Rhein-Neckar, 30. Mai 2012. (red) Wer in zwei Wochen in Facebook beispielsweise Heidelberg sucht, wird nicht mehr die bisherige Seite mit über 52.000 Fans finden. Alle Städte und Gemeinden verlieren ihre Adressen – einfach so, weil Facebook das will. Der Schaden ist immens – denn alle Informationsmaterialien, die auf die bisherige Facebook-Präsenz hinweisen, werden damit falsch. Und wer nicht reagiert, verliert sogar alle Daten und Fans.
Von Hardy Prothmann
Die Zeit läuft. Facebook hat angekündigt, alle Seitennamen, die konkret eine Kommune benennen, einzuziehen. In einer email, die uns vorliegt, schreibt eine Pressesprecherin:
Auf Facebook kann niemand eine Stadt oder ein Land für sich beanspruchen – dies haben wir in unserem Hilfebereich stets deutlich gemacht – denn Menschen möchten möglicherweise zeigen, dass ihnen zum Beispiel Hamburg gefällt, aber nicht notwendigerweise die Marketingorganisation der Stadt.
Aus Sicht von Facebook kann niemand Administrator von so genannten „generischen Orten“ sein, also Kommunen, Regionen oder Ländern. Facebook verlangt, dass Begriffe verwendet werden, die spezifisch auf die Organisation hinweisen:
Für Städte wie München wären die Optionen u.a. München.de, VisitMunich, München Touristik oder StadtportalMünchen, BesucheMünchen.
Weinheim, Heidelberg, Heddesheim – es trifft alle
Wann genau die Frist endet, ist unklar – geht man vom Datum der uns vorliegenden email aus, wäre das der 11. Juni 2012. Betroffen sind Städte wie Heidelberg oder Karlsruhe, aber auch kleine Gemeinden wie Heddesheim. Steffen Schmid, Tourismusmarketingleiter der städtischen GmbH für Heidelberg, hat nicht etwa durch Facebook von der Maßnahme erfahren, sondern über Tourismusblogs:
Das war ein ganz schöner Schreck erstmal und die Frist ist mit drei Wochen wirklich unangenehm kurz. Wir stehen jetzt aber mit Facebook in Kontakt und werden einen neuen Namen anmelden. Facebook zieht dann unsere Inhalte und die Fans um.
Sollte dabei ein Fehler passieren, würden Monate oder Jahre Image-Arbeit zerstört werden. Einen echten Verlust gibt es durch die Aktion schon jetzt:
Alle unsere Druckerzeugnisse, auf denen facebook.com/heidelberg steht, sind jetzt natürlich fehlerhaft.
Welchen Namen sich Heidelberg als „Vanity Url“ gibt, ist noch nicht entschieden, vermutlich wird es aber facebook.com/heidelberg city sein. „City“, weil rund die Hälte der Fans aus dem Ausland kommt.
Drum prüfe die Abhängigkeit
Auch die Facebook-Seite von Weinheim ist betroffen. Der Social Media-Experte und ehrenamtliche Betreuer Marco Ripanti sagt:
Wir haben kommende Woche ein Treffen mit dem IT-Chef der Stadt, um einen neuen Namen festzulegen.
Selbst Experten wie Marco Ripanti lernen noch dazu. Auf seinem Blog schreibt er:
Ich gebe zu, auch ich gehörte zu Beginn zu den Leuten die unbedingt eine Vanity-URL auf Facebook haben wollten. Ein Teil der starken Marke Facebook zu sein in dem man einfach hinter www.fb.com/ seinen Namen oder Brand setzte hatte schon einen gewissen Charme. (…) Jeder der was auf sich oder sein Unternehmen hält wollte eine solche URL.
Jetzt sieht er das anders und hat auch schon eine Lösung, die allerdings mit ein wenig technischem Verwaltungsaufwand verbunden ist:
Welchen Grund gibt es eigentlich, mich, meine Marke oder mein Unternehmen hinter Facebook zu stellen? Warum begebe ich mich in die Abhängigkeit? Bereits heute erfahren die ersten Städte wie es ist, wenn plötzlich der eigene Stadtname nicht mehr als URL verwendet werden darf. Viele Marketingartikel auf denen noch www.fb.com/STADTNAME kommuniziert wurde müssen nun entsorgt werden.
Der Ratschlag des Social Media-Experten Ripanti ist einfach. Künftig werden Seiten oder andere Repräsentanzen bei anderen Diensteanbietern über eine eigene Sub-Domain kommuniziert, also beispielsweise facebook.weinheim.de:
Sollte sich die Zieladresse ändern, kann der Administrator einfach die Weiterleitungsadresse zum Ziel verändern.
Tatsächlich löst das aber nicht Abhängigkeit von unternehmerischen Entscheidungen bei Facebook – was vielen nach wie vor nicht klar ist: Alles, was bei Facebook gepostet wird, steht in Facebook und das Unternehmen kann damit machen, was es möchte.
Das bedeutet: Alle Inhalte, die nur hier gepostet worden sind, könnten eines Tages weg sein, weil Facebook irgendeine Entscheidung trifft. Die schöne neue Internetwelt hat also auch ihre Schattenseiten und der Umgang damit will – fortlaufend – gelernt sein. Und wer die Pflege von Auftritten in fremde Hände abgibt, beispielsweise einer Werbeagentur, sollte sich versichern, dass diese immer auf dem neuesten Stand ist, sonst droht der Datengau und damit der Verlust von Unternehmenswerten.
Anmerkung der Redaktion zur Transparenz:
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