Mannheim, 09. November 2019. (red/pro) Wir haben großen Respekt vor unseren kundigen Leserinnen und Lesern. Es gab eine Vielzahl von Rückmeldungen, was uns sehr freut. Die Inhalte freuen uns aber wenig, denn es geht um große Sorgen.
Von Hardy Prothmann
Die positive Nachricht – die meisten Rückmeldungen schätzen die Razzia der Polizei und wünschen sich mehr davon.
Die negative Nachricht – kaum jemand glaubt daran, dass das was nützt.
Hubert Maier (Anm. d. Red.: Alle Namen sind anonymisiert), ist entsetzt: “Das glaub ich jetzt nicht – der arme Kerl steht vollkommen alleine da und hat ne Kriegswaffe um den Hals?”
Ja, das war so, an verschiedenen Orten haben wir das dokumentiert.
Der Eigenschutz für Beamte wurde teils erheblich vernachlässigt und in Extremsituationen hätte insbesondere die Kriegswaffe MP7 schnell in andere Hände gelangen können.
Aus Sicht des RNB war diese Razzia damit ein erhebliches Sicherheitsrisiko – für die Beamten und auch für die Bevölkerung.
Man darf sich zudem fragen – oder muss das – wieso solche Razzien unter Einsatz von offen getragenen Kriegswaffen stattfinden.
Kann man daraus den Schluss ziehen, dass die Polizei davon ausgeht, dass in der Neckarstadt-West kriegsähnliche Zustände herrschen könnten, wenn man dort Kontrollen durchführt?
Man kann nicht, man muss diesen Schluss ziehen.
Denn nach RNB-Informationen gibt es einen ganz erheblichen Waffenbestand insbesondere in diesem Stadtteil.
Damit ist verständlich, dass die Polizei im Sinne der “Waffengleichheit” (was keine ist, denn die MP7 ist jeder Kalaschnikow sehr überlegen, was gut ist) mit der unter anderem in Afghanistan erprobten Maschinenpistole auftritt.
Afghanistan? Neckarstadt-West? Sie wundern sich zu Recht. Offenbar ist man in Mannheim gut vorbereitet, keine afghanischen Verhältnisse zu dulden.
So viel Zynismus muss sein.
Tatsache ist, dass diese Razzia erhebliche einsatztaktische Fehler aufwies, die offenkundig waren. Es fehlte häufig an Selbstschutz und insbesondere die Maschinenpistolenträger waren sträflich alleine.
Liebe Staatsanwaltschaft Mannheim. Es folgt FIKTION. Man stelle sich sich vor, zwei Personen greifen die Arme des Beamten von jeder Seite, Person drei nimmt ihm die MP7 ab – und dann? Noch krasser: Person kommt von hinten mit Messer, eine Bewegung, kein Schrei, nach zehn Sekunden tot, MP7 ist gegen wen im Einsatz?
Meine Beobachtungen haben mich erschüttert. Die Polizei geht davon aus, dass sie Herr der Lage ist, weil sie viele sind, weil sie wichtig aussehen und weil, ja, weil man sich das halt so vorstellt.
Die Wahrheit ist eine andere: Da sehe ich Polizeibeamte, die mit Asis diskutieren, ob die nun hier im Einsatz parken dürfen oder nicht. Der Asi fährt weiter, wünscht einen “schönen Abend” und hat im Kopf den Stinkefinger. Andere Asis drängen immer wieder nah dran und die Polizei macht nicht klar, wo die Grenze ist.
Mein leider nicht sehr positives Urteil: Es wird Opfer geben, bei der Polizei und bei anderen. Verantwortlich ist wie immer der Täter. Aber, ich erkenne erhebliche Fehler bei der Polizei. Vermutlich, weil die auf dem Zahnfleisch kriecht und Beamte im Einsatz sind, die zu wenig Erfahrung haben und sonst insgesamt der Frust groß ist.
Als ich bei einer Zigarette mit einem Beamten plaudere, meint der: “Deutschland sucht die Superpolizei, fällt mir spontan zu dem Kram hier ein.”
Ich kenne den Beamten seit gut zehn Jahren – voll engagiert, mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes. Vollständig frustriert, aber bereit, keinen Meter zu weichen.
Kommende Woche veröffentlichen wir die Zuschriften und unser Material.