
Der Mannheimer Felix Barbarino schrieb die Filmmusik zu „Lautlose Flucht“. Für den 24-jährigen Musikstudenten ist es der erste Kinofilm, für den er komponierte.
Weinheim, 13. Januar 2014. (red/ld) Wie ist es Filmmusik für Gehörlose zu schreiben? Können sich Gehörlose vorstellen, wie „dramatische Musik“ klingt, wenn sie als Untertitel eingeblendet wird? Für Felix Barbarino war „Lautlose Flucht“ eine Herausforderung. Die Musik zum Film schrieb er vor allem für das hörende Publikum.
Von Lydia Dartsch
Felix Barbarino wollte schon immer Filmmusik komponieren. „Lautlose Flucht“ ist der erste von ihm vertonte Kinofilm und bisher das ungewöhnlichste Projekt, an dem er gearbeitet hat. Denn dieser Film ist geschrieben und produziert von dem gehörlosen Künstler Reiner Mertz, in Koproduktion mit Magdalene Mertz. Und er ist gespielt von Gehörlosen-Schauspielern.
Bisher hatte er Musik für Kurzfilme, Werbefilme und Videospiele geschrieben und war auf der Suche nach einer neuen Herausforderung, als er vor gut zwei Jahren in einem Musikforum im Internet schrieb, dass er ein Filmprojekt suche. Kurz darauf schrieb ihm Magdalene Mertz, die als Koproduzentin und ebenfalls gehörlos an „Lautlose Flucht“ arbeitete. Felix Barbarino fand das Projekt spannend:
Es war mir klar, dass dieses Projekt anders wird.
Mehrfach trafen sich der Komponist und Frau Mertz in Frankfurt, um das Projekt zu besprechen. Der Laptop sei dabei das wichtigste Kommunikationsmedium gewesen, sagt Felix Barbarino: Zwar könne „Maggy“, wie er Frau Mertz nennt, gut sprechen und von den Lippen ablesen. Doch für ihn sei es einfacher gewesen, sich schriftlich auszutauschen.
Erst knapp zwei Jahre später meldete sich das Produktionsteam wieder und bestellte die Musik zum Film. Felix Barbarino begann zu komponieren: Zwar in erster Linie für hörende Zuschauer, aber immer mit der Wahrnehmung von Gehörlosen im Hinterkopf, wie er sagt:
Gehörlose nehmen hauptsächlich Vibrationen in der Musik wahr.
Die Filmproduktionsfirma Mainhattan verlangte, dass er viele Bässe verwenden soll. Die spürt man auch als Hörender im Bauch. Für ein Filmprojekt eher ungewöhnlich, weil seine bisherigen Auftraggeber meist Ideen für die Musik mitbrächten. Mit den wenigen Vorgaben habe er viele Freiheiten gebracht.
Felix Barbarino begann zu komponieren: Ein Liebesthema, ein dramatisches Thema mit etwas mehr Bass sowie ein spezielles Thema für jede der Hauptfiguren. Die Themen wurden miteinander kombiniert, so dass sie zur Handlung passten. Ob Gehörlose wissen, wie „Liebesmusik“ oder „Hoffnungsvolle Musik“ klingt, wenn sie im Untertitel angekündigt wird, wisse er nicht, sagt Felix Barbarino. Aber das Produzentenpaar Mertz fand sein Werk beim „Probehören“ gut.
Musik seit frühester Kindheit
Wann Felix Barbarino angefangen hat Musik zu machen, weiß er nicht mehr. Eigentlich mache er schon immer Musik. Anders kann man es sich auch nicht vorstellen, wenn der Vater Musiker und Leiter der Jugendmusikschule Brühl ist. Wenn man die frühkindliche Musikerziehung mitzähle, sei er etwa vier Jahre alt gewesen, sagt er.
Mit sieben Jahren begann der 1989 in Mannheim geborene Musiker Klavier zu spielen und bekam Unterricht von Thomas Jandl. Mit neun Jahren griff er zur Gitarre unter Anleitung seines Vaters Walter. Später kam noch Schlagzeug dazu, sagt er:
Das habe ich mir selbst beigebracht.
Seine Teenagerzeit verbrachte er in verschiedenen Bands. Versuchte Rammstein und die Red Hot Chili Peppers zu covern. Dass er mit Musik seinen Lebensunterhalt bestreiten will, stellte er mit 19 Jahren fest, als er seinen ersten Kurzfilm vertont hatte.
Nach der Schule begann er zu studieren: Musikwissenschaft in Heidelberg. Aber das gefiel ihm nicht. Er wechselte an die Musikhochschule Trossingen. Studiengang Musikdesign. Er wolle lieber Musik machen und sie fühlen, statt sie in all ihrer Systematik und Funktion zu analysieren. Den Quintenzirkel könne er aber nicht ganz beiseite legen. Ab und zu brauche er ihn dann doch zum Komponieren.