Hemsbach, 19. Februar 2015. (red/ld) Edda Brehm war bis zu ihrer Pensionierung vor knapp acht Jahren Rektorin der Hebel-Grundschule in Hemsbach. Im Ruhestand wirkt sie weiter in die Welt hinaus: Beim Bau eines Krankenhauses in Peru oder bei der Gründung von Schulen in Burkina Faso. In ihrer Familie war sie die verantwortungsvolle, älteste Schwester. Diese Rolle füllt sie bis heute aus.
Projekte machen: Das liebe ich.
sagt Edda Brehm von sich selbst. Seit knapp acht Jahren ist die frühere Rektorin der Hemsbacher Hebel-Grundschule im Ruhestand, aber dafür keineswegs ruhiger geworden. Im Gegenteil. Sie leitet die Hemsbacher Gruppe der Peru-Partnerschaft der Erzdiözese Freiburg, ist als Mitglied bei Soroptimist International am Aufbau von Schulen in Burkina Faso beteiligt und setzt sich mit dem Förderverein für die alte Hemsbacher Synagoge ein und beim BUND für den Erhalt der Natur. Der Frage, was sie alles macht, würde eine sehr lange Antwort folgen. Die Antwort auf „Was macht sie eigentlich nicht?“ ist viel kürzer.
Schon als Rektorin der Hebel-Grundschule, von 1984 bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2007, startete sie Projekte: Die Schulpartnerschaft mit der französischen Gemeinde Gondreville in Lothringen gehört dazu. Zuerst habe sie Französisch-Unterricht angeboten: „Diese Fremdsprache an einer Grundschule! Das war toll.“ Dadurch sollten die Kinder Hemmnisse vor einer fremden Kultur und Sprache gar nicht erst aufbauen. Später sei dies schwieriger, sagt Frau Brehm. Durch Zufall sei dann eine Rektorin aus Frankreich auf die Hebelschule aufmerksam geworden und hatte Edda Brehm angesprochen.
„Dieser kleine Junge, der schon Trompete spielte …“
Für einen längeren Austausch mit Übernachtung seien die Schüler/innen in der 3. und 4. Klasse zwar noch zu jung gewesen. Aber Gondreville liegt nahe genug, um Tagesausflüge dorthin zu unternehmen. „Wir sind morgens mit den Schülern hingefahren und abends zurück“, erzählt Frau Brehm und ihre Augen strahlen. Vor allem wenn sie von ihren Schülern erzählt: „Es gab da diesen kleinen Jungen, der schon Trompete spielen konnte. Und dann spielte er „Freude schöner Götterfunken““, sagt sie und gerät ins Schwärmen.
Danach kamen weitere Projekte dazu: Das Projekt „Vertragen statt Schlagen“ zur Gewaltprävention beispielsweise sowie die Leseinsel für Kinder, die in der 1. Klasse nicht richtig lesen gelernt hatten. Oder die Schach-AG in Kooperation mit dem Hemsbacher Schachclub, durch die sie höher begabte Schüler/innen ansprechen wollte.
Durch die „Bildungskatastrophe“ zur Lehrerin
Edda Brehm ist die älteste von sechs Geschwistern. Sie übernahm schon früh Verantwortung für andere. Wollte immer helfen. Dies sei der Grund für sie gewesen, Lehrerin zu werden. Das war im Jahr 1964 als Georg Picht die „Bildungskatastrophe“ ausrief, erzählt sie. Anschließend sei die Ausbildung für Lehrkräfte verbessert worden. Man habe nach neuen Lehrern gesucht und Werbung für den Beruf gemacht, indem man Abiturienten die neuen Pädagogischen Hochschulen gezeigt hat.
„Das hat mir gefallen“, sagt Frau Brehm. Vor allem die neue, offene Art mit den Kindern umzugehen. Sie studiert Kunst, Deutsch und Biologie in Würzburg und Berlin. Im Jahr 1973 wird sie Lehrerin an der Hebelschule, im Jahr 1977 Konrektorin. Im Jahr 1984 wird sie schließlich Rektorin.
Von der neuen Gemeinschaftsschule hält sie sehr viel: „Die kümmern sich richtig gut um die Kinder“, sagt sie. Dass die Friedrich-Schiller-Schule in Hemsbach genehmigt wurde, liege viel am Engagement der jetzigen Rektorin Christin Hoffmann. Sie habe sich dafüßr stark gemacht. Vor allem trage die Schulform dazu bei, eine Spaltung der Gesellschaft zu mildern: „In der Grundschule kommen Kinder unterschiedlicher sozialer Herkunft zusammen.“
Vor allem um Menschen der unteren Schicht kümmert sich Frau Brehm mit der Peru-Partnerschaft der katholischen Kirche mit der Stadt Santo Tomàs. „Das ist mein Lieblingsprojekt“ sagt sie. Dafür sei sie damals angesprochen worden. Denn man habe ja gewusst, dass sie sich überall engagiere. Im Jahr 1997 sei sie dann zum ersten Mal nach Peru gefahren: „Eine ganz andere Welt. Mit Hemsbach hat das nichts zu tun.“
Damals habe es in der kleinen Stadt, die 4.000 Meter über dem Meeresspiegel liegt, noch keinen Strom gehabt. Wasser ist rar. Stattdessen ist die Arbeitslosigkeit hoch. Manche Männer graben in den Bergwerken nach Kupfer, Zink, seltenen Erden. Abgebaut werden die Stoffe mit Quecksilber, das anschließend ins Wasser gelangt und manchmal von Kindern getrunken wird.
Dazu komme noch der Klimawandel, durch den das Wetter immer feuchter wird. Die Hütten, deren Ziegel nicht gebrannt sondern nur getrocknet werden, hielten diesem Wetter oft nicht stand und brächen zusammen.
Es entstanden Projekte, um den alten Menschen zu helfen, deren Kinder weggezogen sind, weil sie woanders Arbeit gefunden haben. Mit ihren Grundschülern habe sie damals Geld gesammelt, um eine Mauer um das Dorf zu bauen. Und schließlich sei auch die Verwaltung auf das Engagement aufmerksam geworden und sei zum Handeln gezwungen worden, sagt sie: „Der Bürgermeister hat ein Krankenhaus gebaut. Eigentlich hatte er eine Arena für Hahnenkämpfe bauen wollen.“ Solche Errungenschaften machen sie stolz.
Man muss ja die Welt verbessern. Oder es zumindest versuchen.
Frau Brehm schwärmt, wenn sie von ehemaligen Schülern spricht, die sie manchmal trifft – oder deren Eltern. Und immer wieder erhält sie Nachrichten, ob über Medien oder direkt. „Es ist so spannend zu sehen, was aus ihnen geworden ist“, sagt sie.
Dabei erkennt sie ihre früheren Schüler nur selten wieder. Zu sehr verändern sich die Gesichter im Laufe der Zeit. Für die früheren Schüler/innen sei dies viel einfacher. Aber manchmal erkennt sie sie doch: „Wenn sie lächeln, kommt dieses Kindergesicht wieder hervor“, sagt sie.
Ihre eigenen Kinder sind längst erwachsen und haben eigene Familien: Ihr Sohn lebt als Fotograf in Berlin. Einige seiner Bilder hängen im Wohnzimmer und in der Küche. Ihre Tochter kommt häufiger zu Besuch. Als Familienmensch sei ihr das wichtig, sagt sie. Deshalb wollte sie auch immer ein gutes Verhältnis zu ihren Schülern und deren Familien pflegen: „Wenn ich sie treffen will, fahre ich mit dem Fahrrad von meinem Haus im neuen Teil Hemsbachs in den alten Teil, und gehe dort einkaufen“, sagt sie.
Auf diese Weise lerne sie die Eltern und Schüler/innen auch privat kennen. In der Schule gehe das nicht. Da sei man immer Amtsperson, sagt sie. Auch sonst ist Edda Brehm viel in der Gemeinde unterwegs: „Es ist so schön familiär“, sagt sie. Immer wieder laufe man sich über den Weg: Beim Neujahrsempfang, beim Fischessen des Anglervereins oder einer anderen Veranstaltungen. „Wenn ich nicht hingehen will, muss ich nicht“, sagt sie. Dann spielt sie Klavier oder geht mit ihrem Mann wandern.