Rhein-Neckar/Ludwigshafen/Heidelberg, 03. Mai 2015. (red/pro) Aktuell gibt es „dünne“ Berichte über den Gesundheitszustand des Altkanzlers Dr. Helmut Kohl (CDU). Der Mann ist 85 Jahre alt und eine Person der Zeitgeschichte. Damit gelten für ihn andere „Privatheitsregeln“. Alle journalistischen Redaktionen, die ein wenig Anstand bewahrt haben, könnten sich aber auch überlegen, was und wie sie berichten (müssen) – das entscheiden alle unabhängig.
Von Hardy Prothmann
Der Altkanzler Dr. Helmut Kohl ist aktuell überall eine Nachricht. Bereits seit drei Wochen liege er „intensiv“ im Krankenhaus. Was sonst? Der Mann ist 85 Jahre alt, hat ein Schädel-Trauma erlitten.
Er ist einer der ganz großen und gemessen an Regierungsjahren der „größte“ Kanzler aller Zeiten. Helmut Kohl war vor allem ein Charismatiker, ein Schlitzohr und ein Mann mit dem Mut zum Risiko – was positiv wie negativ gedeutet werden kann.
Fest steht – Helmut Kohl ist eine ganz besondere Persönlichkeit.
Ein Mal habe ich ihn interviewt – er war eine Zumutung. Souverän, aber aggressiv zugleich, blitzgescheit und doch wohlwollend und gleichzeitig knallhart. Helmut Kohl ist ein ganz besonderer Mensch.
Wenn ich jetzt über Hüftoperationen lesen muss und „Komplikationen“ mit dem Darm, dann frage ich mich ehrlich: Kollegen, was soll das? Der Mann ist alt, ein körperliches Wrack. Lasst ihn in Ruhe.
Ich bin Journalist und ich weiß, was „die Kollegen“ antreibt. Und ich bin nicht sehr beliebt bei vielen Journalisten, weil ich sage: Ich finde das unanständig, was ihr Journalismus nennt.
Helmut Kohl, dieser „Überkanzler“ war eine Zumutung. Und ein Gestalter. Und ein Bimbes-Verwalter. Er hat viel Schuld auf sich geladen, aber auch enorm viel gestaltet.
Jetzt ist er alt und schwach. Bitte, „Kollegen“, lasst den Mann in Ruhe. Wir brauchen keine Blutwerte, wir brauchen nicht seinen Puls und schon gar nicht die Konsistenz seines Stuhlgangs. Der Mann ist alt und krank und wie sehr, das geht niemanden als „Nachrichten-Update“ etwas an.
Ich wünsche mir für Helmut Kohl Respekt. Einen sehr kritischen Respekt, denn den hat er sich verdient.
Und ansonsten wünsche ich ihm und seiner Familie Privatheit, denn Helmut Kohl ist seit langem Privatier. Und sein Privatleben ist seins.
Denkt bitte auch mal verantwortlich, „liebe Kollegen“. Solche Zeilen sind weder verantwortlich, noch haben sie auch nur eine Ahnung von Anstand:
Zuerst hatte die Illustrierte „Bunte“ darüber berichtet. Nach Informationen des Blattes soll Kohl nach dem Eingriff für längere Zeit ohne Bewusstsein gewesen sein. Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) gab auf Nachfrage dieser Zeitung an, von Kohls Klinikaufenthalt nicht gewusst zu haben. Der Heidelberger CDU-Bundestagsabgeordnete Karl A. Lamers sagte ebenfalls, er sei nicht informiert gewesen.