Rhein-Neckar, 04. März 2016. (red) Neun Tage vor der Landtagswahl am 13. März deutet sich laut eine Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der ARD ein Horror-Ergebnis für die CDU Baden-Württemberg an. Danach würde die bislang dominierende Partei nicht nur knapp, sondern deutlich von den Grünen geschlagen werden.
Kommentar: Hardy Prothmann
28 Prozent für die CDU – neun Tage vor der Wahl? Bis dato war auch nicht ansatzweise vorstellbar, dass die Christdemokraten derart in der Wählergunst absinken könnten.
Bündnis90/Die Grünen kommen nach der aktuellen Umfrage auf 32 Prozent – vier Prozentpunkte mehr als die CDU, die damit im Falle einer grün-schwarzen Koalition “Juniorpartner” würde.
Wie das gehen soll, ist vollständig unklar. Bislang gab es “Gedankenspiele” einer schwarz-grünen Koalition – also der CDU als dominanter Fraktion. Aber dieser Keks ist nach dieser Umfrage gegessen und macht enorme Bauchschmerzen.
Die CDU als kleiner Partner der Grünen? Das hatte bislang so gut wie niemand in der Kalkulation – und es ist äußerst unwahrscheinlich, dass sich die CDU darauf einlassen könnte – die Schmach wäre zu groß.
Schließlich regierte die Machtpartei bis 2011 durch – seit Beginn der Bundesrepublik war sie im Südwesten regierungsdominant. Dann kam “Fukushima” – damit erklärte man den Wahlsieg von Grün-Rot.
Kretschmann ist das schwarze Loch für die CDU
Doch aktuell ist diese These nicht mehr zu halten. Die Grünen müssen nicht nur keinen Verlust durch keinen Fukushima-Effekt erleiden – sie steigern sich um acht Prozentpunkte und ziehen locker an der CDU vorbei.
Alles Kretschmann? Kann sein – der Ministerpräsident ist extrem populär. Selbst Spenden der Südwestmetall, deren Mitglieder Waffenproduzenten sind, kratzen nicht an seinem Image. Auch nicht, dass er den Kurs der Kanzlerin unterstützt und vermutlich die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt.
“Kretsche” ist Superman – einer, an dem wie bei der Kanzlerin teflonmäßig jegliche Kritik abprallt. Mehr noch – er ist wie ein “schwarzes Loch” – er saugt die CDU auf und ebenso die Fundis der Grünen.
Der Protest gegen die sicheren Herkunftsstaaten der fundamentalen Basis ist erledigt. Keiner traut sich noch, es mit Kretsche aufzunehmen.
Kretsche cdu-isiert die Grünen
Winfried Kretschmann hat die fundamentale Basis der Grünen abgeschafft und cdu-isiert.
Falls die CDU sich analog der Prognosen tatsächlich mit einer Junior-Partnerschaft mit den Grünen abfinden könnte, wäre der grüne Kretschmann der erste schwarze Koalitionsführer zweier Parteien, die im Kern zusammenschmelzen.
Was folgerichtig wäre – denn Eingeweihte wissen, dass die Grünen eigentlich aus der CDU stammen und nun heimkehren. Wenn auch überraschend.
Beschämend ist, wie die moralinsauren Ex-Fundis in kollektives Schweigen verfallen, angesichts der Aussicht auf den historischen Wahlsieg und durchaus egoistischen Zielen.
Klar ist, dass die Grünen schon lange keine “alternative” Partei mehr sind. Die früheren Öko-Kämpfer fighten jetzt ganz klassisch um ökonomische und persönliche Vorteile mit.
Kretsche ersetzt die Grätsche
Früher nannte man das “die Grätsche” machen – heute “den Kretsche” machen.
Die Grünen sind angekommen und etabliert – jede andere Attitüde ist eine Farce.
Man nimmt auch Spenden von Verbänden, in den Rüstungskonzerne eingebunden sind. Und man hat nichts dagegen, dass man sogar die größte Spende bekommt.
In Mannheim gibt es einen grünen Landtagskandidaten, der jeden wegen des kleinsten Verdachts sofort an die Wand stellt und zum moralischen Abschuss freigibt. Dieser Kandidat hat bis heute genau keine Meinung zur Südwestmetall-Spende an die Grünen.
Warum auch? Das ist ein hervorragendes Geschäftsmodell – man lässt die politische Arbeit über Tötungsmaschinen-Hersteller bespenden, die Flüchtlinge erzeugen, mit deren Betreuung man sich öffentlich in Szene setzen kann.
Erstaunlich ist, wie man mit solchen Kreisläufen in der Wählergunst steigen kann.
Moralverlust als Moralgewinn
Das muss niemand verstehen – zur Kenntnis nehmen muss man das aber. Zumindest, wenn man noch einen Funken Moral in sich trägt.
Moral ist immer eine Frage der Mode – die ändert sich. Und was gestern out war, ist heute in.
Wen interessiert da noch die SPD mit erbärmlichen 13 Prozent gleichauf mit der AfD, die ebenfalls historisch punkten kann?
Interessant ist nur, dass es für Grün-Rot nicht mehr reicht – 45 Prozent sind nicht genug. Die Grünen gewinnen also nach der Umfrage enorm hinzu, die SPD verliert enorm, die AfD gewinnt wieder und Schwarz-Rot-Gelb wird wahrscheinlich.
Über all dem muss der Wähler aber genau hinschauen und feststellen, dass in Mannheim die grünen Kandidaten nicht für Grün stehen, sondern für knallharten Machtopportunismus. Die Chance aufs Mandat wiegt schwerer als eine ehrliche, grüne Überzeugung.