Rhein-Neckar, 02. August 2012. (red/la) Ab September sucht die Firma Rhein Petroleum in Nordbaden nach Erdöl. Doch was passiert, wenn sie Erfolg hat? Wem gehören die Bodenschätze? Dem Staat oder dem Grundstücksbesitzer? Müssen bald Häuser den Bohrtürmen weichen? Wir haben nachgefragt – und können schon mal Entwarnung geben.
Von Reinhard Lask
Wer unter seinem Haus Erdöl findet und glaubt, nun Ölmillionär zu werden, hat sich zu früh gefreut. Denn Erdöl gehört in Deutschland zu den bergfreien Rohstoffen: Sie gehören erstmal niemandem. Wer es fördern möchte, muss dafür eine Konzession von dem zuständigen Bergamt beantragen. Das kann im Prinzip jeder tun, der die Voraussetzung für die Förderung erfüllt.

Stehen in Nordbaden bald solche schweren Bohrtürme? Quelle: Wikipedia, Markus Stahmann, CC BY-SA 3.0
Im Falle von Rhein Petroleum hätte das Unternehmen Vorrang. „Wer das Recht erworben hat auf einem festgelegten Claim nach Erdöl zu suchen, hat auch das Vorrecht die Förderkonzession zu erhalten“, sagt Holger Schick, Bergdirektor im Regierungspräsidium Freiburg.
Wenn also Rhein Petroleum im September auf Öl stößt,
kann ihm kein Konkurrent die Förderung wegnehmen. Damit das Unternehmen fördern kann, muss es noch ein Genehmigungsverfahren durchlaufen. „Wenn das scheitern würde, wäre das Erdöl wieder bergfrei“, erklärt Schick. Die Messdaten, die Rhein Petroleum dabei sammelt, muss das Unternehmen an das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau weitergeben. Diese Daten darf das Amt jedoch nur für interne Studien verwenden, also nicht an andere verkaufen. Auch Studien, die von privaten Auftraggebern bezahlt werden, sind nicht erlaubt.
Das Land verdient an jedem Tropfen Öl mit
Wenn Rhein Petroleum die Förderkonzession erhält und die Vermarktung anläuft, verdient das Land an jedem verkauften Liter Erdöl mit. Laut Bergbaugesetz beträgt „die Förderabgabe grundsätzlich zehn Prozent des Marktwertes, der für in Deutschland gewonnene Bodenschätze dieser Art im Jahr durchschnittlich erzielt wird.“
Diesen Satz kann das Bundesland anpassen. „Aktuell beträgt die Förderabgabe in Baden-Württemberg für Erdöl null Prozent“, sagt Schick. Allerdings wird im Land seit rund 20 Jahren kein Erdöl mehr gefördert. „Anfang der 1990er Jahre hat sich die Förderung immer weniger gelohnt und bald sind die letzten eingestellt worden.“ Die aktuelle grün-rote Landesregierung will jedoch den Förderzins demnächst wieder einführen.
Große Gewinne wird das jedoch nicht geben: „Bis zur Abschaffung der Abgabe betrugen die Einnahmen einige 100.000 D-Mark.“ Die Fördermengen Baden-Württemberg waren stets sehr gering. Ganz anderes sieht das in Niedersachsen aus. Hier betrug der Fördersatz für Erdöl im Jahr 2011 ganze 18 Prozent, für Erdgas sogar 36 Prozent. Noch 2009 verdiente das Land Niedersachsen bis zu einer Milliarde Euro an der Förderung dieser beiden Rohstoffe.
Rein rechtlich könnte der Staat die bergfreien Bodenschätze auch in Eigenregie fördern. „Heute geben die Förderrechte immer an Privatunternehmen“, sagt Schick. Für die wird Ölförderung auf dem deutschen Festlandsockel auch bei kleineren Mengen immer rentabler. „Je knapper das Erdöl wird, desto mehr lohnt es sich auch in tieferen Stockwerken nachzuforschen“, erklärt Schick.
Keine Enteignung bei Erdölförderung
Kann jedoch ein Grundstücksbesitzer enteignet werden, wenn Rhein Petroleum Erdöl darunter findet? „Bei Erdöl ist das kaum vorstellbar“, sagt Schick. „Die heutigen Fördertechniken sind heute so gut, dass dies nicht mehr notwendig ist.“ Man bohrt einfach von der Seite. Rein rechtlich sind Zwangsmaßnahmen noch möglich. Allerdings nur, wenn man das Grundstück „zu betrieblichen Zwecken braucht“. Das muss nicht nur eine Bohrung sein, sondern kann auch die Zwangsverpflichtung umfassen, dort notwendige Leitung zu verlegen oder Wege zu bauen und zu nutzen.
„Für eine völlige Enteignung müsste schon ein massives öffentliches Interesse gegeben sein“, sagt Schick. Bekannte Fälle sind die Umsiedlungen ganzer Dörfer in Nordrhein-Westfalen zur Braunkohleförderung. Doch wegen ein wenig Erdöl würde Schick zufolge niemand seinen Grund und Boden veräußern müssen. „Dazu sind die Fördermengen einfach zu klein, die rechtlichen Hürden zu hoch und der volkswirtschaftliche Nutzen beziehungsweise das Interesse aller Beteiligten einfach zu gering“, erklärt Schick.