Mannheim/Rhein-Neckar, 11. Dezember 2013. (red) Die Bild-Zeitung hatte von einem tätlichen Angriff auf den in Mannheim inhaftierten mutmaßlichen Mörder von Gabriele Z. berichtet. Die Anstaltsleitung hat uns gegenüber den Angriff bestätigt. Kurz danach ist der Mann in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt worden. Der Tatverdächtige, in diesem Fall selbst Opfer, hat keine Anzeige erstattet.
Von Hardy Prothmann
„Die Tätlichkeit war nicht so dramatisch wie in manchen Medien dargestellt“, sagt Anstaltsleiter Thomas Weber. Nach Angaben Maximilian Endler, dem Strafverteidiger des 40-jährigen Bulgaren, sei dieser von mehreren Männern in seiner Zelle angegriffen worden und habe erhebliche Kopfverletztungen davongetragen: „Der Vorgang ist übel und soll unter den Augen von Justizvollzugsbeamten geschehen sein, die nichts unternommen haben. Ich frage mich auch, wie mehrere Gefangene in die Zelle meines Mandanten kommen konnten.“ Dem widerspricht Herr Weber, der von einer blutenden Wunde am Kopf spricht. Diese sei in der Krankenstation der JVA behandelt worden. Zur Zahl der Angreifer konnte Herr Weber auf Nachfrage nichts sagen, da der Untersuchungsgefangene ihm gegenüber keine Angaben gemacht habe.
Es habe zunächst nach Prüfung keine Anzeigen einer „Bedrohungssituation“ gegeben, sagt Herr Weber. Es komme immer wieder mal zu Auseinandersetzungen, auch wenn man selbstverständlich versuche, diese zu verhindern: „Die Männer hier sind ja nicht durchweg weggesperrt und keine Unschuldslämmer“, beschreibt Herr Weber die Situation und das Konfliktpotenzial. Die Annahme, dass Ermittlung einfach wären, weil das Gefängnis überall kameraüberwacht sei, ist falsch: „Weite Teile des Gebäudes sind nicht durch Kameras überwacht, die Eingangsbereiche der Zellen schon gar nicht. Auch Strafgefangene haben ein Anrecht auf eine angemessene Privatspähre“, sagt der Jurist Weber.
Eigentlich hat die Anstalt eine Belegungskapazität für 800 Gefangene, tatsächlich liegt die Zahl wegen Umbaumaßnahmen der über 100 Jahre alten Anstalt zwischen 600 und 650 Inhaftierte. Gegen den in verschiedenen Medien vorgebrachten Vorwurf, bei gewissen Strafgefangenen schaue man nicht so hin, widerspricht der Anstaltsleiter: „Die Menschen hier stehen unter unserer Obhut und solche Unterscheidungen gibt es nicht. Aus meiner Sicht ist jeder Übergriff einer zuviel, aber sie lassen sich nicht durchweg verhindern.“
Typischerweise sind die Untersuchungsgefangenen von den Strafgefangenen getrennt, so auch in diesem Fall, wie Herr Weber mitteilt, der seit Herbst 2010 Anstaltsleiter ist. Innerhalb der Gruppe der Strafgefangenen gibt es keine Trennung der „Deliktgruppen“. Die Zellen sind mit ein bis zwei Personen belegt
Die Tätlichkeit sei ein Antragsdelikt – das heißt, der Geschädigte muss Anzeige erstatten, damit ermittelt wird. Der Strafverteidiger sagt auf Nachfrage, dass sein Mandant keine Strafanzeige erstattet hat. Unsere Anfrage an die Staatsanwaltschaft Mannheim, ob man als Behörde von sich aus ermittelt, ist noch nicht beantwortet. Wir aktualisieren, sobald diese vorliegt
Wann der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder in Mannheim eröffnet wird, ist noch nicht bekannt. Die Klage muss innerhalb von sechs Monaten erhoben werden, also spätestens bis Mitte April 2014.