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Biblis/Rhein-Neckar, 20. März 2011. (red/dok) Bei der heutigen Anti-Atom-Kundgebung (“Sonntagsspaziergang”) im hessischen Biblis kritisierten die Sprecher das Verhalten der “etablierten Presse”, die sich weigert, Leserbriefe von Atomkraft-Gegner abzudrucken. Am 27. März sind Kommunal- und Kreistagswahlen in Hessen.
Wir dokumentieren einen Leserbrief, den beispielsweise der Südhessen Morgen nach Angabe der Verfasser nicht abgedruckt hat. Außerdem finden Sie noch Hintergründe zu Biblis und der Abhängigkeit der Gemeinde von der Atomkraft.
Den Leserbrief haben wir heute vor Ort persönlich überreicht bekommen, mit der Bitte, die Namen nicht zu nennen, da die im Ort wohnenden AKW-Gegner einem massiven Druck in der Gemeinde befürchten – dass das nicht von der Hand zu weisen ist, zeigt der weiter unten in Teilen zitierte Ausszug eines Spiegel online-Berichts, den wir außerdem verlinkt haben:
“Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,
während die Folgen der Atomkatastrophe in Japan noch nicht absehbar sind, beschwichtigen unsere Politiker schon wieder.
Zur bundesweiten Presse sagte die Bibliser Bürgermeisterin, Frau Cornelius-Gaus für sie sei “das Restrisiko der Atomenergie in Deutschland beherrschbar” und hält weiter an ihrem eisernen Atomkurs fest.
Harrisburg, Tschernobyl, Fukushima (Anm. d. Red.: Verlinkung durch uns) und viele andere AKWs haben uns bewiesen, dass es keine Sicherheit gibt!
Die diesbezüglichen Standards in japansichen AKWs waren höher als dies zum Beispiel in Biblis der Fall ist.
Dass auch wir uns in einem erdbebengefährdeten Gebiet befinden und unsere Meiler außerdem Terroranschlägen hilflos ausgesetzt sind, wird einfach ignoriert.
Letztlich bleibt auch noch das unlösbare Problem des Atommülls.
Während unsere Politiker, wie auch das Bibliser Rathaus, weiterhin herumeiern und vor der Realtität die Augen verschließen, stellen wir, die Unterzeichner dieses offenen Briefes, klare Forderungen:
1. Beide Meiler müssen für immer abgeschaltet beleiben!
2. Beide Meiler müssen umgehend zurückgebaut werde !
3. Biblis darf nicht länger atomares Endlager bleiben!
Dadurch werden keine Arbeitsplätze vernichtet oder die Lichter ausgehen.
1. Der Rückbau würd auf Jahrzehnte viele Arbeitsplätze sichern. Biblis kann trotzdem als Kraftwerkstandort erhalten bleiben und weiterhin profitabel wirtschaften.
2. Wir verfügen bereits über ausreichende Alternativen zur Atomenergie, die sofort genutzt werden können. Die Energiekonzerne und unsere Politiker dürfen das nicht länger blockieren.
Liebe Freunde, liebe MitbürgerInnen, wenn ihr zur Wahl geht, denkt bitte auch an eure Kinder und unsere Erde.
Sie sind einmalig, fantastisch und wir haben für sie keine Reserve.”
Hintergrund:
“Die unabhängige, von der SPD unterstützte, Hildegard Cornelius-Gaus ist seit 2001 Bürgermeisterin von Biblis und wurde am 4. November 2007 mit 63,1 % der Stimmen im ersten Wahlgang wiedergewählt.” Quelle: wikipedia
Der Ortsverband von Bündnis90/Die Grünen ist aufgelöst. Die Mehrheit im Gemeinderat (23 Sitze) hat die CDU mit 12 Sitzen, die SPD hat 8 Sitze, die Freie Liste Biblis hat zwei Sitze, das Bibliser Bürger Forum hat einen Sitz, tritt aber nicht mehr bei der kommenden Wahl an.
Auf der Internetseite der Gemeinde Biblis prangt das Firmenlogo von RWE. Zum Wappen heißt es:
“Das alte Bibliser Wappen, heute im Amtssiegel und auf den Fahnen der Gemeinde geführt, stellt den zähen Kampf der Bibliser Vorfahren gegen den Sumpf dar. Sie machten mit damals noch primitiven Gerätschaften schilfiges Gelände urbar. Die Wasserrose versinnbildlicht den Sumpf, während der Pflug die Rodung des Landes symbolisiert.”
Abhängigkeit vom Atomkraftwerk
“Seit acht Jahren regiert Hildegard Cornelius-Gaus im Bibliser Rathaus. Sie ist parteilos, wird aber von der SPD unterstützt. Sie sagt: “Ich bin überzeugt, dass Kernkraft sicher ist.” Die 57-Jährige zählt die Argumente auf, die für Atomkraft sprechen. Sie hat sich eingearbeitet, erzählt von Netzstabilität, den Tücken der Windenergie und dem Salzstock in Gorleben. “Ich kenne nur eine Handvoll Leute, die hier gegen das Atomkraftwerk sind”, sagt die Bürgermeisterin der 9000-Einwohner-Gemeinde.
Am Tag, als die Bundesregierung in Berlin über die Verlängerung der Atomlaufzeiten entschied, ließen sie in Biblis die Korken knallen. Denn die Kleinstadt in Südhessen lebt vom Atomkraftwerk. In Biblis zeigt sich, welche wirtschaftliche Macht noch immer hinter der Kernkraft steckt. Und wie die Abhängigkeit vom Kraftwerk in der Region eine Loyalität zur Atomenergie schafft, die keine PR-Kampagne herstellen könnte.”
“Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel, damals noch Umweltminister, hatte im vergangenen Sommer vor Sicherheitsmängeln in Biblis gewarnt.
Alles Unsinn, heißt es in Biblis. “Wenn das Kraftwerk nicht sicher wäre, dürfte es ja nicht am Netz sein”, sagt Cornelius-Gaus. Sie verweist auf die “umfangreichen Nachrüstungen” in den letzen Jahren. Was sie ärgert: “Die Medien stellen uns als sorglos dar.” Dabei seien die Bibliser nur besser informiert als andere und deshalb für die Kernkraft.”
“Biblis ist keine Luxusgemeinde, sondern wie viele Kommunen knapp bei Kasse. Ohne Atomkraft würde es Biblis sehr schlecht gehen. Andelko Pehar sagt es so: “Ohne das Kraftwerk können wir den Ort dicht machen.”
Ohne Atomkraft fehlen Gewerbesteuern in Millionenhöhe. Es fehlen die hochqualifizierten, gut bezahlten Jobs im Werk. Und es fehlen die Aufträge für Bau- und Wartungsfirmen, für Hotels und Restaurants, die andere Jobs sichern.
“Wir können diese Arbeitsplätze nicht ersetzen”, sagt die Bürgermeisterin.” Quelle: Spiegel online
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