Weinheim/Schriesheim/Mannheim/Rhein-Neckar, 12. März 2012. (red/pol/pro) Gegen zwei Tatverdächtige aus “Südhessen” (vermutlich Viernheim), 23 und 25 Jahre alt, hat die Staatsanwaltschaft Mannheim Haftbefehle wegen gefährlicher Körperverletzung beantragt. Am Freitag werden die mutmaßlichen Straßenbahnschläger dem Haftrichter vorgeführt.
Von Hardy Prothmann
Es ist zum Kotzen. Wenn man die gemeinsame Presseerklärung der Staatsanwaltschaft und der Polizei Mannheim liest, haben sich zwei mutmaßliche Tatverdächtige selbst gestellt – im Beisein Ihrer Anwälte.
Sie haben keine Angaben gemacht, außer, dass sie “Beteiligte” sein könnten. Im Polizeibericht heißt es:
Am Donnerstag stellten sich die beiden Beschuldigten im Beisein ihrer Rechtsanwälte. Bei ihren Vernehmungen beim Polizeirevier Weinheim machten die Männer zunächst keine Angaben zur Sache.
Der Fahndungsdruck war enorm, denn die mutmaßlichen Schläger waren gut zu erkennen und die Polizei hat Aufnahmen der Überwachungskamera freigegeben. In der Presseerklärung heißt es:
Das Duo steht im dringenden Tatverdacht am vergangenen Sonntag (08.03.2015) kurz vor 1:30 Uhr in einem OEG-Zug einen 58-jährigen Mann durch Schläge und Tritte schwer verletzt zu haben.
Durch diese Fotos wurde mindestens ein Tatverdächtiger “identifiziert” – da nun beide vorstellig geworden sind, dürften beide den Ermittlungsbehörden bekannt sein. Und beide wussten anscheinend, dass es eng wird und haben sich gestellt.
Jeder hat ein Recht auf Verteidigung
Aber natürlich nicht, um Aussagen zur Sache zu machen, sondern vermutlich nur, um “ihre Rechte zu wahren”.
Das ist, wie eingangs erwähnt: “Zum Kotzen”. Diese mutmaßlichen Angreifer nutzen nun ihr Recht auf juristische Verteidigung. Ok. Das dürfen sie wie jeder andere auch.
Wer sich vom Brechreiz erholt hat, erinnert sich an das, was für uns alle gilt. Wir leben in einem Rechtsstaat, es gilt im Zweifel für den Angeklagten.
Die Tatverdächtigen haben ein Recht darauf, sich zu verteidigen. Sie haben ein Recht darauf, dass Ihnen eine Straftat nachgewiesen wird. Nur dann kann man sie strafrechtlich verurteilen.
Tatvorwurf: Belästigung und gefährliche Körperverletzung
Ihnen wird, laut Presseerklärung der Behörden, vorgeworfen, auf einer Fahrt von Schriesheim nach Weinheim zwei Mädchen verbal beleidigt zu haben. Ein 44-jähriger Mann soll sie aufgefordert haben, dies zu unterlassen. Dieser soll danach auf den Hinterkopf geschlagen worden sein.
Dann soll ein 58-jähriger Mann “dazwischen” gegangen sein. Dann sollen die Tatverdächtigen diesen Mann mit Faustschlägen und Tritten traktiert haben.
Die Opfer und Begleiter sollen an der nächsten Haltestelle ausgestiegen sein.
Der 58 Jahre alte Mann musste im Krankenhaus wegen mehrerer Rippenbrüche notärztlich versorgt werden.
Mutmaßliche Schläger auf freiem Fuß?
Die beiden Beschuldigten werden am Freitag dem Haftrichter vorgeführt – und mit großer Wahrscheinlichkeit nicht inhaftiert werden. Denn sie haben Anwälte, eine unmittelbare Wiederholungsgefahr oder Fluchtgründe sind vermutlich nicht erkennbar.
Es ist zum Kotzen. Weil die Tatverdächtigen bis zur Feststellung der Schuld nur vermutlich die Täter sind, aber über Anwälte das Beste aus ihrer Situation machen wollen. Ihr erster Wunsch: In Freiheit bleiben. Und damit verbunden auch die “Freiheit” und die Gefahr, dass sie nochmals jemanden “zusammenwichsen”.
Dann ständen die Chancen auf “in Freiheit bleiben” aber sehr schlecht.
Es ist zum Kotzen – und trotzdem ein Hoch auf den Rechtsstaat
“Es ist zum Kotzen” ist eine häufige Reaktion. Egal, ob es um potentielle Kinderschänder geht, um Schläger, um Räuber, um rassistische Mörder, um Vergewaltiger oder sonstige Asoziale, die den anständigen Bürger/innen das Leben schwer machen.
So schwer das auch manchem fallen mag: Ich appelliere an ein “Hoch auf den Rechtsstaat”. Das einzige Bollwerk gegen Willkür und Chaos sind geordnete Verfahren.
Wir Bürger/innen haben in diesem Rechtsstaat das Recht, dass Tatverdächtige mit rechtsstaatlichen Mitteln zu Tätern überführt und verurteilt werden. Auch die Täter genießen Rechtsschutz. Das muss man aushalten – nicht leider, sondern absolut.
Gewalttäter sind Asoziale
Ich hoffe sehr wie alle, die bestürzt über sinnlose Gewalt sind, dass den Tatverdächtigen die Tat nachgewiesen werden kann und sie gerecht verurteilt werden.
Noch mehr wünsche ich mir, dass asoziale Gewalttäter moralisch verurteilt werden.
Wer Mädchen in einer Straßenbahn belästigt und andere angreift, die sich dagegen einsetzen, ist schlicht und ergreifend asozial. Das ist jemand, mit dem kein normaler Mensch auch nur irgendwas zu tun haben will.
Selbstverständlich akzeptiere ich, dass auch Tatverdächtige alle Instanzen des Rechtsstaats nutzen können.
Weicheier verdienen Verachtung
Respekt muss ich vor solchen Typen nicht haben. Sie sind Weicheier. Typen ohne Stolz. Entweder bekennen sie sich dazu, Gewalttäter zu sein oder eben nicht. Sind sie Gewalttäter, dann müssen sie damit rechnen, bekämpft zu werden.
Wenn sie Gewalttäter sind, lehne ich sie ab. Wenn sie ihren Fehler einsehen und ein anderes Leben wählen möchten, ist das zu respektieren. Selbst vor dem Hintergrund sehr schwerer Gewalttaten.
Wenn sie allerdings mit rechtsstaatlichen Mitteln nur versuchen, aus der Sache möglichst “gut” rauszukommen, dann habe ich nur Verachtung für dieses Pack übrig. Dann wünsche ich ihnen nicht den Rechtsstaat, sondern die andere Gewalt an den Hals und die heißt: Irgendjemand anderes ist immer stärker.
Das war ein sarkastischer Scherz. Insbesondere jetzt und in Zukunft wünsche ich allen Schlägern den Rechtsstaat an den Hals – denn der muss stärker sein, damit wir alle in Ruhe leben können.
Mein persönlicher Dank gilt der Polizei, die mit erheblichem Aufwand dafür sorgt, dass asoziale Typen identifiziert werden und die Strafverfolgung wirksam wird. Diese Polizei kann keinen individuellen Personenschutz für uns alle liefern, aber sie sorgt mit dafür, dass Schläger aus dem “Verkehr” gezogen werden. Und das ist gut so.