Rhein-Neckar, 12. März 2013. (red/ld) Die Kröten, Frösche und Salamander stehen schon in den Startlöchern, wie auch ihre Retterinnen und Retter von Nabu und BUND. Bald ist Paarungszeit. Wenn die Temperaturen nachts wieder über fünf Grad liegen wandern sie los zurück zu dem Teich, in dem sie geschlüpft sind. Den Winter haben sie im Waldboden verbracht, eingebuddelt. Damit ihre Reise zum Rendezvous am Teich auch glücklich endet, sammeln zahlreiche Helfer im Berichtsgebiet Kröten und andere Amphibien und bringen sie über die Straßen. Teilweise werden auch Straßen für die Amphibien gesperrt. Der Kälteeinbruch macht den Tieren aber nicht so sehr zu schaffen, wie man es annehmen würde.
Von Lydia Dartsch
Sie stehen schon in den Startlöchern.
sagt Renate Exner aus Heidelberg, die seit 20 Jahren Kröten, Salamander und Frösche über die Straßen im Raum Heidelberg trägt. Sie ist sicher, dass in der vergangenen Woche bereits ein paar zum Schlossteich nach Heidelberg gewandert sind, um dort zu laichen. Für die große Wanderung ist es jetzt aber zu kalt.

An manchen Amphibienleitanlagen fallen die Amphibien in Eimer und werden dann von den Helfern über die Straße getragen. Wie diese Erdkröten bei der Sammlung vor zwei Jahren in Heidelberg. Quelle: Christel Pietsch
Auch die Helferinnen und Helfer des Nabu und des BUND stehen in den Startlöchern. Wer sich in den vergangenen Wochen bei ihr gemeldet hat, hat schon alle Unterlagen und Informationsmaterialien verschickt. Mit den frühlingshaften Temperaturen werden in den kommenden Wochen wieder tausende zu den Teichen zurückkehren, aus denen sie geschlüpft sind, um zu laichen. Damit sie nicht unter die Räder kommen, rufen die Umweltschutzorganisationen Nabu und BUND zu Hilfsaktionen auf. Dieses Jahr ist Frau Exner zwar nicht dabei, steht ihren Mitstreiterinnen Dr. Sandra Panienka und Christel Pietsch aber bei der Koordination der Helfer zur Seite.
Kaum eine von zehn Kröten schafft es über die B3
Die Krötenwanderung ist lebensgefährlich. Wo die brünftigen Amphibien früher problemlos aus den Wäldern zurück zu ihren Teichen kriechen konnten, sind inzwischen Straßen gebaut worden. Für die Kröten ein tödliches Hindernis: Viele von ihnen werden überfahren. Ebenso brutal: Selbst wenn sie nicht platt gefahren werden, müssen sie trotzdem sterben. Vielen platzen die empfindlichen Lungen, wenn ein Auto über sie hinweg fährt und dabei einen großen Druckunterschied verursacht:
Sie sind sehr langsam. Das ist ihr Problem.
sagt Gerhard Roehner, Vorsitzender der BUND-Ortsgruppe Hemsbach und Laudenbach. Von zehn Kröten schaffe es kaum eine über die B3, sagt er.

Zu tausenden wandern Kröten, Salamander und Molche jedes Jahr in der Region zu den Teichen zurück, in denen sie geschlüpft sind. Häufig müssen sie dabei Straßen überqueren – tödliche Hindernisse. Ohne Helfer schafften es nicht mal zehn Prozent. Mit diesem Bild sucht der Nabu Heidelberg dieses Jahr Helferinnen und Helfer. Bild: Christel Pietsch
Auf dem drei Kilometer langen Bundestraßenabschnitt zwischen Hemsbach und Laudenbach gibt es deshalb seit einigen Jahren ein Amphibienleitsystem. Das ist ein etwa 30 cm hoher Zaun, der an der oberen Kante abgeknickt ist, damit die Tiere nicht darüber klettern können. Auch auf der Kreisstraße zwischen Laudenbach und Weinheim gibt es dieses Leitsystem.
Die Tiere laufen dann wie automatisch den Zaun entlang, bis sie eine Lücke finden.
sagt Gerhard Roehner. Er schildert fasziniert die „Zielsicherheit“ dieses Wandertriebs. Entweder erwartet die Tiere in den Lücken ein Tunnel, durch den sie sicher auf die andere Straßenseite gelangen können oder sie fallen in einen Eimer. Die Eimer tragen Gerhard Roehner und seine Helfer dann über die Straße und setzen dort die Frösche wieder aus. Solche Systeme gebe es vor allem an den neuen Bundesstraßen, sagt er. Aus Gründen des Naturschutzes müssten Amphibienschutzmaßnahmen seit dem Jahr 2000 an neuen Straßen installiert werden. Das geht aus dem „Bundesprogramm Wiedervernetzung“ und dem „Merkblatt zum Amphibienschutz an Straßen“ hervor.
Im Raum Heidelberg ist man noch nicht so weit. Sandra Panienka und Christel Pietsch haben bisher über 20 Helfer für ihre Krötenwanderungen zusammen. Bei warmem, feuchtem Wetter ziehen sie in der Dämmerung los und tragen die Amphibien mit der Hand zum Beispiel über den Schloss-Wolfsbrunnenweg in Heidelberg. Auch in Ziegelhausen, Schlierbach, Königstuhl-Waldhilsbach ziehen die Kröten, Molche und Salamander zu ihren Laichplätzen. In Schriesheim sind davon vor allem die Straßen nach Ursenbach und Altenbach betroffen. In Bammental schützt eine Leiteinrichtung samt Amphibienzaun die Tiere auf ihrer Wanderug. Am Karlstern in Mannheim-Käfertal werden zusätzlich zum Amphibienzaun Straßen gesperrt. Dort sind eigenständige Helfer im Einsatz.
Gefährlich – auch für die Helfer

Ein Heidelberger Helfer hat einen Feuersalamander gerettet. Bild: Christel Pietsch
Ungefährlich ist das nicht, vor allem wegen der Autos, die dort vorbei fahren. Deshalb gilt für die Helfer größte Vorsicht, wenn sie in der Dämmerung losziehen: Warnwesten, Taschenlampen und wetterfeste Kleidung sind für den Einsatz Pflicht. Wenn ein Helfer eine Kröte sieht, nimmt er sie in die Hand und trägt sie auf die andere Straßenseite. Dabei muss man aufpassen, dass die empfindliche Haut der Tiere unverletzt bleibt.
Man macht sich vorher die Hände nass, damit man sie nicht verletzt.
Auch eingecremte Hände schaden den Tieren. Sie werden dann auf die Handfläche gesetzt und in die Richtung über die Straße getragen, in die sie sehen. Schreckhaft sollten die Helfer dabei nicht sein. Die Kröte erschrickt meistens stärker:
Die Tiere verhalten sich im Normalfall sehr ruhig, können aber von der Hand hüpfen, oder vor Schreck mal Wasser ablassen. Männchen können Abwehrgeräusche von sich geben.
sagen Christel Pietsch und Dr. Sandra Panienka. Eigentlich sind die Amphibien ungefährlich, wissen aber, sich mit der chemischen Keule zu wehren. Das leichte Hautgift, das sie absondern sei für Menschen nicht gefährlich sagen sie. Man sollte sich aber danach nicht in die Augen oder den Mund fassen.
Mitmachen kann jeder. In vielen Gemeinden gibt es Ortsgruppen vom Nabu und dem BUND. Dort können sich Interessierte für die Sammelaktionen melden. Wer nicht mitsammeln möchte, kann den Tieren aber auch mit einem naturbelassenem Garten helfen. Wie das geht, erfährt man auch bei ihnen.
Nach dem Laichen gehts zurück
Am Teich angekommen beginnt die Paarung. Rund 1.000 Eier legt ein Weibchen ab. Für die meisten von ihnen geht es nach der Eiablage wieder zurück in den Wald, in dem sie leben. Die Männchen bleiben meist noch am Wasser, um weitere Laiche zu besamen, bevor sie zurückkehren.
Die größte Wanderung steht aber im Spätsommer bevor. Dann sind die Kaulquappen bereits lange geschlüpft und haben sich zu ausgewachsenen Amphibien entwickelt. Zu tausenden wandern sie dann in den Wald. Gerhard Roehner spricht da von „Froschregen“:
Man weiß dann kaum noch, wo man hintreten soll. So viele sind das.
Auf den „Froschregen“ müssen die Kröten und die Helfer erstmal noch warten. Einige haben sich aber schon in den milden Temperaturen der letzten Woche aufgemacht und Laich abgelegt. Die Eier könnten zwar gefrieren, wenn es wieder Frost gibt. Der Laich ist trotzdem nicht verloren. Die Kaulquappen entwickeln sich trotz der Kälte; nur eben später.
Wie das geht, ist mir unbegreiflich.
sagt Renate Exner. Ein solcher Kälteeinbruch, wie er derzeit in der Region herrscht, ist für sie dagegen nicht ungewöhnlich. Im letzten Jahr sei es erst Mitte März losgegangen und es habe auch schon Jahre gegeben, in denen es noch an Ostern geschneit hatte.