Rhein-Neckar, 31. März 2020. (red/pro) In Zeiten der Krise braucht es Mitmenschlichkeit, Barmherzigkeit, ein Lächeln, mindestens ein Geste. “Wir müssen doch irgendetwas tun können?”, fragen sich viele und andere machen einfach mal was. Ob das mit Sinn und Verstand geschieht, steht auf einem anderen Blatt. Den meisten “Helfern” geht es schlicht um Selbstinszenierung oder die Erregung von Aufmerksamkeit, um ihr Inneres endlich mal nach außen kehren zu können. Quatsch ist und bleibt allerdings Quatsch.
Von Hardy Prothmann
Frage: Was gibt es Ehrenvolleres, als Mitmenschen zu helfen. Antwort: Nichts.
Eine mitmenschliche Geste ist grundsätzlich absolut bis hin zur Radikalität. Und umgeben von einem Sakral. Wenn diese Geste auch noch “uneigennützig” sein sollte, ist jede Kritik daran ein absolutes Tabu.
Willkommen in der totalitären Gesellschaft der Barmherzigkeit.
Wer auch nur ansatzweise es wagt, die Barmherzigkeit von vielen oder wenigen, die sich medial inszenieren, in Frage zu stellen, ist dem pseudoreligiösen Pranger ausgeliefert: Wie kannst Du es wagen? (How dare you?)
Ganz einfach – ich kann das nicht nur wagen, sondern einfach tun. Und dazu Fakten nennen.
Kein Obdachloser in Deutschland muss verhungern oder erfrieren oder an Infektionen sterben. Punkt.
Es sind vor allem “die Medien” und immer wieder dieselben Akteure, die manchmal von Newcomern ergänzt werden, die immer und immer wieder das Narrativ des “armen, bemitleidenswerten, ausgelieferten, hilflosen” Obdachlosen bedienen.
Der Grund ist klar: Emotionale Ansprache. Das funktioniert insgesamt wie die TTT-Erfolgsformel der Bild-Zeitung. Tiere, Titten, Tote. Geht immer.
Tatsache ist, dass die Kommunen in aller Regel für alle ihnen bekannten Obdachlosen sowohl Unterkunft als auch Ernährung bereit halten. Dazu gehört nicht, sich wie ein Berserker aufzuführen. Dazu gehört nicht der Konsum von Alkohol, Zigaretten oder Drogen.
Tatsache ist auch, dass ein Teil der Obdachlosen keines der kommunalen Angebote annimmt, außer, man befindet sich mal in einer besonders schlechten Lage oder es wird halt wirklich “arschkalt”.
Es gibt viele Gründe, warum manchen Menschen nicht nur Obdachlosigkeit droht, sondern diese tatsächlich eintritt. Die meisten versuchen, diesen Zustand schnellstmöglich zu überwinden – andere nicht. Aus welchen Gründen auch immer.
Obdachlose kommen aus allen Schichten. Es gibt sehr gebildete und sehr dumme Menschen darunter. Es gibt solche, die kein Problem mit Alkohol und Drogen haben, andere erhebliche.
Wer nicht mehr obdachlos sein will, muss das nicht sein.
Die aktuell grassierenden “Gabenzäune” sind kompletter Quatsch und möglicherweise sogar gefährlich. Wird hier verderbliche Ware eingepackt, kann das Mahl schnell zu körperlichen Problemen führen.
Mal abgesehen davon, dass niemand kontrolliert, wer “obdachlos” ist und wer einfach nur schaut, ob es hier etwas “Verwertbares” zu finden gibt.
Es gibt gute Gründe, warum es in Deutschland Hygienegesetze gibt und Waren und deren Austausch gekennzeichnet werden muss. Den ehrbaren Gabengebern ist das herzlich egal – entweder wissen diese nichts davon, haben nicht drüber nachgedacht oder wollen nicht drüber nachdenken, denn es geht ja darum “etwas zu tun”.
Man kann immer viel tun, und dabei jede Menge Mist verzapfen. Insbesondere, wenn man sich nicht auskennt, sich nicht kundig macht und schon gar keine Fragen stellt und Fakten insgesamt ignoriert.
Das gilt auch für die Balkonmusikanten. Sie inszenieren sich selbst, statt irgendetwas Sinnvolles zu tun. Es ist ihnen komplett egal, ob nebenan die Krankenschwester, der Assistenzarzt, der Polizeibeamte, der Pfleger, der Lkw-Fahrer, die Kassierin gerade versucht zu schlafen, Kraft zu tanken, um erneut “alles zu geben”.
Wer diese selbstherrlichen Besserbürger kritisiert, der ist dann sofort ein Rassist, ein Faschist, ein, och ist mir doch egal, lassen Sie sich halt irgendeine Beschimpfung einfallen.
Hauptsache, man selbst fühlt sich gut und überlegen.
Und hat etwas getan.
Und wenn auf “Emo” konzentrierte Medien den Mist dann auch völlig kritiklos berichten, dann muss das “Etwas” doch wertvoll sein – oder nicht?
Das Kommunen Gabenzäune abräumen, ist dann der nächste Aufreger. Oder Balkonmusik verbieten. Wie skandalös ist das denn bitte?, titeln dann die Medien, die nur die nächste Schlagzeile suchen und denen solide Information oder kritische Einordnung völlig ist.
So bilden sich dann in asozialen Medien weitere Blasen, die die Menschen noch mehr konfus machen, als es nötig ist.
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