Mannheim/Rhein-Neckar, 06. April 2013. (red/pro) Heute Nacht feiern rund 14.000 überwiegend junge Leute auf dem Maimarkt-Gelände das größte Techno-Festival der Region, den Time Warp. Heute und morgen werden jede Menge ihren Führerschein verlieren. Denn die Polizei hat das Festival seit Jahren im Blick und weiß: Es werden jede Menge Drogen konsumiert werden. Wer unter Drogeneinfluss erwischt wird, hat nicht Pech, sondern Glück gehabt. Wer „aus dem Verkehr“ gezogen wird, hat wenigstens niemandem einen Schaden zugefügt.
Von Hardy Prothmann

Volltreffer – die Person, die hier getestet worden ist, hat Drogen genommen.
Polizeirat Frank Hartmannsgruber zeigt die Räumlichkeiten für den Sondereinsatz: Im alten Tower am Mannheimer Flughafen befindet sich normalerweise ein Polizeiposten. Heute und morgen ist hier der Stützpunkt für den Sondereinsatz „Fahrzeugführer unter Drogeneinfluss“ eingerichtet.
An sehr vielen Tischen dokumentieren die Beamten ihre Fälle. Aktuell hat einer einen größeren „Fang“ gemacht. 8,2 Gramm Kokain, drei Tütchen mit Kokain, ein angerauchter Joint und einen „Broken“ Haschisch von gut sieben Gramm:
Die Menge von 8,2 Gramm ist vermutlich nicht für den Eigenbedarf bestimmt, dazu kommen die abgepackten Tütchen – vermutlich handelt es sich hier um Drogenhandel.
Frank Hartmannsgruber, Leiter des Ladenburger Polizeireviers, hat bereits vergangenes Jahr die Verkehrskontrolle übernommen und weiß, was auf die Beamten zukommt – jede Menge Arbeit:
Unser Ziel ist es, so viele wie möglich im Wortsinn aus dem Verkehr zu ziehen. Die Erfahrung zeigt, dass viele leider sehr unvernünftig sind und sich unter Drogeneinfluss ans Steuer setzen. Damit gefährden sie sich und andere außerordentlich.
Sehr viele Personen werden ihren Führerschein verlieren
Wie viele durch die Kontrollen ihren Führerschein verlieren werden und sich möglicherweise wegen anderer Delikte wie Drogenbesitz oder -handel verantworten werden müssen, ist natürlich jetzt noch nicht klar. Klar ist – es werden viele sein, zu viele. Auf die Frage, wie sich die Zahl der Kontrollen insgesamt zur Zahl der festgestellten Verstöße verhält, wie sich Frank Hartmannsgruber nicht äußern. Nur soviel:
Wir haben enorm viele Treffer. Sie können davon ausgehen, dass die Kontrollen genau deshalb sehr viel Sinn machen.
Bereits am Nachmittag ist ordentlich was los. Die kontrollierten Personen warten auf Stühlen auf die „Sachbearbeitung“. Es gibt einen Raum für die Leibesvisitation. Daneben einen Raum, in dem ein Arzt Blutproben nimmt – zur Not auch unter Zwang. Wer sein Blut nicht freiwillig hergeben will, wird fixiert, damit der Arzt die Probe ziehen kann. Die meisten leisten keinen Widerstand, nachdem sie aufgeklärt wurden, dass die Probe auf jeden Fall genommen wird.
Die Kontrollen verlaufen immer ähnlich. Im Einsatz sind mehrere Dutzend Beamte, die sich für die Sonderschicht freiwillig gemeldet haben. Für die Arbeit brauchen die Beamten viel Einfühlungsvermögen und Erfahrung. Fahrzeuge, in denen Personen zwischen 18 Jahren und Ende Zwanzig sitzen, haben allerbeste Chancen auf eine Kontrolle. Dann gibt es viele Merkmale, anhand derer die Beamten sich einen Eindruck verschaffen, ob Drogen im Spiel sein könnten:
Hohe Trefferquote
Gerötete Augen, das typische Schmatzen wegen eines trockenden Munds, Koordinierungsschwierigkeiten, Probleme mit dem Zeitgefühl – die Liste ist lang und die Beamten wissen, worauf sie zu achten haben.
Liegt ein Verdacht vor, erfolgt ein erster Drogentest vor Ort. Ein Teststreifen wird in eine Urinprobe getaucht und zeigt dann erstens an, ob er tatsächlich auch in Urin und keine andere Flüssigkeit getaucht worden ist. Ein zweiter „fehlender Balken“ zeigt an, was der Test ergeben hat: Kokain, Amphetamine und THC (Haschisch, Marihuana) beispielsweise. Ist der Test positiv, folgt die Blutprobe, denn die konsumierte Menge kann dadurch nicht festgestellt werden.
Die Polizei hat auch die Möglichkeit, einen „Wischtest“ zu machen, um festzustellen, ob ein Verdächtiger Kontakt mit Drogen hatte. Wer beispielsweise einen Joint gebaut hat, hat Anhaftungen auf der Haut, die der Test erkennt. Klar ist: Wer Drogen konsumiert hat, hat wenig zu befürchten, denn unter Drogen zu stehen, ist nicht strafbar. Wer sich aber unter Drogeneinfluss ans Steuer setzt, kann von Glück reden, wenn die Polizei die Fahrt beendet, bevor etwas Schlimmeres passiert. Haben die Beamten den Eindruck, dass jemand häufig Drogen nimmt, wird die Führerscheinstelle informiert. Gerade für Führerscheininhaber in der Probephase bedeutet das vermutlich eine längere Phase ohne Führerschein.

Polizeikommissarin Knies koordiniert als Assistentin von Einsatzleiter Frank Hartmannsgruber das „Geschehen“.
Nicole Knies, sonst als Polizeikommissarin stellvertretende Dienstgruppenleiterin im Ladenburger Revier, koordiniert die Einsätze. Sie ist heute und morgen die Führungsassistenz für Frank Hartmanngsruber:
Im Prinzip können alle Beamten mit entsprechender Eignung diesen wichtigen Job machen – für uns ist es von Vorteil, wenn man sich kennt, weil wir den Einsatz ja schon länger vorbereitet haben und viele Dinge auf Zuruf im Alltagsdienst erledigt werden können.
Tricks und Schleichwege – die Polizei weiß Bescheid
Die Planung umfasst viele Details – die Routen, auf denen die Time Warp-Gäste anreisen oder „Schleichwege“:
Es gibt auch Spezialisten, die parken in Wohngebieten, lassen sich mit dem Taxi dorthin fahren und wollen dann die Heimreise antreten – nur leider wissen wir das auch.

Ein Polizist testet die Pupillen eines italienischen Time Warp-Fans.
Frank Hartmannsgruber grinst. Wer ihn kennt, weiß, dass er ein akribischer Arbeiter ist und die im übertragene Aufgabe sehr ernst nimmt und „Spaß hat“, einen Sondereinsatz zu leiten:
Ich würde mich mehr darüber freuen, wenn wir weniger „Treffer“ hätten, denn das würde heißen, dass die Vernunft obsiegt hat. Viele kommen mit der Bahn oder Reisebussen – die sind definitiv vernünftiger als die, die wir erwischen. Abgesehen davon sind die allervernünftigsten die, die keine Drogen nehmen.
Keine Drogen nehmen? Das geht fast nicht, wenn man von abends die Nacht durch bis zum Mittag feiern möchte. Die Time Warp-Party steht deswegen unter besonderer Beobachtung der Polizei, weil die Kontrollen zeigen, dass sehr viele Drogen konsumieren. Der Besitz ist illegal und die Drogen werden natürlich auch gehandelt – hier ist die vor allem die Kripo auf dem Gelände in zivil tätig. Doch das ist nicht die Baustelle von Frank Hartmannsgruber – er und seine Leute sind für den Verkehr zuständig.

„Aus dem Verkehr“ gezogen – Marihuana, Haschisch, Kokain. Der Besitzer dieses Funds wird vermutlich mehr als seinen Führerschein verlieren.
Viele Partygäste kommen auch aus dem Ausland, aus Frankreich und Italien beispielsweise. Wer keinen festen Wohnsitz in Deutschland hat, muss eine Sicherheitsleistung erbringen – der Standardsatz sind 500 Euro. Frank Hartmannsgruber zwinkert und sagt:
Direkt neben der Polizei ist ein Geldautomat – der wird eifrig genutzt werden in diesen zwei Tagen.
Der Nachmittag und der Abend werden viel Arbeit bringen, doch das ist nichts im Vergleich zum Sonntag:
Da werden wir richtig viel zu tun haben, denn die meisten feiern bis zum Mittag durch und reisen erst dann ab.

Gegen 18 Uhr warten schon die ersten Gäste – erwartet werden 14.000 Techno-Fans.