Mannheim/Rhein-Neckar, 06. Dezember 2012. (red/pm) Wie sieht die Zukunft der 19 baden-württembergischen Kompetenzagenturen aus, wenn im kommenden Jahr die Förderung durch den Europäischen Sozialfond (ESF) ausläuft? Diese Frage stand im Zentrum der Fachtagung der baden-württembergischen Kompetenzagenturen in Mannheim am Dienstag. Über hundert Vertreter der Agenturen im Land waren nach Mannheim gekommen, um im Stadthaus die Zukunft der seit zehn Jahren bestehenden Agenturen zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen.
Information der Stadt Mannheim:
„Kompetenzagenturen unterstützen besonders benachteiligte Jugendliche dabei, ihren Weg in einen Beruf und in die Gesellschaft zu finden. Sie bieten Hilfen für diejenigen, die vom bestehenden System der Hilfeangebote für den Übergang von der Schule in den Beruf nicht mehr erreicht werden. Dabei suchen Mitarbeiter der Kompetenzagenturen etwa die Jugendlichen auf, vereinbaren gemeinsam mit ihnen individuelle Förder- und Integrationspläne und kontrollieren die Umsetzung. Sie begleiten die Jugendlichen langfristig und beziehen dabei ihr familiäres und persönliches Umfeld ein.
Einigkeit bestand auf der Tagung in Mannheim über die Bedeutung dieser Einrichtungen, die sich vor allem durch ein maßgeschneidertes Fall-Management konsequent an der Biografie und den Bedürfnissen der jungen Menschen ausrichten. Es ist wichtig, dass es die Jugendlichen eine konkrete sozialpädagogische Begleitung erhalten. Und zwar unabhängig von einer konkreten Maßnahme“, wie etwa Barbara Stanger, Leiterin des Mannheimer Kompetenzzentrums „Förderband“, sagte.
Allerdings bleibt weiterhin offen, wie diese Institutionen künftig finanziert werden sollen. Denn 2013 endet die Fördermöglichkeit über den Europäischen Sozialfonds, die immerhin 45 Prozent der Finanzierung jeder Kompetenzagentur ausmacht. Die restlichen 55 Prozent der Finanzierung werden in der Regel von Städten und Landkreisen übernommen. Dass sich die Arbeitsagenturen künftig anstelle der Europäischen Förderung finanziell an den Kompetenzagenturen beteiligen, ist nach Angaben von Elmar Ströbele von der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Baden-Württemberg momentan noch nicht absehbar. „Es ist aber notwendig, weiterhin dafür zu sorgen, dass Jugendliche im Berufsleben weiterkommen. Daher ist die Arbeit der Kompetenzagenturen zwar notwendig. Andererseits dürfen sich die Arbeitsagenturen aber daran nicht finanziell beteiligen“, betonte Ströbele mit Blick auf die Gesetzeslage.
Brückebauer
Thore Thiele, Sprecher der 19 Kompetenzagenturen im Land, wies ebenfalls auf die Bedeutung des Finanzierungsanteils des ESF hin. Wenn dieser wegfalle, „dann droht den 19 Standorten die Schließung, da kaum eine Kommune in der Lage sein dürfte, die Mittel ausreichend aufzustocken“, warnte er und erinnerte an die momentan knapp 3000 betreuten Jugendlichen im Land, die dann erst einmal ohne Hilfe zurückblieben. Auch Bildungsbürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb hob hervor, dass die Kompetenzagenturen eine wichtige Funktion als „Brückenbauer“ in die Zukunft der jungen Menschen inne hatten und haben. Allerdings gebe es mittlerweile auch ähnliche Angebote, beispielsweise von der Agentur für Arbeit. Auch dort würden intensive Kooperationen mit der Jugendhilfe, dem Jugendmigrationsdienst und anderen wichtigen Partnern vor Ort entwickelt. Ähnlich wie die Kompetenzzentren gebe es also auch hier individuelle Angebote an die Jugendlichen.
Was die komplette Finanzierung der Kompetenzagenturen durch die Kommunen angeht, äußerte sich die Bildungsbürgermeisterin daher skeptisch. Das könnte die Stadt Mannheim nicht leisten. So wende sie schon heute jährlich 1,3 Millionen Euro an freiwilligen Leistungen auf, um den Übergang von der Schule in das Berufsleben für benachteiligte Jugendliche besser zu bewerkstelligen. Getreu den strategischen Zielen der Stadt, zu denen auch die Bildungsgerechtigkeit und das Fördern von Talenten gehört, sei es zweifellos wichtig, benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene gezielt zu motivieren und zu unterstützen, so dass mittelfristig ein erfolgreicher Übergang in Ausbildung und Arbeit gelingen kann. „Wir lassen niemandem im Regen stehen“, betonte Freundlieb.
Doch stelle sich auch die Frage, inwieweit sich dieses Instrument der Förderung auch auf seinen Erfolg hin überprüfen lasse. Um die finanziellen Lasten gerecht zu verteilen, müssten daher verschiedene Kooperationspartner bei einer gemeinsamen Lösung mitmachen. Eine Möglichkeit wäre in diesem Rahmen die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, da die Betriebe junge Menschen benötigen, die schon soziale und berufliche Kompetenzen erworben haben. Hier könnten die Kompetenzagenturen hilfreiche Partner sein. Auch bestehe die Chance, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ab 2014 ein neues Programm mit Teilinhalten der Kompetenzagenturen auflegt.“