Heidelberg, 20. September 2018. (red/pro) Ein 17 Jahre alter Deutsch-Türke und ein 20-jähriger Türke sind auf Antrag der Staatsanwaltschaft Heidelberg am Mittwochabend in Haft genommen worden. Den zwei Haupttatverdächtigen wird vorgeworfen, einen 36-jährigen Deutschen in der Nacht auf den 19. August in der Heidelberger Innenstadt fast tot getreten zu haben. Vor allem der 17-Jährige soll „stampfend“ immer wieder auf den Kopf des am Boden liegenden Mannes eingetreten haben. Dieser erlitt multiple Brüche im Gesicht.
Von Hardy Prothmann
Soviel ist sicher: Das Opfer ist derart brutal zusammengetreten worden, dass nur glückliche Umstände nicht zu seinem Tod geführt haben. Aus Polizeikreisen heißt es, dass der Verletzte „fürchterlich“ aussah. Durch die massiven und gezielten Tritte auf den Kopf, erlitt das Opfer mehrere Frakturen im Gesicht- und Kopfbereich. Die gute Nachricht: Der Mann ist auf dem Weg der Besserung.
Gut einen Monat brauchten die Ermittler, bis insgesamt sechs Tatverdächtige ermittelt worden sind. Der 17-Jährige und der 20-Jährige gelten als Haupttäter, zwei weitere sind 16 Jahre alt, einer 18 Jahre und einer 20 Jahre. Drei haben einen Migrationshintergrund, einer ist „Bio-Deutscher“. Laut Polizei kennt man die Personen bereits.
Aktuell wird wegen versuchten Totschlags ermittelt – dies könnte sich ändern, wenn Mordmerkmale wie Heimtücke festgestellt werden können. Dafür gibt es möglicherweise Anlass, denn die mindestens sechs Tatverdächtigen verfolgten das Opfer, das sich nach einer verbalen Auseinandersetzung in einem Schnellrestaurant in der Rohrbacher Straße bedroht fühlte, gut 500 Meter, bis die jungen Männer ihr Opfer in der Poststraße stellten und „ohne Rücksicht auf Verluste“ zusammenschlugen.
Nach derzeitigem Ermittlungsstand sollen der 17-Jährige und der 20-Jährige sowie möglicherweise noch weitere Männer auf den 36-Jährigen eingeschlagen haben, der daraufhin zu Boden ging. Danach soll zumindest der 17-Jährige zielgerichtet und mit stampfenden Bewegungen gegen den Kopf des 36-Jährigen getreten haben. Zudem steht der 20-jährige Beschuldigte im dringenden Verdacht, ebenfalls gegen den Kopf des 36-Jährigen getreten zu haben. Die dringend Tatverdächtigen sollen hierbei in Kauf genommen haben, dass ihr Opfer durch die Tritte multiple Frakturen im Mittelgesichtsbereich erleidet und durch die Kopftritte tödlich hätte verletzt werden können,
beschreibt eine gemeinsame Pressemitteilung von Staatsanwaltschaft Heidelberg und Polizeipräsidium Mannheim den mutmaßlichen Tathergang.
Im Anschluss an die massive Attacke ließen die Tatverdächtigen ihr Opfer liegen und flüchteten.
Durch intensive Ermittlungen, unter anderem Videoauswertungen, gelang der Polizei die Identifizierung der tatverdächtigen Schläger. „Wir sind froh, dass wir wenigstens zwei von denen von der Straße haben“, teilte uns ein Beamter mit.
Der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Heidelberg erließ wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gegen beide Beschuldigte Haftbefehl wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr.
Heidelberg ist seit längerem auffällig durch massive Gewalttaten in der Innenstadt, insbesondere am Wochenende. Die frühere Polizeidirektion Heidelberg befindet sich nur einige hundert Meter vom Tatort entfernt. Seit Monaten gibt es im Rahmen einer „Sicherheitspartnerschaft“ mit dem Land Baden-Württemberg zusätzliche Beamte in der Stadt – diese konnten die Tat weder verhindern, noch die Täter unmittelbar festnehmen. Immerhin kann die Polizei nun einen Ermittlungserfolg verkünden und wie ein Beamter richtig feststellte, kann man froh sein, dass die mutmaßlichen Gewalttäter erstmal niemandem mehr ein Leid zufügen können.
Erschütternd ist, wie sehr solche Auseinandersetzungen eskalieren und mit welcher Kaltblütigkeit selbst der Tod eines Menschen wegen Nichtigkeiten in Kauf genommen wird.
Im Vergleich zu einer Schlägerei vor kurzem in Wiesloch, die einen fremdenfeindlichen Hintergrund haben könnte, ist dort nicht viel passiert. In Heidelberg hätte in dieser Nacht ein Menschen sterben können. Niemand geht – anders als in Wiesloch – deshalb auf die Straße.