Mannheim, 17. Januar 2018. (red/pro) Bei der Verhandlung gegen einen Mann aus Mannheim wegen Drogenbesitzes haben dessen Verteidiger erhebliche Zweifel an den Ermittlungen zum Ausdruck gebracht. Ihre These: Die Ermittler waren überwiegend darauf aus, ihren Mandanten „dran zu bekommen“, statt ordentlich gegen zwei Drogenhändler zu ermitteln, die diesen beliefert hatten. Die Befragung von drei Polizeibeamten hat diese These mindestens nicht widerlegt. Damit sind Zweifel an dem Ermittlungsinteresse der Staatsanwaltschaft Mannheim zwar nicht belegt, aber begründet.
Von Hardy Prothmann
Der Prozess gegen Maximilian E. entwickelt sich zum Politikum. Innerhalb von zwei Prozesstagen. Und auch durch wahrnehmbare Nervositäten:
Jetzt, Herr Dr. Graf ist Schluss. Ich habe hier die Verhandlungsführung und Sie sind jetzt still,
poltert die Vorsitzende Richterin der 4. Strafkammer, Bettina Krenz. Sie haut mit der flachen Hand mehrfach auf den Tisch. Ist sichtbar und fühlbar vollständig entnervt. Die Stirn in Falten. Und sie schaut sehr empört. Ganz anders als sonst, freundlich zugewandt.
Dabei folgt sie oft den Fragen der Verteidigung und fragt selbst nochmals nach, weil die Zeugenaussagen zu diffus sind.
Der Grund: Strafverteidiger Dr. Jens Graf poltert ebenso. Nach drei Aussagen von Polizeibeamten erhebt er zwischen den Zeilen deutlich massive Vorwürfe gegen die Polizei und bringt diese mit der Verantwortlichkeit der Staatsanwaltschaft Mannheim in Verbindung. Und lässt sich fast nicht mehr bremsen in seiner Empörung.
Das kann er machen – eine Vorsitzende Richterin muss das einbremsen.
Könnte es sein, so unsere Synthese, dass die Behörden nur so viel ermittelt haben, um die Drogenhändler dran zu bekommen, aber diese in Wirklichkeit zu instrumentalisieren, um den Angeklagten massiv zu belasten? Der ist als privater Drogenkonsument angeklagt, aber im Hauptberuf Strafverteidiger und somit ein „natürlicher“ Gegner der Ermittlungsbehörden.
Nach unseren Recherchen könnte an der These was dran sein, dass man diesen Strafverteidiger, der in der Vergangenheit sehr viele Ermittlungsfehler der Behörden durch akribische Arbeit aufgedeckt hat, jetzt nun „schlachten“ will?
Richterin Krenz hat den Vorsitz über ein ordentliches Gericht auf der erhöhten Bank, die keine Schlachtbank sein soll, wohl aber eine, die urteilt. Sie zeigt erkennbar ihren Unwillen gegen die aggressive Verteidigungsstrategie, aber auch erkennbar, dass sie mit großem Erstaunen wahr nimmt, wie die Ermittlungen (nicht) gelaufen sind.
Keine Frage: Jemand, der Drogen kauft, besitzt und konsumiert, und sonst Strafverteidiger ist, sollte zumindest dann, wenn er nicht berauscht ist, wissen, was er begeht, nämlich Straftaten.
Deshalb steht aus unserer Sicht auch außer Frage, dass er sich dafür vor Gericht zu verantworten hat.
Ein Politikum wird daraus, wenn man den Eindruck erlangen muss, dass Ermittlungsbehörden genau diese Person nicht nur als mutmaßlichen Straftäter im Blick hatten, sondern aus anderen Motiven. Beispielsweise, um einen aus deren Sicht sehr unangenehmen Strafverteidiger los zu werden. Gehe nicht über Los, sondern direkt ins Gefängnis.
Hinweise, dass staatliche Behörden hier „hinterfotzig“ agieren, gibt es einige. Beispiel: Die Prozesse gegen die Drogenhändler, die den Drogenkonsumenten schwer belasten, fanden vor dem Amtsgericht Mannheim statt. Deren Aussagen milderten die Strafen.
Der Drogenkonsument beantragte durch seinen Anwalt, ebenfalls in der ersten Instanz vor dem Amtsgericht angeklagt zu werden. Die Staatsanwaltschaft Mannheim wollte aber das Landgericht. Begründung: Es handle sich um einen bekannten Anwalt. Oder anders: Man wollte die Show und die öffentliche Anklage bewusst inszenieren.
Mal ehrlich? Straftat ist Straftat. Drogenkonsum gehört eher vor das Amtsgericht. Warum wollte die Staatsanwaltschaft Mannheim unbedingt das Landgericht? Weil Medien mal über den Anwalt berichtet hatten? Huhu.
Während also Drogenhändler vor dem Amtsgericht angeklagt und verurteilt wurden, wird ein einzelner Drogenkonsument öffentlichkeitswirksam vor dem Landgericht angeklagt? Wow. Da fragt man sich, ob Konsumenten die schlimmeren Straftäter sind als die Produzenten und Händler.
Sehr erstaunlich ist die „pflegliche“ Behandlung der verurteilten Drogenhändler. Beide haben Strafen auf Bewährung erhalten. Bei beiden wurden offenbar Ermittlungen nicht „durchgezogen“, sondern mindestens verschleppt oder verpennt oder gar nicht erst begonnen. Denn beide hatten gegen den Angeklagten umfangreich ausgesagt und das war offenbar genug – so beurteilen die Verteidiger das. Und werden durch die Aussagen der Kriminalbeamten bestätigt. Obwohl mindestens Kai F. als „mehr wert“ galt, ermittelte man nicht weiter. Warum? Weil man alles hatte, was man brauchte, um den Anwalt dran zu bekommen?
Die Befragung der Polizeibeamten ist eine brutale Klatsche für das Polizeipräsidium Mannheim. Man muss sich fragen, ob hier eine Gurkentruppe am Werk war? Keiner zuständig. Urlaub. Kann mich nicht erinnern. Weiß nicht. Abgegeben an den Kollegen. Notiz gemacht. Weiß nicht. Diese Aussagen sind geeignet, am Rechtsstaat erhebliche Zweifel zu hegen.
Fest steht – vorhandene Asservate wurden nicht ausgewertet. Die Gründe sind komplett unklar. Fakt ist: Zwei Drogenhändler haben umfangreich gegen den aktuell Angeklagten ausgesagt und dadurch „Vorteile“ erlangt. Klar ist, dass der Angeklagte in der Vergangenheit die Ermittlungsbehörden häufig in große Schwierigkeiten gebracht hat.
Die offene Frage ist: Geht es hier noch um eine rechtsstaatliche Verhandlung oder nur noch um eine Abstrafung? Schärfer gefragt stellt sich die Frage, ob Behörden möglicherweise Rechtsbeugung begangen haben, bis hin zur Strafvereitelung im Amt. Denn es gibt sehr viele Hinweise in der aktuellen Befragung der Belastungszeugen, dass es sehr viel mehr Straftaten durch die Zeugen gegeben hat, als sie dafür verurteilt worden sind.
Die Staatsanwältin Linda Thomsen lauschte den Aussagen vermeintlich uninteressiert. Sowohl Frisur als auch Beinschlag waren immer einwandfrei. Wir haben zu keinem Zeitpunkt gesehen, dass sie sich Notizen gemacht hätte, um weitere mögliche Straftaten aufzuklären.
Was auffällig ist, ist ihr fast zickig-pubertäres Augenrollen und Gegrinse im Kontext zu Ausführungen der Verteidiger. Direkt angesprochen hat sie Akten noch nicht gelesen oder sucht gerade eine Stelle. Diese Staatsanwältin hat diesen Prozess garantiert nicht vorbereitet. Sie weiß nichts, ist nicht im Stoff, sondern sitzt nur da und tut so als ob.
Damit unsere Leserschaft uns nicht falsch versteht. Der Angeklagte hat nach unserer Auffassung nach geltendem Recht Straftaten verübt. Er ist dazu auch teils geständig. Er wird dazu auch verurteilt werden müssen.
Andererseits hat der Mann – ob als „Experte“ oder nicht – sich sehr kooperativ und einsichtig verhalten. Seine Bemühungen, einer harten Strafe zu entgehen, sind nachvollziehbar und anzuerkennen. Es geht hier nicht um einen „Gangster“, sondern um einen, der aus persönlichen Gründen aus der Bahn geworfen war. Trotz besseren Wissens. Alles sehr tragisch. Die „Sozialprognose“ ist aus unserer Sicht eher sehr positiv. Dazu hat die Staatsanwaltschaft Mannheim aber nichts ermittelt, was entlastend sein könnte. Dazu ist sie eigentlich verpflichtet. Ein weiterer Hinweis, dass E. vernichtet werden soll?
Beobachtet man Frau Thomsen, erkennt man eine grundlegende Verachtung. Frau Thomsen hatte nach unseren Informationen noch nie Kontakt mit dem Angeklagten. Woher kommt also dieser Blick? Wer führt Frau Thomsen, die, das sollte sie uns nachsehen, eher wenig charakterstark und eher wie eine Marionette wirkt? Ein Oberstaatsanwalt Seiler?
Dieser Prozess wird vermutlich am 05. Februar mit Urteil entschieden.
Es könnte sein, dass der Anwalt seine Zulassung verliert. Es kann auch sein, dass die Kammer schuldmindernde Aspekte erkennt und letztlich ein Strafmaß herauskommt, durch das der Anwalt zwar angeschlagen wird, aber existenziell weiter wirken kann.
Doch das ist aus unserer Sicht mittlerweile nicht mehr entscheidend. Es gibt genug Hinweise, dass Ermittlungsbehörden nicht ermittlungsorientiert gearbeitet haben. Es gibt genug Hinweise, dass möglicherweise eine Strafvereitelung im Amt vorliegen könnte.
Und dann wird es sehr, sehr politisch. Spätestens dann, wenn Anzeige erstattet wird. Nach unseren Informationen ist das in Arbeit.
Die 4. Strafkammer unter Vorsitz der Richterin Krenz muss sehr genau prüfen, ob Ermittlungen „fingiert“ worden sind und es hier neben faktisch gegebenen Anschuldigungen um einen „politischen“ Prozess geht und man selbst möglicherweise in Verdacht gerät, „ausführendes Organ“ für eine Inszenierung zu werden.
Das ist harter Tobak.