Walldorf/Heidelberg, 04. Februar 2018. (red/pro) Wie die Polizei auf Nachfrage am Sonntag mitteilte, ermittelt die Kriminaldirektion Heidelberg zum Fall eines in der Nacht von 30. auf 31. Januar verstorbenen sechs Jahre alten Jungen aus Walldorf. Über soziale Netzwerke kursieren seit Tagen Gerüchte über ein angeblich unbekanntes und tödliches Virus.
Der Tod des Jungen, der Schüler der Schillerschule in Walldorf war, hat für große Unruhe bei anderen Eltern geführt, weil Gerüchte über eine angebliche Viruserkrankung die Runde machten – wie so häufig über soziale Netzwerke und Whatsapp. Zwei Kinder sollen gestorben sein. Das ist zutreffend. Nicht aber die darum gestrickte Verschwörungstheorie, wie Sie weiter unten im Text lesen.
Grundsätzlich ermittelt die Polizei in alle Richtungen und prüft die Umstände, die zum Tod des Jungen geführt haben,
teilt die Polizei als “Sprachregelung” mit, die offenbar von der Staatsanwaltschaft Heidelberg so angeordnet worden ist, falls Medienvertreter nachfragen. Zum Verständnis: Die Polizei gibt solange Auskunft an die Medien, bis eine Staatsanwaltschaft ein Verfahren an sich zieht. Aber diesem Zeitpunkt geben meist nur noch die Staatsanwaltschaften Auskunft. Diese sind in aller Regel am Wochenende nicht zu erreichen.
Todesermittlungsverfahren eingeleitet
Wir haben angefragt, weil bei unklaren Todesfällen immer Ermittlungen aufgenommen werden. Laut Polizei richten sich die Ermittlungen noch nicht gegen eine oder mehrere konkrete Personen. Zunächst muss die Todesursache geklärt werden und danach wird geprüft, ob jemand verantwortlich gemacht werden kann.
Ob die Staatsanwaltschaft Heidelberg die Beschlagnahme der Leiche angeordnet hat, was eigentlich typischerweise gemacht wird, ist unklar. Die Stadt Walldorf und das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis informierten mit sehr kurzen Stellungnahmen, dass es “bislang keine Anzeichen für eine ansteckende Krankheit” gebe.
Das Gesundheitsamt im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis, das auch für den Stadtkreis Heidelberg zuständig ist, recherchiert aktuell die medizinischen Hintergründe des Todes eines Jungen aus Walldorf. Dieser wurde zu Wochenbeginn wegen einer unspezifischen Erkrankung im Universitätsklinikum Heidelberg behandelt. Der Junge ist aber mit seinen Eltern wieder nach Hause zurückgekehrt. Er verstarb überraschend am 30. Januar. Das Universitätsklinikum Heidelberg arbeitet gemeinsam mit dem Gesundheitsamt mit Hochdruck daran, die genauen medizinischen Gründe festzustellen. Bislang gibt es keine Anzeichen für eine ansteckende Erkrankung. Sobald es neue Erkenntnisse über die Art der Erkrankung des Kindes gibt, wird das Gesundheitsamt die Öffentlichkeit informieren,
teilte das Landratsamt mit.
Die Universitätskinderklinik hat eine eindeutige Diagnostik erstellt und eine klare Behandlungsempfehlung ausgesprochen. Die Mutter hat jegliche Behandlung abgelehnt und das Kind gegen ärztlichen Rat mitgenommen,
zitiert die Rhein-Neckar-Zeitung eine angefragte Auskunft des Universitätsklinikums Heidelberg.
Unglückliche Öffentlichkeitsarbeit
Damit muss man die Öffentlichkeitsarbeit mindestens als “unglücklich” bewerten. Denn einerseits stehe die Todesursache nicht fest, andererseits will das Klinikum vor dem Tod des Jungen eine eindeutige Diagnose erstellt haben und nun “recherchiere” das Gesundheitsamt. Warum wird weder vom Landratsamt, noch von Polizei oder Staatsanwaltschaft aktiv mitgeteilt, dass auch die Polizei Ermittlungen aufgenommen hat?
Behördlicherseits muss man erwarten können, dass auch am Wochenende Öffentlichkeitsarbeit gemacht wird – damit eben Fake News nicht ungestört die Runde machen können. Insbesondere bei Gerüchten, die Hysterien auslösen, braucht es eine aktive Krisenkommunikation und nachvollziehbare Informationen.
Fünf Todesfälle – alle tragisch, aber unabhängig voneinander
Nach unserer Einschätzung ist eine Panik vollständig unbegründet. Es gab im Saarland Mitte Dezember und Mitte Ende Januar zwei Todesfälle. Ein vier und ein fünf Jahre altes Mädchen sind infolge einer H1N1-Infektion (“Schweinegrippe) verstorben. Weiter gab es in der jüngeren Vergangenheit zwei Todesfälle nach einer Meningokokken-Infektion im Kreis Bergstraße und einer im Enzkreis. Jetzt den Todesfall von Walldorf. Keiner der Todesfälle hängt mit einem anderen zusammen – hier also von “unbekannten” Viren zu sprechen oder “Epidemien” entbehrt jeder Grundlage.
Der aktuell einzig erkennbare Zusammenhang ist, dass man über das Internet von mehreren, weit voneinander entfernten Todesfällen erfährt und es Leute gibt, die daraus einen Zusammenhang konstruieren. Ein weiterer Zusammenhang ist, dass es offenbar viele Menschen gibt, die über keinerlei Medienkompetenz verfügen und sich mit wohligem Gruseln an der Weiterverbreitung von Blödsinn erfreuen.
Fake News sind der eigentliche Virus
Die Krankheitsursachen sind mysteriös, sondern im Gegenteil bekannt. Die Todesfälle sind tragisch, aber sie kommen eben vor. Wer anonyme Nachrichten weiterverbreitet, verhält sich geradezu vorsätzlich unverantwortlich und schürt Ängste, die man nicht haben muss. Der Ablauf der Hysterie folgt einem bekannten Schema, beispielsweise der immer wiederkehrenden Meldung, man habe einen “weißen Bus” beobachtet, es würden Kinder angesprochen, Eltern sollten aufpassen, denn Kinderschänder seien unterwegs. Und immer wieder fallen Leute auf den Blödsinn herein.
Selbstverständlich kümmern sich die Behörden um Aufklärung – schon aus rechtlichen Gründen. Wenn eine Gefahr vorliegen würde, über die die zuständigen Ämter nicht informieren und nicht geeignete Maßnahmen anordnen würden, könnte man die Verantwortlichen juristisch belangen – glaubt wirklich jemand, dass Behördenleiter vorsätzlich Gefahren verschweigen und sich damit strafbar machen würden? Es ist von Vorteil, einen gesunden Menschenverstand einzusetzen.
Im vorliegenden Fall wird zu prüfen sein, wieso die laut Universitätsklinikum mögliche Behandlung des Jungen nicht erfolgt ist und wer dafür die Verantwortung trägt. Eltern sollten sich nicht durch unseriöse Gerüchte in Panik versetzen lassen. Montag ist wieder Schule, die Kitas öffnen und laut Behörden gibt es keinerlei Anlass zur Besorgnis.
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