Guten Tag!
Rhein-Neckar, 12. Januar 2011. (red) Verbraucherschutzminister Rudolf Köberle tut das, was man eine typische Politiker-Reaktion nennen könnte: Er wiegelt ab und hofft, dass der Dioxin-Kelch an ihm vorübergeht. Aktuell informiert das baden-württembergische Verbraucherministerium, dass „Hinweise vorliegen“, dass „möglicherweise dioxinbelastete“ Lieferungen ins Land gelangt sein könnten.
Von Hardy Prothmann
„Die Analysen der baden-württembergischen Behörden haben zum Ergebnis, dass bislang zwei der vier Verdachtsfälle im Land auf dioxinbelastete Lebens- und Futtermittel ausgeräumt sind. Die Laborwerte der Proben lagen unterhalb der für Dioxine zulässigen Höchstgehalte“, schreibt Verbraucherminister Rudolf Köberle per Pressemitteilung und „informiert“ über Dioxin-Funde in Baden-Württemberg auf der Website des Ministeriums.
Ob die beiden anderen Proben die „Höchstgehalte“ überschreiten, ist noch unklar. Überhaupt: Was heißt das? Höchstgehalte? Das sind die Werte, bis zur deren „Höchstgehalt“ es sich um eine „zulässige“ Belastung von Lebensmitteln handelt. Also so eine Art gesetzlich erlaubter Verunreinigung oder Vergiftung.
Das lustige Eier-Code-Spiel.
Wer sich Sorgen ums Essen macht, hat ein neues Hobby – er kontrolliert Eier-Codes: „Anhand des Erzeugercodes, der auf den Eiern aufgedruckt ist, kann der Verbraucher selbst feststellen, ob er möglicherweise mit Dioxin belastete Eier im Haushalt vorrätig hat“, schreibt das Ministerium auf der Website.
Was es nicht schreibt, ist, was man dann mit den Sondermüll-Eiern tun sollte. Ab in die Mülltonne kann ja wohl keine Lösung sein, weil die Dioxine dann ja wieder in die Umwelt gelangen.
Sie sagen jetzt: „Blödsinn. Wegen ein paar Eiern in meiner Mülltonne bin ich ja noch kein Umweltvergifter.“
Richtig. Eigentlich sind Sie ohne Schuld. Wenn Sie aber wissen, dass die Eier belastet sind, dann entsorgen Sie diese vorsätzlich über den Hausmüll. Und wenn tausende andere Menschen das auch machen, kommt schon ein wenig was an Dioxin-Belastung der Umwelt zusammen. Unschön: Das Dioxin hält sich lange und kommt eventuell wieder zurück. Das nächste Mal in anderen Lebensmitteln.
Und während die Verbraucher privat das Erzeuger-Code-Spiel spielen, werden in Fabriken munter Eier zu Nudeln oder anderen eihaltigen Speisen verarbeitet. Im In- und Ausland.
In Großküchen und Kantinen wäre es absurd, jedes Ei vor der Verarbeitung dem Erzeuger-Code-Spiel zu unterziehen. Sie werden einfach verarbeitet.
Vertrauensfrage in Wahlkampfzeiten.
Minister Rudolf Köberle macht es sich wie gewohnt einfach, wenn er das Vertrauen der Verbraucher in Baden-Württemberg gestärkt sieht, weil der große Skandal um große Funde von dioxin-belasteten Lebensmitteln noch aussteht.
Hoffentlich kommt er nicht. Es ist aber mit Sicherheit keine Leistung des Landes Baden-Württemberg, wenn bislang noch keine hochbelasteten Funde gemacht wurden, sondern schlicht und ergreifend höchstens „Glück“ – oder auch Pech, dass belastete Nahrungsmitteln noch nicht identifiziert wurden.
Baden-Württemberg ist nicht abgeschottet vom Rest der Welt. Hier werden ebenfalls Waren produziert und es werden Waren aller Art aus dem In- und Ausland importiert.
Wenn Herr Köberle das Vertrauen der Verbraucher stärken will, dann muss er sich im Gegensatz zur Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner tatsächlich darum kümmern, dass Kontrollen funktionieren.
Eine Mitteilung auf der Website allein und die Ankündigung von Gesprächen wird nicht reichen. Schon gar nicht in Wahlkampfzeiten.
Die eher CDU-freundliche Bild-Zeitung fragte gestern in einem Beitrag zu recht: „Wer schützt uns Verbraucher vor dieser Ministerin?„.