Rhein-Neckar/Bayern, 18. Juli 2013. (red/pro) Die regional bekannte Marke Welde greift in Bayern an – die Vertriebsschiene wird über einen Online-Shop (www.derbiershop.com) zwar bundesweit erweitert, aber in Bayern will die preisgekrönte Biermarke große Brauereien mit Guerilla-Aktionen piesacken. Welde proklamiert für sich Seele und Stil – und verhöhnt die großen bayerischen Brauereien, die sich als naturnah feiern, in Wirklichkeit aber seelenlose Industriebierfabriken seien.
Interview: Hardy Prothmann
Herr Dr. Spielmann, Sie haben den Bayerischen Brauern den 1. badisch-bayerischen Weißbierkrieg erklärt. Warum?
Spielmann: Mir geht die Überheblichkeit der Bayern und ihrer TV-Biere gegen den Strich. Mir reicht es schon lange, wie die sich aufführen. Die tun so, als seien sie die einzigen, die gutes Weizenbier brauen können. Dabei bieten sie nur industrielle Massenware an. Unser badisch-bayerischer Weißbierkrieg wird zur Aufklärung beitragen.
„Traditionell? Zünftig? Das können Sie vergessen“
Was meinen Sie mit Überheblichkeit?
Spielmann: Die großen Brauereien dominieren das Fernsehen. Über die Spots wird so getan, als sei alles natürlich, traditionell, heimelig und zünftig. Das können Sie vergessen. Ein Beispiel ist das Schöfferhofer Weizenbier. Den Hof, auf dem eine Familie Schöffer lebt und Bier braut, suchen Sie vergebens. Das ist ein Unternehmen der Radeberger-Gruppe, die wiederum zum Lebensmittelkonzern Oetker gehört. Die Spielereien mit Tradition und das Image einer „Hausbrauerei“ sind alles nur Marketing-Erfindungen.
Das heißt doch aber nicht automatisch, dass man kein gutes Bier brauen kann?
Spielmann: Hier fordere ich alle zum Contest auf. Unser Bier lagert mindestens sechs bis acht Wochen nach der Produktion und hat Zeit zu reifen. Industriebier wird nach einer Woche rausgehauen. Und der Markt wird mit Kunstmarken überschwemmt. Das führt dazu, dass viele von diesen Bieren nur noch über Aktionen verkauft werden. Es geht nicht mehr um Genuss und Freude an einem schönen Bier, sondern um Massenprodukte ohne Seele, möglichst billig.
Billigproduzenten verkaufen die Leute für „dumm“
Erläutern Sie doch mal ein Bier ohne Seele.
Spielmann: Das ist doch der Trend bei den Massenproduzenten. Sie schaffen so eine Art Einheitsbier, verknüpfen das mit verschiedenen Kundenprofilen und verkaufen die Leute für dumm. Sie versuchen immer billiger zu produzieren und auch zu verkaufen. In Amerika haben sich die Großbrauereien gegenseitig gefressen und am Ende gab es nur noch austauschbare Biere, nass, kalt, gelb, aber ohne eigene Note.
Klingt schrecklich.
Spielmann: Es gab eine glückliche Wendung – mittlerweile gibt es jede Menge kleinerer Brauereien, die sich mit viel Liebe um ihre individuellen Biermarken kümmern. Das hat zu einer schönen Belebung geführt – vor allem, weil der Verbraucher das schätzt und die Brauer mit Herz und Seele dadurch Umsätze machen und überleben können.
Nur authentische Biere schmecken wirklich gut
Sie planen auch für Deutschland die Revolution?
Spielmann: Unbedingt. Ich war gerade drei Monate in der Welt unterwegs und habe mich sehr intensiv mit dem Biermarkt befasst, mehrere Dutzend Interviews geführt. Das Ergebnis: Da ist neues Leben drin. Lebensfreude. Es wird Zeit, dass wir das auch in Deutschland wieder haben. Wir brauchen Lebendigkeit, Individualität und Authentizität.
Was ist an einem Bier authentisch?
Spielmann: Natürlich der Geschmack. Und alles, was nötig ist, um diesen Geschmack zu erreichen. Angefangen bei der Unternehmensphilosophie, über das Brauereihandwerk, optimale Produktionsbedingungen und natürlich hochwertige Inhaltsstoffe.
Geschmack ist ja immer individuell – wie kommen die Weldebiere zu ihrem eigenen Geschmack?
Spielmann: Ein sehr wichtiger Grund ist ein historischer. Durch unser Gebiet ziehen ja schon seit früher Zeit Händler mit Gewürzen und neuen Rezepten. Hier war immer was los, wir haben Kontakt in die ganze Welt gehabt, haben ein tolles Klima und vor allem: Eine jahrhundertealte Genusstradition. Es gibt keinen Landstrich mit so verwöhnten Gaumen wie in Nordbaden und der Pfalz – das zeigt allein die Dichte der Sterne-Köche, von denen man die meisten in Baden-Württemberg findet. Wir müssen als Traditionsbrauerei mit einem Top-Geschmack punkten, sonst hätten wir hier keine Chance.
Sie sagten „ein sehr wichtiger Grund“ – welche Gründe gibt es noch?
Spielmann: Wir brauen selbstverständlich nach dem Reinheitsgebot. Wir würden auch komplett auf regionale Produkte setzen, wenn die Qualität stimmt. Wir haben hier zwar tolle Böden, aber nur noch ein Hopfenfeld in Sandhausen – wir kaufen die Ernte exklusiv, aber die Menge reicht natürlich nicht. Also kaufen wir auch Hopfen aus anderen Gebieten, sogar aus dem Ausland – überall nur das Beste, was wir bekommen können.
I pimp up my beer
Sie bieten ja über das Bier hinaus weitere Mischgetränke. Wie bezeichnen Sie diesen Geschäftszweig?
Spielmann: Innovationslust auf Basis der Tradition. Ein schönes Beispiel ist unser Exklusivprodukt „Sportweizen“. Alkoholfrei, erfrischend, ein Durstlöscher und Fitmacher.
Wie kommt man denn auf sowas?
Spielmann: Ich bin in New York den Marathon mitgelaufen. Vorher hab ich einen beobachtet, der nach einem sehr guten Läufer ausgesehen hat. Der hat irgendwas in sein Bier getan. Ich fragte, was er da macht und er meinte „I pimp my beer“ – mit was er gepimpt hat, wollte er nicht verraten. Ich habe später einen Ernährungswissenschaftler gehört, der Bier als ideales Sportgetränk bezeichnet hat – ohne Alkohol und mit weniger Kohlensäure. Ich habe das mit meinem Braumeister besprochen, der hat lange experimentiert, wir geben isotonische Stoffe, Magnesium und Kalzium sowie einen Schuss Bananensaft – herausgekommen ist das Sportweizen. Gesund und erfrischend mit einem tollen Geschmack.
Und was ist mit dem Reinheitsgebot?
Spielmann: Das Bier wird klar nach dem Reinheitsgebot gebraut und danach gemischt, deswegen ist es ein Biermischgetränk.
„Auch Indiander brauen Bier – davon lassen wir uns inspirieren.“
Ist das noch Tradition?
Spielmann: Ja, der Grundstoff dieser neuen Getränke ist unser Traditionsbier. Aber wir müssen uns auch auf die Verbraucher einstellen. Läufer trinken gerne ein leckeres Biermischgetränk – nur Wasser ist langweilig. Bis das Sportweizen fertig war, sind wir auch einen Entwicklungsmarathon gelaufen. Die Kunden goutieren das. Übrigens habe ich gerade ein Buch über einen Indianerstamm gelesen, die brauen auch eine Art Bier aus Mais und ganz exotischen Zutaten. Da recherchiert mein Braumeister gerade, was wir neu entwickeln können.
Was gehört noch zu einem guten Bier?
Spielmann: Unsere Biere sind Qualitätsprodukte, keine Massenware. Natürlich wollen wir unseren Ausstoß steigern, aber in Maßen. Wir sind ja auch Mitglied bei Slow-Food und wir machen ein „Slow-Beer“ – ein Produkt, das sich entwickeln, das reifen kann. Dazu kommt eine Veredelung durch die Ästhetik. Wir wollen alle Sinne ansprechen, schmecken, fühlen, sehen, riechen. Bei uns muss alles passen, ganzheitlich sein. Unser oberstes Gebot ist, alle Sinne anzusprechen. Wir haben diese besondere Flasche entwickeln lassen, ebenso die Gläser oder den neuen Verschluss. Innovation und Ästhetik haben ihren Preis, das ist alles doppelt bis drei Mal so teuer wie der Standard.
Was sich auf Ihren Gewinn auswirkt.
Spielmann: Wir machen einen soliden Gewinn. Klar könnten wir noch mehr Rendite rauspressen, indem wir alles billiger produzieren und möglichst viel raushauen. Aber das passt nicht zu uns. Wir sind ein Familienunternehmen in der achten Generation und wir lieben das, was wir machen. Anders als diese seelenlosen Bierfabriken. Wir investieren, um mit der Zeit zu gehen, natürlich immer mit Top-Produkten.
Der 1. badisch-bayerische Weizenbierkrieg ist eine Art Selbstverteidigung
Können Sie das auch bildlich beschreiben?
Spielmann: Früher waren Sudkessel aus Kupfer, heute sind sie aus Stahl, weil das Metall einfach besser geeignet ist. Es gibt Brauereien, die verkleiden ihre Stahlkessel mit Kupfer und täuschen den Menschen was vor. Das ist ein einziger Fake.
Also ist der 1. badisch-bayerische Weizenbierkrieg eine Art Selbstverteidigung?
Spielmann: Wenn Sie so wollen. Die Menschen sehnen sich nach Werten und Verlässlichkeit. Das bieten nur Qualitätsunternehmen, die sich für ihr Produkt einsetzen, die sich unterscheiden. Bei allen erfolgreichen Brauereien, die ich weltweit besucht habe, saß immer ein Familienmitglied in der Geschäftsleitung. Familienbetriebe denken langfristiger und nicht nur renditegetrieben. Sie nehmen das Geschäft tatsächlich persönlich und stehen dafür ein.
Wo und wie greifen Sie an? Haben Sie Verbündete?
Spielmann: Wir werden Aktionen machen und für Aufmerksamkeit sorgen. Lassen Sie sich überraschen. Ich meine es ernst und ich bin vielleicht gegenüber den großen Konzernen ein David. Den Goliaths wird bald der Kopf brummen. Es wird eine Guerilla-Taktik sein. Wir stehen in gutem Kontakt mit anderen Qualitätsbrauern und wir sind Freiheitskämpfer. Mit Leidenschaft. Für die Tradition und für die Zukunft.
Hintergrund:
Welde ist eine familiengeführte Braumanufaktur, die seit 1752, also seit 260 Jahren, in der Metropolregion Rhein-Neckar für traditionelle und innovative Braukunst steht. Durch die erste Mehrweg-Individualflasche auf dem deutschen Biermarkt, die tanzende WeldelustFlasche, hat Welde eine hohe Wiedererkennung und Identifikation geschaffen, die für ein junges, genussbetontes und kulturaffines Produkt steht. Diese klare Marktpositionierung wird unter anderem durch den WeldeKunstpreis und das große WeldeFest untermauert. Neben der von Öko-Test mit der Note „Sehr gut“ bewerteten Leitmarke Welde No. 1 Premium Pils (laut Fachpresse eine der vier Kult-Biermarken in Deutschland) produziert Welde das Bio-Bier „Naturstoff“, WeldeEX, Welde No. 1 Extraherb und diverse Weizenbiere, Sportweizen (alkoholfrei) und zweierlei Fassbrause sowie die Trend-Mixgetränke Naturradler und WeizenGrape (Hefeweizen Pampelmuse).
Der Namensgeber der heutigen Braumanufaktur, Braumeister Johann Welde, übernahm die Brauerei 1888 und vererbte sie 1919 an seinen Schwiegersohn, den Braumeister Hans Hirsch, der die Geschäftsführung 1950 an seinen Schwiegersohn Wilhelm Spielmann weitergab. Wilhelm Spielmann vergrößerte das Unternehmen und erweiterte die Welde Brauerei durch den Neubau einer Flaschenabfüllanlage (1971) und ein vollautomatisiertes Sudhaus (1981) im Nachbarort Plankstadt. Mitte der 80-er Jahre übernahm der Sohn Hans Spielmann die Geschäfte.