Heddesheim/Rhein-Neckar, 02. November 2015. (red/pro) Bis zu 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze hatte „Pfenning“ der Gemeinde Heddesheim versprochen. „Erhebliche Gewerbesteuerzahlungen“. Bürgermeister Michael Kessler freute sich, dass „die Zukunft Heddesheims gesichert ist“ und war laut Mannheimer Morgen ein „glücklicher Bürgermeister“. Doch das „Lächeln“ dürfte dem herrischen Bürgermeister längst vergangen sein. Das Projekt „Pfenning“ entwickelt sich von Jahr zu Jahr schlechter und ist (nicht nur) sein persönliches Desaster.
Von Hardy Prothmann
Nein, es macht keinen Spaß „Recht zu behalten“. Wer unsere Berichterstattung von Anfang an verfolgt hat, weiß, dass „Pfenning“ der Ursprung für das „Heddesheimblog“ war. Weitere Angebote für die Gemeinden im Landtagswahlkreis Weinheim folgten und gingen Anfang 2015 insgesamt im Rheinneckarblog.de auf.
Es begann mit einer Recherche…
Anfang 2009 berichtete die Lokalzeitung Mannheimer Morgen euphorisch über eine „100-Millionen-Euro-Investition“:
Sie sehen einen insgesamt rundum glücklichen Bürgermeister“, freute sich Heddesheims Ortsoberhaupt Michael Kessler gestern vor den versammelten Medienvertretern im Sitzungssaal des Bürgerhauses. Der Grund für seine Freude: Der Viernheimer Logistik-Dienstleister Pfenning zieht nach Heddesheim (wir berichteten bereits im Wirtschaftsteil). Im nördlichen Teil des Gewerbegebiets will das Unternehmen für rund 100 Millionen Euro ein neues Logistikzentrum errichten und überdies seine Zentrale ansiedeln,
schrieb die für Heddesheim zuständige Lokalredakteurin Anja Görlitz, die sich bislang weder durch eine fundierte Wirtschaftsberichterstattung noch sonstwie hervorgetan hatte. „Pfenning“ war irgendwie auch ihr Projekt – geradezu jauchzend positiv war ihre Berichterstattung in der Folgezeit. Pfenning-Kessler-Görlitz – irgendwie war das alles „eins“. Ein „Dream-Team“.
Am 28. April 2009 erschien mein erster Bericht zu „Pfenning“: „Alles gut oder alles schlecht mit Pfenning in Heddesheim?“ Beschrieben wird ein Konglomerat aus lokalen Politikern, Pfenning und regionalen Medien, die der Öffentlichkeit ein „Projekt“ verkaufen wollen – doch viele Bürger ziehen nicht mit.
Es kam zu einem beispiellosen Aufwand, um das Projekt „Pfenning“ durchzuziehen. Der Stachel im Fleisch war das „Heddesheimblog“ mit einer ungewohnten „Gegenöffentlichkeit“ – was vollkommener Quatsch ist, denn das Heddesheimblog hat niemals „gegen die Öffentlichkeit“ berichtet, sondern immer „für die Öffentlichkeit“.
Doch „Öffentlichkeit“ war bislang die Monopol-Zeitung Mannheimer Morgen oder der SWR – alle, die anders als diese „Meinungsführer“ berichteten, mussten also „gegen“ sein. Seis drum. Sogar das „IFOK“ – ein Spin-Doctor-Unternehmen für „heikle Aufgaben“ wurde eingesetzt, um die Stimmung in der Bevölkerung zu drehen.
Am 29. April erschien auf dem Heddesheimblog eine Zusammenfassung von Artikeln im Mannheimer Morgen aus den Jahren 2000-2007. Artikel, aus denen die Zeitung selbst bis heute niemals mehr nachvollziehbar berichtet hat. Warum nur? Hätte eine Zitation nicht zu der Jubelberichterstattung gepasst?
Das war unser zweiter Artikel: „Was heißt bedeutend?“ Damals berichtete der Mannheimer Morgen nur negativ über „Pfenning“ und war plötzlich scheinbar außerstande, im eigenen Archiv zu recherchieren und Bezüge herzustellen.
Unser dritter Artikel reportierte die Stellungnahmen der Fraktionen CDU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen. Alle hatten für „Pfenning“ gestimmt. Alle waren mit „im Boot“. Bis heute fehlt jegliche Distanzierung von den eigenen Fehlentscheidungen.
Am 1. Mai 2009 berichtete ich über eine Weigerung der Heddesheimer Verwaltung, Einsicht in das Grundbuch zu nehmen. Das ist bis heute nur auf dem Klageweg möglich – wenn Sie als Leser/in möchten, dass wir klagen, dann geben Sie uns Geld dafür.
Harte Zahlen
Für das Jahr 2007 behauptete „Pfenning“ einen Umsatz von rund 210 Millionen Euro. Laut Bundesanzeiger waren aber nur 175 Millionen ausgewiesen.
Seitdem geht es mit den Umsätzen rapide bergab.
2011 – 159.761.682,45 Euro
2012 – 150.996.639,14 Euro
2013 – 146.010.431,44 Euro
7,23 Millionen Euro Verlust in 2013 – und keine Erfolgsmeldungen
Diese „Zukunftsinvestition“ für die Gemeinde Heddesheim hat also laut veröffentlichten Konzernbilanzen 29 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2013 gegenüber 2007 verloren. Das Geschäftsjahr 2013 schließt die KMP Holding GmbH mit einem Fehlbetrag von -7.238.190,12 Euro ab. Hätte die Firma mittlerweile wieder „Erfolg“, hätte man das „kommuniziert. Doch es gibt keine Erfolgsmeldungen. Auch in den Vorjahren fährt Pfenning Verlust ein – wenn es mal „Gewinne“ gibt, liegen die unterhalb einer Kapitalrendite von einem Prozent. Das ist eine „Undead-Unternehmung“, eigentlich tot, aber Zoombie-gleich noch am Werkeln.
Gleichzeitig steigen die Verbindlichkeiten:
2011 – 32.192.812,38 Euro
2012 – 36.466.001,41 Euro
2013 – 49.213.271,51 Euro
„Bis zu 1.000 neue Arbeitsplätze“ wurden versprochen. Das sind die konkreten Zahlen:
2011 – 1.810 Mitarbeiter
2012 – 1.740 Mitarbeiter
2013 – 1.640 Mitarbeiter
1.000 zusätzliche Arbeitsplätze? Es sind -170
Der Umsatz geht massiv nach unten, die Verbindlichkeiten steigen rasant, die Mitarbeiter werden „abgebaut“. Auch dieser Bericht war im Heddesheimer Gemeinderat kein Thema: „Was Herr Kessler nicht über „Pfenning“ wissen möchte„.
In Summe sind also 170 Personen in den genannten Zeiträumen weniger beschäftigt. Höchststand war übrigens 2008 mit 1.852 Beschäftigten. Wie es 2014 oder 2015 aussieht? Niemand weiß es bislang. Was man hört, werden „Leiharbeiter aus anderen Ländern“ vorgefahren, wenn es „etwas zu tun gibt“. Beschäftigte sind das nicht, sondern Lohnsklaven. Heute Job, morgen nichts.
Was man weiß: Die gefürchtete Zunahme des Lkw- und Pkw-Verkehrs ist nicht eingetroffen. Kein Wunder – die Geschäfte laufen ja auch immer mieser, was zu weniger Verkehr führt.
„Erhebliche Gewerbesteuerzahlungen“ sollte es geben. Dazu hat die Gemeinde Heddesheim wegen des „Steuergeheimnisses“ schon früher keine Auskünfte gegeben und wird es auch in Zukunft nicht tun.
Der Absturz des „GröBaZ“ Michael Kessler
Die Gemeinde Heddesheim hat unter höchstem Einsatz des amtierenden Bürgermeisters Michael Kessler das „Filetstück“ im Gewerbegebiet an eine Firma veräußert und andere zur „Veräußerung“ veranlasst, an eine Firma, deren Unternehmenszahlen über die Jahre gesehen nur einen massiven Trend nach unten erkennen lassen. Verantwortlich sind neben dem Bürgermeister auch der überwiegende Teil des Gemeinderats. Und es gibt nicht wenige, die ordentlich „Profit“ gemacht haben – mittelbar oder unmittelbar.
200.000 Quadratmeter allerbester 1-a-Gewerbefläche wurden für ein „Projekt“ verschleudert, das weder Arbeitsplätze gebracht hat, noch „erhebliche Gewerbesteuerzahlungen“. Und schon gar keine „Zukunftssicherung“.
Bürgermeister Michael Kessler wollte der „GröBaZ“ sein. Der größte Bürgermeister aller Zeiten – eine angebliche 100-Millionen-Euro-Investition hat ihm, auch im Gedenken an seinen „Übervater“ Fritz Kessler scheinbar den Verstand geraubt.
Die Hände reibt sich Karl-Martin Pfenning, der nach unseren Recherchen rund 15 Millionen Euro Gewinn durch das Grundstücksgeschäft gemacht hat. Denn lange bevor der „Multicube Rhein-Neckar“fertig gebaut war, wie das wenig bis gar nicht lukrative Logistikzentrum genannt wird, hatte der „regional-verwurzelte Unternehmer“, der laut Mannheimer Morgen eine „Generationeninvestion“ getätigt haben sollte, das „Projekt“ an einen Immobilienfonds verkauft. Wir hatten exklusiv berichtet.
„Pfenning“ ist die traurige Geschichte von gierigen, aber unverständigen Gemeinderäten und einem Bürgermeistersohn im Schatten eines „glorreichen“ Vaters, der möglicherweise übertroffen werden sollte. Aber auch von „Bürgern“, die der „Macht“ folgen. Und noch mehr Bürgern, die das alles nicht interessiert. Und einer Zeitung, die nur so tut, als würde sie „wahrhaftig“ berichten, aber tatsächlich ohne Recherche und Kompetenz auskommt.
Das ist, mit Verlaub, nur eine Meinung. Aber eine, an die Bürgermeister Michael Kessler in seiner dritten Amtszeit jeden Tag erinnert wird, wenn er über den „Fritz-Kessler-Platz“ vor dem Heddesheimer Rathaus läuft, um sein Amtszimmer zu betreten. Es wird fraglich sein, ob es jemals eine Michael-Kessler-Straße geben wird – und wenn, führt sie womöglich aus dem Ort hinaus.
Gegenöffentlichkeit? So ein Quatsch – wir stellen Öffentlichkeit über Verfehlungen her
Sein Vater hat aus dem schlammigen Dorf Heddesheim der 50-er-Jahre eine Gemeinde gemacht. Er hat das Sportzentrum, den Baggersee und das Hallenbad auf den Weg gebracht. Die Hochhäuser bauen lassen. Die Wohlfahrtsinvestitionen sind Kostenträger, für die man den „alten Fritz“ rühmt, die aber die Gemeindekasse belasten. Der Sohn wollte mehr – und hat alles verspielt. Weil er den „Hauptgewinn“ wollte – alles auf einmal. Unterm Strich kostet er die Gemeinde möglicherweise mehr als der „Papa“ – geplant war das so nicht.
Den Rest seiner Amtszeit wird Michael Kessler damit zubringen, auf die Nachricht zu warten, wann „Pfenning“ abgewickelt wird. Täglich in der Hoffnung, dass er keinen Schaden nimmt – dabei ist er verantwortlich, auch wenn es nach seiner aktiven Zeit soweit kommen sollte. Denn er hat zur Amtszeit wissen können, dass er einen massiven Fehler macht.
Aktuell ist mit Hallen für Flüchtlinge viel Geld zu machen – mal schauen, ob das eine neue „Option“ für Heddesheim und „Pfenning“ wird. Für die Zukunft. Und so.
Der Mannheimer Morgen hat übrigens seine „Jubel-Berichterstattung“ eingestellt – möglicherweise frei nach dem Motto: Was nicht berichtet wird, findet auch nicht statt.
Nein, es macht keinen „Spaß“, ein vorhersehbares Desaster zu berichten. Es macht auch keinen Spaß zu erkennen, dass „Qualitätsmedien“ keinen Funken Ehre in sich tragen und sich für eine vollständig unzureichende Berichterstattung nicht entschuldigen. Auch der Mannheimer Morgen hat mit seiner „Berichterstattung“ massiv dazu beigetragen, dass die Entscheidung „für Pfenning“ gefallen ist. Leider ist bis heute eine anständige und verantwortliche Korrektur nicht erfolgt.
„Pfenning“ ist für Heddesheim ein Desaster. Die Menschen vor Ort können einem leid tun – sie wurden getäuscht. Ob aus Hybris, Inkompetenz oder verächtlicher Vorsätzlichkeit ist mittlerweile egal. „Pfenning“ hat keine Zukunft. Und Heddesheim mit „Pfenning“ schon gar nicht. Bürgermeister Michael Kessler, im MM am 05. Februar 2009, hat bis heute diese Aussage nicht zurückgenommen:
Der monatelange erhebliche Einsatz der Verwaltung hat sich gelohnt“, bilanzierte Kessler, dankte den (Noch-)Grundstücksbesitzern für ihre Mitwirkung und Bauamtsleiter Reiner Haas, der geholfen habe, viele „holprige Wege“ zu ebnen. „Wir sind stolz, so ein großes und bedeutendes mittelständisches Familienunternehmen für Heddesheim gewonnen zu haben.
Wäre Bürgermeister Michael Kessler ein ehrlicher Mensch, müsste er heute sagen:
Der jahrelange Einsatz der Verwaltung ist ein Misserfolg. Ich danke allen, die sich eingesetzt haben, aber ich muss feststellen, dass wir nicht auf einem holprigen, sondern auf einem Holzweg waren. Dem Stolz ist die Einsicht gefolgt. Ich persönlich habe einen großen Fehler gemacht, den man mir verzeihen möge. Ich wollte nur Gutes, aber die Dinge haben sich anders entwickelt.
Falls Herr Kessler oder die Bürger Heddesheim nicht wissen, „was Sache war“, sollten sie nochmal den Geschäftsführer Nitzinger hören – „deutlich sechsstellige Gewerbesteuerzahlungen“ und was niemandem versprochen worden ist:
Und Bürgermeister Kessler zum „Wohlstand der Gemeinde“ – „Wir haben versucht, alle Fakten offenzulegen“. Das ist belegbar falsch – Herr Kessler hat niemals unsere Recherchen und Veröffentlichungen ernsthaft öffentlich zur Debatte gestellt – sondern nur „Fakten“ seiner Verwaltung und ihm „gesonnener“ Medien:
Anm. d. Red.: Wir sind gespannt, ob, wann und wie der Mannheimer Morgen über die Lage von „Pfenning“ berichtet. Lassen wir uns überraschen.
Journalismus kostet Geld – haben Sie für unser Angebot schon bezahlt?
Dann tun Sie das endlich und machen andere Menschen auf unser Angebot aufmerksam. Und wir freuen uns über Ihre finanzielle Unterstützung als Mitglied im Förderkreis – Sie spenden für informativen, hintergründigen Journalismus, den Sie sonst nicht bekommen. Hier geht es zum Förderkreis.