Mannheim/Rhein-Neckar/Heidelberg, 03. April 2020. (red/pro) Geht es nach der mittleren Durchschnittszahl für Infektionen mit dem Erreger SARS-CoV-2 müsste es „statistisch“ in Mannheim 425 Personen mit festgestellter Infektion geben. Laut Auskunft der Stadt sind es aber nur 267 bestätigte Fälle. Im Gegensatz dazu „passen“ die statistischen Durchschnittswerte beim Rhein-Neckar-Kreis und der Stadt Heidelberg. Das ist mindestens „ungewöhnlich“, wenn nicht alarmierend.
Von Hardy Prothmann
Laut Robert Koch Institut (RKI) vom 02. April 2020, 0:00 Uhr, gibt es in Baden-Württemberg 133 festgestellte Infektionen pro 100.000 Bewohnern. Der zweithöchste Wert in der Bundesrepublik nach Bayern mit 142 festgestellten Infektionen in Bezug auf diese Vergleichsgröße.
Schaut man auf die Zahlen des Rhein-Neckar-Kreises (652), kommt man auf rund 130 Fälle auf 100.000 Einwohner. Schaut man auf die Zahlen für Heidelberg (213), kommt man genau auf 133 Fälle auf 100.000 Einwohner.
Doch schaut man auf Mannheim (267), sind es nur 83 Fälle auf 100.000 Einwohner.
Sicher muss man immer auf lokale Besonderheiten achten – aber dieses Diskrepanz der Zahlen ist frappierend, vor allem, weil die Großstädte Mannheim und Heidelberg und der Rhein-Neckar-Kreis ein zusammenhängendes Gebiet ausmachen. Kann es wirklich sein, dass ausgerechnet in Mannheim die Fallzahlen derart unter denen von Heidelberg und dem bevölkerungsreichsten Landreis im Südwesten liegen?
Auch bei der Quarantäne liegen die Zahlen komplett auseinander. Im Rhein-Neckar-Kreis sind 1.308 zum 02. April in Quarantäne, was 261 Personen pro 100.000 Einwohner entspricht. In Heidelberg sind es 393, was 245 Personen pro 100.000 Einwohner entspricht. In Mannheim (182) sind es lediglich 57 Personen auf 100.000 Einwohner.
Aktuell hatte die Stadt Mannheim eine Angleichung der Prüfungen ans RKI angekündigt. Auf RNB-Anfrage teilt der Büroleiter des Dezernat III (Bildung, Jugend, Gesundheit), Matthias Krebs, mit: „Wie schon berichtet haben wir unsere Kriterien dem RKI angeglichen. Dies bedeutet eine Ausweitung der Tests. Was dies für den Datenstand bedeutet ist noch nicht voraussagbar.“
Gleichzeitig teilt das Dezernat unter Leistung des neuen Bürgermeisters Dirk Grunert (Grüne) mit: „Das Gesundheitsamt ermittelt jeweils die weiteren Kontaktpersonen aller nachgewiesen Infizierten, insbesondere im Bereich der sogenannten vulnerablen Gruppen, nimmt Kontakt mit diesen auf und begleitet diese während der häuslichen Quarantäne.“
Aber wie kann es zu solche eklatanten Unterschieden in einer zwar nicht homogenen, aber doch eng verknüpften Region? Wurde in Mannheim bislang zu wenig getestet? Sollten hier Zahlen bewusst niedrig gehalten werden?
Immerhin hat Mannheim nun auch zwei erste Todesfälle. Beide „über 80 Jahre alten Männer“ stammten, wie die Stadt auf RNB-Nachfrage mitteilte, aus Mannheim.
Auf die Frage, wie viele Mitarbeiter der Stadt Mannheim sich in Quarantäne befinden, kann das Dezernat nicht antworten – „der Arbeitgeber wird nicht erfasst“. Man wolle aber „nachliefern“.
Mit Stand 02. April 2020 befanden sich 17 Corona-positive Patienten auf Intensivstationen der Mannheimer Kliniken, die, wie RNB exklusiv berichtet hatte, rund 120 Beatmungsplätze vorhalten. „Nur ein Teil der Patienten kommt aus Mannheim“, teilt die Stadt mit. 25 weitere, Corona-positive, Patienten befanden sich auf Isolierstationen der Mannheimer Kliniken. Auch hier komme nur ein Teil der Patienten aus Mannheim.
Auf Nachfrage zu einer Maskenpflicht, teilt die Stadt mit: „Eine Maskenpflicht läuft bei der derzeitigen Verfügbarkeit von Masken ins Leere. Die Stadt Mannheim kümmert sich zurzeit vorrangig um die Beschaffung von Masken für das medizinische und das Pflegepersonal.“
Bei Verfügbarkeit sei es „später sicher sinnvoll, Mund-Nase-Schutz breit zum Einsatz zu bringen.“ Man appelliere jedoch an alle, die Erkältungssymptome haben, einen Mundschutz zu tragen. Grundsätzlich sei zu sagen, dass „das Tragen von nicht medizinisch zugelassenen Masken in der Bevölkerung primär nicht dem Selbstschutz dient, sondern dem Schutz der Anderen.“
Die Stadt bitte auch, FFP2-Masken nicht privat zu horten. FFP2-Masken sollten dem medizinischen Personal vorbehalten bleiben.
Kommentar: Irgendetwas stimmt nicht mit den Zahlen aus Mannheim. Wird hier zu wenig getestet? Kommt das Gesundheitsamt nicht mehr hinterher? Die Abweichungen gegenüber dem Land, dem Rhein-Neckar-Kreis und Heidelberg sind frappierend. Die Stadt muss das zügig einordnen und wurde von uns dazu angefragt.
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