Heidelberg, 12. August 2021. (red/pm) Die Stadt Heidelberg ist mit dem Verlauf des ersten Prozesstags im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe am 5. August in Sachen „Alter Kohlhof“ zufrieden. Den Argumenten der Stadt gegen das erstinstanzliche Urteil hat sich das OLG in einer vorläufigen Einschätzung zu einem großen Teil angeschlossen.
Information der Stadt Heidelberg:
“Die Stadt Heidelberg ist mit dem Verlauf des ersten Prozesstags im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe am 5. August in Sachen „Alter Kohlhof“ zufrieden. Den Argumenten der Stadt gegen das erstinstanzliche Urteil hat sich das OLG in einer vorläufigen Einschätzung zu einem großen Teil angeschlossen. Zwar kann die Sache derzeit noch nicht entschieden werden, da noch entscheidungserhebliche Tatsachen zu klären sind. Trotz der noch offenen Fragen ist die Stadt aber zuversichtlich, dass im weiteren Verfahrensverlauf die Rechtmäßigkeit der Ausübung des Wiederkaufsrechts durch die Stadt für das Anwesen „Alter Kohlhof“ bestätigt wird.
Zur Vorgeschichte
Im Jahr 1997 hatte die Stadt Heidelberg das Anwesen Alter Kohlhof an eine Gastwirtsfamilie verkauft. Im Kaufvertrag war unter anderem die Pflicht zum Betrieb einer Gaststätte und eine Nutzungsbeschränkung enthalten, wonach das Grundstück „allenfalls zum Betrieb einer Gaststätte mit Hotelbetrieb und Wirtewohnung unter dem Namen „Alter Kohlhof“ sowie einem nebenbetrieblich geführten Weingut genutzt werden darf“. Für diese Bedingungen wurde eine Geltungsdauer von 25 Jahren festgeschrieben. Bei Verstoß gegen diese Pflichten war die Stadt zum Wiederkauf berechtigt.
Im Juni 2015 verkaufte die Gastwirtsfamilie das Anwesen an die aktuellen Eigentümer. Nach Überzeugung der Stadt gingen bei diesem Verkauf sämtliche Verpflichtungen des Kaufvertrags von 1997 an die neuen Eigentümer über. Deshalb erinnerte die Stadt die neuen Eigentümer im Juni 2016, also etwa ein Jahr nach Erwerb, schriftlich daran, dass eine Gaststätte zu betreiben sei. Es wurden danach verschiedene intensive Gespräche geführt, die allesamt nicht zum geforderten Erfolg führten. Daraufhin beschloss der Gemeinderat am 27. Oktober 2016, dass nach Ablauf einer letzten Frist die Stadt ihr vertragliches Recht auf Wiederkauf des Anwesens ausüben solle. Die letzte Frist zur Eröffnung einer Gaststätte lief am 15. Januar 2017 aus. Die Stadt übte daraufhin ihr Wiederkaufsrecht aus.
Zur Durchsetzung dieses Rechts reichte die Stadt im September 2017 Klage beim Landgericht Heidelberg ein. Das Landgericht entschied am 5. Juni 2019 – mit aus Sicht der Stadt nicht haltbaren Argumenten – gegen die Stadt Heidelberg. Am 27. Juni 2019 stimmte der Gemeinderat deshalb einer Berufung zu, die am 03. Juli2019 eingelegt wurde. Die entsprechende Verhandlung ist nun am OLG Karlsruhe gestartet.
Zum aktuellen Verfahren am Oberlandesgericht
Das OLG gelangte nun entgegen der Entscheidung des Landgerichts Heidelberg zu der vorläufigen Einschätzung, dass es beim Ankauf des Anwesens im Jahr 2015 zu einer wirksamen Schuldübernahme aller Pflichten durch die neuen Eigentümer gekommen sein dürfte, insbesondere der Pflicht zum Betrieb einer Gaststätte und der Nutzungsbeschränkung sowie des damit zusammenhängenden Wiederkaufsrechts der Stadt bei Verstößen gegen die übernommenen Verpflichtungen. Das OLG kam zudem zu der vorläufigen Einschätzung, dass die Rechte und Pflichten im ursprünglichen Kaufvertrag wohl wirksam – und nicht nichtig – seien. Es sei von einem legitimen Zweck (Fortführung eines Gasthofbetriebs) auszugehen und die im Kaufvertrag getroffenen Regelungen seien zur Erreichung des Zweckes auch geeignet. Auch in diesen Punkten widersprach das OLG klar den Ausführungen des Landgerichts Heidelberg. Auch die Argumentation des Landgerichts, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit es verbiete, das ausgeübte Wiederkaufsrecht durchzusetzen, weil nach Ausübung des Wiederkaufsrechts eine Gaststätte den Betrieb aufgenommen habe, teilte das OLG nicht.
Wie geht es weiter?
Im Kern geht es im weiteren Verfahren nun um die Frage, ob im „Alten Kohlhof“ eine Gaststätte grundsätzlich wirtschaftlich zu betreiben ist. Denn nur dann wäre die Ausübung des Wiederkaufsrechts nach Ansicht des OLG als ermessensfehlerfrei – also verhältnismäßig – zu bezeichnen. Zur Klärung dieser Frage wird das OLG nun ein Sachverständigengutachten beauftragen. Wenn das Gutachten ergebe, dass ein wirtschaftlicher Betrieb möglich sei, müsse gegebenenfalls im nächsten Schritt noch der Beweis erhoben werden, ob vor der Ausübung des Wiederkaufsrechtes im Januar 2017 tatsächlich eine Gaststätte auf dem „Alten Kohlhof“ betrieben wurde oder nicht. Dass eine Gaststätte zu einem späteren Zeitpunkt den Betrieb aufgenommen hat, sei ohne Belang. Zwar erfolgte schon vor dem Landgericht eine Beweisaufnahme zu der Frage, ob vor Ausübung des Wiederkaufsrechts eine Gaststätte betrieben wurde. Allerdings hatte das Landgericht in seinem Urteil hierzu keine Feststellungen getroffen, nachdem es die Klage aus anderen Gründen abgewiesen hatte. Wenn das vom Gericht zu beauftragende Gutachten zu dem Ergebnis kommt, dass auf dem Kohlhof eine Gaststätte wirtschaftlich betrieben werden könne, wird also die Frage entscheidend, ob im Januar 2017 – also vor Ausübung des Wiederkaufsrechts durch die Stadt – eine Gaststätte tatsächlich betrieben wurde. Danach bedarf es dann gegebenenfalls einer Beweisaufnahme über die Höhe des Wiederkaufspreises.”