. Frau Kirgiane-Efremidou war vor langer Zeit mal Journalistin und ist seit langer Zeit Gastronomin. Und sie ist unangefochtene Stimmenkönigin der Kommunalwahl.
Fachlich liegt Just deutlich vorne
In der Bewertung der fachlichen Qualifikation liegt Herr Just deutlich vorne. Frau Kirgiane-Efremidou kann auf eine lange und erfolgreiche unternehmerische Selbständigkeit verweisen und Herr Labudda auf einen akademischen Doktortitel, doch was Verwaltungshandeln angeht, ist Herr Just der eindeutige Experte.
Was das Alter angeht, sind alle drei geeignet. Und klar – erstmals eine Oberbürgermeisterin wäre eine Schlagzeile, mehr aber nicht. Denn wir sehen tatsächlich keinen Grund, warum eine Frau oder ein Mann besser geeignet sein sollten.
Im persönlichen Umgang haben wir diese drei Kandidaten als zugänglich, konzentriert, offen und verlässlich erfahren. Wir halten sie deshalb charakterlich allesamt für sehr gut geeignet für diesen Job, der neben aller fachlicher Aspekte sehr wesentlich von der Person und der Fähigkeit der Kommunikation mit anderen Menschen geprägt sein sollte. Denn ein gewählter OB ist Chef der Verwaltung, aber auch Ansprechpartner und Vertreter für jeden Bürger, egal, ob dieser den Amtsinhaber gewählt hat oder nicht.
Machtstellung
Ein (Ober)bürgermeister nach der süddeutschen Ratsverfassung, so hatte uns das der Mannheimer OB Dr. Peter Kurz mal in einem Interview vor seiner ersten Wahl 2007 gesagt, „hat den mächtigsten Job in Deutschland“. Dr. Kurz ist Verwaltungsjurist und weiß, wovon er redet – im relativen Wirkungsbereich hat er Recht. Er ist Chef der Verwaltung, er führt die Gemeinderatssitzungen, hat dort Stimme und bestimmt, was im Gemeinderat verhandelt wird und er hat ein Veto-Recht. Im Verhältnis betrachtet hat ein Bundeskanzler weniger Macht, auch ein Ministerpräsident.
Das sollte den Wähler/innen bewusst sein. Sie wählen, auch das anders als auf Bundesebene, eine Person für acht Jahre ins Amt, die sehr wesentlich für die Geschicke der Gemeinde verantwortlich sein wird. Ganz klar: Souverän ist der Gemeinderat, faktisch ist es aber im Alltag der OB. Insbesondere, wenn die Gemeinderäte nur ehrenamtlich tätig sind.
Nur eine(r) kann gewinnen
Aus unserer redaktionellen Sicht wünschen wir uns viele Stimmen für alle drei Kandidaten, weil alle drei das verdient haben. Sie sind integer, fleißig und stellen ihre Lebenszeit in den Auftrag für alle alle Menschen der Gemeinde. Das kann man gar nicht hoch genug anrechnen.
Tatsächlich kann es aber nur eine(n) geben, der gewinnt und dann das Amt ausübt.
Hier kommt es auf persönliche Abwägungen an und diese werden in erheblichem Umfang – nämlich durch jeden Wähler – selbst bestimmt. Wähle ich den Kandidaten meiner persönlichen politischen Präferenz oder den, dem ich am meisten zutraue, die Amtsgeschäfte gut zu führen.
Ich bin kein Wahlberechtigter in Weinheim. Wäre ich einer, teile ich Ihnen meine Gedanken mit:

Dr. Carsten Labudda (Die Linke) hat sein Ziel erreicht: Im Oberbürgermeisterwahlkampf Themen zu setzen. Haken dran. Zweites Ziel: Wahl gewinnen – das ist noch offen.
Herr Dr. Labudda hat meine Stimme verdient, weil ich ihn für eine ehrliche Haut halte, der sich dem sozialen Miteinander verschrieben hat und das mit beharrlicher Kontinuität verfolgt. Er ist damit für mich ein Top-Kandidat. Außerdem überzeugt mich, dass er, obwohl „nur“ Vorsitzender der „kleinsten“ Fraktion im Gemeinderat häufig eine überparteiliche Zustimmung für seine Redebeiträge im Gemeinderat erreicht. Das ist sehr, sehr außergewöhnlich. Zudem hat er dem Wahlkampf sehr viele inhaltliche Impulse gegeben. Das ist sein persönlicher Verdienst, den ich achte und schätze.

Stella Kirgiane-Efremidou ist Stadträtin (SPD) und Gastronomin. Sie gilt als sehr gut vernetzt und will als erste Frau Oberbürgermeisterin von Weinheim werden.
Frau Kirgiane-Efremidou ist eine frühere Kollegin (Journalistin), blickt auf eine lange Zeit politischen Engagements zurück und hat große Verdienste um die Gemeinde geleistet. Ihr würde ich, ebenfalls durch soziales Engagement ebenfalls gerne meine Stimme geben, denn sie hätte sie verdient.

Manuel Just, aktuell Bürgermeister in Hirschberg an der Bergstraße, tritt als parteiloser Kandidat in Weinheim zur Oberbürgermeisterwahl an.
Herrn Just kenne ich ähnlich lange wie die beiden anderen – aber als Bürgermeister einer relativ unspektakulären Gemeinde Hirschberg, in der es aber trotzdem häufig heiß her ging. Meine Erfahrungen im konkreten Alltag, wo es also nicht nur um Redebeiträge geht, sondern um knallharte Entscheidungen, sind durchweg positiv. Im Vergleich mit anderen Bürgermeistern, mit denen ich beruflich zu tun habe, steht er für mich an der Spitze, ohne dass sich andere jetzt Fragen stellen müssen. Herr Just ist extrem diszipliniert, immer überzeugend vorbereitet, führt die Gemeinderatssitzungen einwandfrei und mit hohem Respekt vor der Souveränität des Gremiums und ihm gelingt ein Kunststück, das viel mit ihm selbst als Parteilosem zu tun hat: Er kann überzeugend überparteiliche Mehrheiten organisieren.
Gehen Sie zur Wahl!
Deshalb empfehle ich allen Wähler/innen: Gehen Sie zur Wahl. Jede einzelne Stimme ist wichtig. Wägen Sie persönliche Präferenzen ab und auch, ob Ihre Stimme die Legitimation für einen anderen Kandidaten befördern könnte – denn je überzeugender ein Kandidat gewählt wird, umso mehr ist er auch in der Pflicht gegenüber seinen vielen Wählern (auch wenn er allen Bürgern verpflichtet ist).
Aus journalistischer Sicht halte ich diesen OB-Wahlkampf für ein Highlight der vergangenen Jahre und anderen Wahlen – weil es so viele spannende Perspektiven gibt.
Im Kampf um den Erfolg sehe ich Just-Kirgiane-Efremidou. Beide haben das größte Stimmenpotenzial. Den Vorteil sehe ich bei Just, aber jede Wahl ist offen. Herr Dr. Labudda ist für mich herausragend, weil er nachweislich inhaltlich deutlichen Einfluss genommen hat, was ein großer Erfolg ist. Sollte er gar Zweiter werden, wäre das eine Sensation.
Interessant ist, wie Herr Kümmerle abschneidet – er tritt als Außenseiter an, konnte sich aber sehr ordentlich präsentieren und hat damit Potenzial. Weiter halte ich für interessant, wie Herr Pflästerer abschneidet. Ich halte den Kandidaten persönlich wie inhaltlich für nicht überzeugend – aber sein Stimmergebnis wird zeigen, welches „Oppositionspotenzial“ die Weinheimer Liste hat, eine Wählervereinigung, die ich in der Vergangenheit interessant fand, aber seit langer Zeit nur nach als qualvoll empfinde, weil im Gegensatz zu Dr. Labudda und seiner Die Linke nicht Inhalte im Vordergrund stehen, sondern nur das Werfen mit Schmutz.
Kurzum (kleiner Scherz nach diesem langem Text): Gehen Sie wählen. Wägen Sie ab. Stimmen Sie für Ihre Überzeugung oder taktisch. Am Ende des Tages gibt es ein Ergebnis.
Unsere Prognose: Manuel Just wird klar vorne liegen, ob ihm die 50 Prozent plus eine Stimme gelingen, wird knapp. Sollte es eine Neuwahl am 24. Juni geben müssen, wird er gewinnen. Unser Fokus liegt eher auf den Ergebnissen der anderen Kandidaten – denn hier werden sich Stimmungen zeigen, mit denen der neue OB Just wird umgehen müssen.
Anm. d. Red.: Herr Just hat als einziger Kandidat bei uns Werbung geschaltet. Dafür danken wir aus geschäftlicher Sicht. Bei uns wird strikt zwischen Redaktion und Werbung getrennt. Festzustellen ist, dass kein anderer Kandidat bereit war, aus welchen Gründen auch immer, Werbegelder an uns zu geben, die wiederum unsere journalistische Arbeit bezahlen. Auch, wenn es keinen Einfluss gibt. Journalismus ist keine Dienstleistung, die sich wundersamerweise von selbst finanziert, sondern kostet Geld. Unser Angebot ist überwiegend werbefinanziert und darüber hinaus durch kostenpflichtige Artikel und freiwillige Spenden von Leser/innen.
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