Heddesheim/Viernheim/Rhein-Neckar, 18. Juli 2011. Am Freitag vermeldete der MM, dass „Pfenning“ seine Lager „vorerst“ nicht in Heddesheim „zentralisiert“. Die Konsequenz ist klar – „Pfenning“ begeht Wortbruch. Das war zu erwarten. Die Frage ist, was von den „Grünen“ zu erwarten ist. Klar ist, dass von CDU, SPD und FDP keine Fragen zu erwarten sind.
Von Hardy Prothmann
„Ich habe lange gedacht, Sie sind ein Grüner“, sagte mir vor ein paar Wochen ein Gemeinderat der Freien Wähler in Hirschberg am Rande einer Veranstaltung. Ich fragte überrascht zurück: „Wieso?“ Der Gemeinderat antwortete: „Naja, die Grünen sind bei Ihnen ja gut weggekommen. Siehe Pfenning.“
Ich antwortete: „Die Grünen waren nach ihrer „ursprünglichen Zustimmung“ zu „Pfenning“ die einzigen, die mit ihrer kritischen Haltung eine vernünftige Position eingenommen haben. Ich habe darüber berichtet und auch darüber, was CDU, SPD und FDP für eine Haltung vertreten. Glauben Sie, dass deren Erwartungen zutreffen?“
Verwunderung.
„Natürlich nicht“, sagte der Gemeinderat, und weiter: „Als Sie den Steinle verhauen haben, hab ich mich echt gewundert und mich gefragt, was der Grund ist.“ Ich habe geantwortet: „Ganz einfach. Herr Steinle hat als GLH-Fraktionssprecher mir und meiner Redaktion gedroht. Das geht so nicht, egal, welche Partei oder wer sonst auch immer das versucht. Da bin ich farbenblind.“
Der Gemeinderat sagte: „Das habe ich jetzt verstanden. Aber wo stecke ich Sie jetzt hin?“ Ich sagte: „Dahin, wohin ich gehöre. Ich bin Journalist und berichte unabhängig und an Fakten orientiert.“ „Aber Sie sind doch auch Gemeinderat?“ „Ja“, sagte ich: „Ausschließlich in Heddesheim und da halte ich das genauso. Unabhängigkeit ist ein hohes Gut.“ Der Gemeinderat lachte und stieß mit mir auf den Satz an. Und er und ich haben darunter verstanden, was wir jeder für sich darunter verstehen wollten.
Leserbriefschreiber.
Heute hat der MM einen Leserbrief des Grünen-Gemeinderats Günther Heinisch veröffentlicht:

Leserbriefe schreiben kann jeder - politisch aktiv zu werden, ist schon schwerer. Quelle: MM
Denkfehler.
Auch die Grünen in Heddesheim denken tendenziell, dass ich eher mit „ihrer Politik“ einverstanden bin, aber das ist ein Denkfehler. Ich bin mit Fakten einverstanden, die ich verstehen und vertreten kann. Grundsätzlich finde ich weniger Verkehr, umweltschonende Wirtschaft, Atomausstieg, erneuerbare Energien, ein gerechteres Schulsystem, Transparenz und Informationsfreiheit und manche andere Positionen der Grünen „gut“. Aber nicht, weil sie „grün“ sind, sondern weil sie vernünftig sind.
Ich war mit Herrn Heinisch in Kontakt und habe mich mit ihm über den Artikel der Zeitung vom 15. Juli 2011 und den dort leider nicht dokumentierten Folgen „ausgetauscht“. Und ich habe ihm klar und deutlich gesagt, was ich als Bürger und Gemeinderatskollege von ihm und den Grünen erwarte: Verantwortung.
Zweitstärkste Fraktion auf der Suche nach Anerkennung.
Die Grünen haben ursprünglich angeblich wegen des „Gleises“ dem „Pfenning“-Projekt zugestimmt. Dann gab es Ärger und Aufregung, die Grünen waren zwischen „für die Gemeinde“ und „gegen Verkehr“ hin und hergerissen. Letztlich haben sie sich mit der IG neinzupfenning gegen „Pfenning“ entschieden und wurden mit drei Sitzen mehr oder 100 Prozent Zugewinn bei der Kommunalwahl 2009 „belohnt“. Es war ein „fundamentales Wahlergebnis“. Sie stellen mit sechs Sitzen nun die zweitstärkste Fraktion in Heddesheim. Fast hätten sie gar sieben Sitze erreicht.
Seither agieren die Grünen im Spannungsfeld zwischen „Anerkennung“ im Gemeinderat (unter „Kollegen“) und „Anerkennung“ in der Bevölkerung. Tatsächlich haben Sie als einzige politische Fraktion eine kritische Haltung eingenommen und dadurch Zugeständnisse erreicht. So bei Details der Bauplanung, dem Verkehrsgutachten oder mit dem Verkehrslenkungsvertrag.
Seither wurden die Grünen hart angegangen von den anderen Gemeinderäten und vor allem von Bürgermeister Michael Kessler, der fast in jeder Sitzung „ausrastet“ und wenig souverän vor allem den Grünen und mir ins Wort fällt, kommentiert und sich unverhohlen feindselig zeigt.
Einordnen = Unterordnen?
Diese aggressive Phalanx schlaucht. Vor allem, wenn man den Wunsch hat, „gemeinsam“ gute Lösungen zu finden.
Die Grünen haben leider keine Wahl. Wenn sie „gemeinsam“ mit der CDU, SPD und FDP entscheiden wollen, müssen sie sich unterordnen. Denn CDU und SPD sind „angefressen“ ob ihrer Verluste und werden es bleiben. Auch, weil sie sich über ihre Fehlentscheidung im Klaren sind und weil sie wissen, dass die Bürger das wissen. Dass die Grünen und die Rest-FDP aus Frank Hasselbring und Ingrid Kemmet politisch gar nicht zusammenpassen, muss fast nicht erwähnt werden.
Die Grünen haben gegen ihre Ablehnung des „Pfenning“-Projekts hart gearbeitet und die „Konditionen“ so gut es ging verbessert. Wenn die Grünen nun nichts gegen die sich abzeichnende Entwicklung unternehmen, war diese Arbeit vergebens. Und letztlich bleibt nur, dass sie sich fügen. Dass sie ein „harmonisches“ Verhältnis im Gemeinderat anstreben und sich anpassen.
Glaubwürdigkeit.
Mit sechs von 23 Sitzen haben sie die Möglichkeit, eine außerordentliche Gemeinderatssitzung einzuberufen. Und Fragen zur aktuellen Entwicklung zu stellen. Und sie können Anträge stellen und die Verwaltung beauftragen zu prüfen, ob man „Pfenning“ nicht zwingen kann, seine Zusagen einzuhalten. Ob das gelingt, ist eine andere Frage. Man muss es politisch versuchen, wenn man glaubwürdig bleiben will.
Ein Leserbrief, wie ihn Herr Heinisch geschrieben hat (übrigens nur an den MM und nicht auch an unsere Redaktion) ist letztlich nur „Wortgeplänkel“.
(Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass sich gewisse Leute auf dem heddesheimblog Argumente und Haltungen holen und sich dann durch einen „Zeitungsabdruck“ „bestätigt“ fühlen – vielleicht wäre es an der Zeit, einfach mal einen Lernschritt zu machen und zu erkennen, dass es um Informationen und Argumente geht und nicht um Holz oder Bildschirm.)
Entscheidungen werden im Gemeinderat getroffen. Dort können Fragen gestellt werden, die beantwortet werden. So oder so. Dort können Anträge gestellt werden, die angenommen oder abgelehnt werden.
Grüne auf dem Weg ins Schaumschlagen?
Wenn die Grünen jetzt nicht die ihnen zur Verfügung stehende Macht nutzen, über eine außerordentliche Gemeinderatssitzung klare Stellungnahmen einzuholen und ein konsequentes Vorgehen gegen den Wortbrecher „Pfenning“ zu fordern, kann man sie getrost vergessen.
Dann war in Sachen „Pfenning“ alles nur „Schaumschlägerei“ und „Gepumpe“, aber keine ernstzunehmende Opposition.
Bei der Bürgerbefragung hat die Hälfte der Bevölkerung das „Pfenning“-Projekt abgelehnt. 40 Stimmen mehr wurden „missbraucht“, um eine „Zustimmung“ zu propagieren. Damals waren die Grünen enttäuscht über die anderen Fraktionen.
Ohne einen aktuellen politischen Einsatz wird diese Hälfte der Bevölkerung mehr als enttäuscht von den Grünen sein müssen und es kann als sicher gelten, dass die sechs Sitze bei der nächsten Wahl „Geschichte“ sind.
Um es klar festzuhalten: Ein „Leserbriefchen“ oder eine Äußerung am Ende einer Gemeinderatssitzung zu „Anfragen“ sind eine Möglichkeit, ein wenig „Wind“ zu machen, aber unverbindlich zu bleiben.
Erwartungen.
Ich erwarte von den Grünen eine verbindliche und klare Haltung und ich erwarte, dass sie die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen. Wenn „Pfenning“ ohne Widerstand unter den „neuen Bedingungen“ baut, haben sich alle „Befürchtungen“ bewahrheitet. Und es war nichts „positiv“, wie Günther Heinisch schreibt.
Ob es aber sein muss, dass „nichts mehr positiv“ wird, hängt von den Grünen ab und ob sie sich einbringen wollen, ob sie weiterhin gestalten wollen.
Tun sie das nicht, enttäuschen sie alle, die geglaubt haben, dass die Grünen tatsächlich gegen die „Logistik-Ansiedlung Pfenning“ sind. Die geglaubt haben, dass die Grünen die einzige Partei ist, die „aufpasst“.
Dann muss man davon ausgehen, dass die Grünen sich „arrangieren“ und fügen.
Die Grünen müssen sich entscheiden, was sie wirklich wollen – die große Rede zu schwingen, Schaum zu schlagen oder konsequent politisch zu agieren. Wer Verantworung will, muss auch bereit sein, sie zu übernehmen.
Und wie immer gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
P.S. A propos – die Grüne Liste Hirschberg hat auch „Schaum geschlagen“ in Sachen „Verkehrsgutachten“ – man wollte klagen und außer der Klage zum Klagenwollen ist nichts passiert. Und die IG neinzupfenning hat sich schon seit Herbst 2010 öffentlich nicht mehr geregt.
Anmerkung der Redaktion:
Hardy Prothmann ist verantwortlich für dieses redaktionelle Angebot und seit 2009 partei- und fraktionsfreier Gemeinderat in Heddesheim. Er hat sich umfassend mit dem Projekt auseinandergesetzt und nach sorgfältiger Prüfung zu Vor- und Nachteilen dieser Ansiedlung wegen erheblicher Zweifel an der Seriosität der Aussagen von „Pfenning“ gegen das Projekt entschieden und in allen Punkten abgelehnt.