Mannheim, 23. April 2016. (red/pro) Thomas Trüper, Stadtrat Die Linke, forderte im Namen der Partei den Rücktritt des CDU-Stadtrats Wolfgang Pföhler (CDU) aus dem Aufsichtsrat der Klinikum Mannheim GmbH. Der Grund: Weil Wolfgang Pföhler früher Geschäftsführer des Klinikums war, verstoße das gegen den “Mannheimer Corporate Governance Kodex”. Tatsächlich hat die Sache ein G’schmäckle, aber keins, durch das die Stadt einen Handlungsbedarf erkennt.
Die Linke sieht in der Person von Herrn Pföhler, genauer in seinen vormaligen Aktivitäten im Dienste des privaten Krankenauskonzerns Rhön-Klinikum AG, einen potenziellen Interessenkonflikt, der durch eine Änderung in der Besetzung des Aufsichtsrates ausgeschlossen werden sollte – dies sowohl zum Schutz des Aufsichtsratsamtes wie auch der Person von Herrn Pföhler.
Am 18. April veröffentlichte Die Linke eine Rücktrittsforderung zur Personalie Wolfgang Pföhler. Liest man die Veröffentlichung genau, wird es allerdings zunächst ein wenig peinlich für Die Linke, denn schließlich hatten auch Die Linke-Stadträte Herrn Pföhler im Gemeinderat für den Aufsichtsrat am 22. Juli 2014 gewählt. Offenbar kannte man den “Mannheimer Corporate Governance Kodex” (MCGK) nicht – hätte man nicht sonst direkt Bedenken anmelden müssen?
Der Mannheimer Corporate Governance Kodex
Tatsächlich ist im MCGK unter 6.3.3 festgelegt: „Die weiteren kommunalen Vertreter/Vertreterinnen des Aufsichtsrates werden durch den Gemeinderat bestimmt. Für die Auswahl der durch die Stadt Mannheim zu bestimmenden Aufsichtsratsmitglieder sind die kommunalrechtlichen Bestimmungen maßgeblich. Die Mandatszuteilung im Aufsichtsrat spiegelt das Verhältnis der Zusammensetzung des Gemeinderates wider.“
Weiter heißt es unter Punkt 6.3.6: “Dem Aufsichtsrat soll kein ehemaliges Mitglied der Geschäftsführung angehören.”
Der frühere Sozial-Bürgermeister Pföhler war definitiv bis 2005 Geschäftsführer des Klinikums. Auf Anfrage von uns teilt die Stadtverwaltung mit:
Dabei handelt es sich – gekennzeichnet durch das Wort „soll“ – um eine Empfehlung, also keine verpflichtende Regelung. In diesem Fall sahen Verwaltung und Gemeinderat es auch als sinnvoll an, von der unverbindlichen Empfehlung bei der Bestellung des Aufsichtsrats abzuweichen, da Herr Pföhler bereits seit zehn Jahren nicht mehr Mitglied der Geschäftsführung der Universitätsmedizin Mannheim ist.
Tatsächlich ist es legitim nachzufragen, was eine “Soll-Bestimmung” eigentlich “soll” – ist sie nur eine Schein-Bestimmung? Warum regelt man dies nicht eindeutig, beispielsweise: “Dem Aufsichtsrat kann kein ehemaliges Mitglied der Geschäftsführung angehört, sofern dieses bis zu XX Jahre zuvor dort tätig war.” Das wäre sauber und eindeutig.
Stadtrat Trüper lobt zwar grundsätzlich die fachliche Eignung des Gesundheitsexperten Pföhler, setzt in der Veröffentlichung jedoch nach. Er bemüht zitierte Äußerungen von Herrn Pföhler aus dem Jahre 2009 – damals war Herr Pföhler noch Vorstandsvorsitzender der Rhön-Klinikum AG (bis Ende 2012). Weiter heißt es in der Pressemitteilung:
Mit seiner nach dem Ausscheiden bei der Rhön-Klinikum AG gegründeten Pföhler Consulting GmbH dokumentiert Herr Pföhler immer noch Aktivität im Markt. Herr Pföhler hat u.E. auch vier Jahre nach seinem Ausscheiden aus einer aktiven Funktion im Privatisierungsmarkt öffentlicher Kliniken zu große Marktnähe, die einen Interessenkonflikt als Aufsichtsratsmitglied der Klinikum Mannheim GmbH nicht ausschließt. Hier sollte für Klarheit gesorgt werden. Dies ist auch der Sinn des MGCK.
Diese Argumentation ist nicht sofort von der Hand zu weisen. Einen tatsächlich nachweislichen Interessenkonflikt bleibt Die Linke, die keinen Aufsichtsratssitz hat, aber schuldig. Auch hierzu bezieht die Stadtverwaltung auf Anfrage Stellung:
Die Argumentation der Linken bezieht sich zudem vor allem darauf, dass Herr Pföhler für den privaten Krankenhaussektor tätig war. Eine Befürwortung oder gar Beförderung von Privatisierungsüberlegungen für das Klinikum durch Herrn Pföhler ist für den Oberbürgermeister jedoch in keiner Weise erkennbar oder ableitbar.
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Stadt: Kein Handlungsbedarf
Die Botschaft der Stadt ist eindeutig: Kein Handlungsbedarf. Das kann man so sehen, muss es aber nicht. Immerhin heißt es unter 6.5. im MCGK: “Jedes Mitglied des Aufsichtsrates ist dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Gleichzeitig haben die von der Stadt Mannheim bestimmten Mitglieder des Aufsichtsrates eines Beteiligungsunternehmens die besonderen Interessen der Stadt Mannheim zu berücksichtigen. Das Aufsichtsratsmitglied darf bei seinen Entscheidungen weder persönliche Interessen verfolgen noch Geschäftschancen, die dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen.”
Durchaus Interessenkonflikte denkbar
Hier ist durchaus ein Konflikt vorstellbar – nicht in Bezug auf “Privatisierungsüberlegungen”, wohl aber durch die Tätigkeit von Herrn Pföhler für private Unternehmen. Immerhin erhält er “intimste” Informationen über geschäftliche Aktivitäten des “öffentlichen” Klinikums und damit möglicherweise entscheidende Informationen, die “private” Häuser interessieren könnten. Daraus ergibt sich unserer Auffassung nach durchaus ein Dilemma: Ignorierte Herr Pföhler dieses Wissen gegenüber seinen privatwirtschaftlichen Kunden, würde er diese “wider besseres Wissen” beraten. Nutzte Herr Pföhler dieses Wissen für seine privatwirtschaftlichen Kunden, würde er gegen die Interessen des Klinikums agieren.
Eine Klärung im Gemeinderat ist also durchaus im Interesse der öffentlichen Transparenz. Wir wollten dazu auch eine Stellungnahme von Herrn Pföhler einholen, hatten ihn aber nur kurz vor einer Flugreise telefonisch erreichen können. Er sagte, er könne erst Anfang Mai dazu Stellung beziehen.