Heidelberg, 11. Juli 2022. (red/pm) Die Bemühungen von Stadtverwaltung, NABU, Naturschutzbeauftragtem und Schlossverwaltung um den Erhalt des Amphibienbestandes im Heidelberger Schlossgarten haben einen Rückschlag erlitten.
Information der Stadt Heidelberg:
Die Bemühungen von Stadtverwaltung, NABU, Naturschutzbeauftragtem und Schlossverwaltung um den Erhalt des Amphibienbestandes im Heidelberger Schlossgarten haben einen Rückschlag erlitten. In einem Becken des Heidelberger Schlossgartens wurden zuletzt wieder eine große Menge toter Amphibien-Larven entdeckt. Rund zwei Drittel des Bestandes waren betroffen. Die verbliebenen Larven, die bereits weiterentwickelt waren, wurden in ein anderes Becken umgesiedelt.
Hintergrund des Amphibiensterbens sind die Auswirkungen einer privaten Baustelle auf dem Grundstück Schloß-Wolfsbrunnenweg 18. Im vergangenen Jahr wurde festgestellt, dass es durch den Gebrauch von Spritzbeton auf der Baustelle zu einer Kontamination gekommen war. Die Schadstoffe wurden durch hangabwärts fließendes Wasser in die Becken des Schlossgartens eingetragen – das führte zu stark erhöhten pH-Werten und dem Sterben vieler Amphibien. Die Stadt wies diesen Zusammenhang mit den Bauarbeiten durch hydrogeologische Untersuchungen nach und reagierte auf die fehlerhaften Maßnahmen des Bauherrn mit einer Reihe strenger Auflagen. Eine besagt, dass das Wasser vom Baustellengrundstück direkt in die Kanalisation abzuleiten ist. Diese Maßnahme muss so lange fortgeführt werden, bis die Wasserwerte eine Qualität erreicht haben, die für Amphibien nicht mehr schädlich sind.
Aktuell gelangen zwar keine Schadstoffe mehr durch die Baustelle in das Grundwasser. Allerdings dauert es, bis die bisherigen Kontaminationen abgebaut sind – und so lange werden die hangabwärts gelegenen Schlossbecken nicht durch einen steten Wasserfluss von den hangseitigen Quellen versorgt. Zudem führt starker Algenbewuchs in den Becken in den Nachtstunden zu einer starken Sauerstoffzehrung. Die aktuell hohen Temperaturen fördern die Zunahme der Algen.
„Die Ursachen des derzeit auftretenden Sterbens in den Schlossbecken, insbesondere von Larven der Feuersalamander, sind die immer noch zu hohen alkalischen pH-Werte und der nicht ausreichende permanente Wasserdurchfluss von unbelastetem, nährstoffarmem Hang-bzw. Quellwasser“, fasst der Naturschutzbeauftragte Dr. Karl-Friedrich Raqué zusammen.
Gegenmaßnahmen von Stadt, NABU und Schlossverwaltung
Stadt, NABU und Schlossverwaltung unternahmen gemeinsam verschiedene Gegenmaßnahmen, um das Amphibiensterben zu verhindern. So wurde zur Erhöhung eines Wasserdurchflusses bereits Leitungswasser in das kleine Becken eingeleitet. Die Algen wurden größtenteils entfernt, der Großteil der verbliebenen Tiere wurde in die größeren Becken umgesiedelt. Um künftig auch wieder einen erhöhten Wasserdurchfluss zu gewährleisten, werden derzeit von einer weiteren Quelle Wasserproben untersucht. Bei einem positiven Ergebnis wird die aus Hangwässern abseits der Baustelle gespeiste Quelle an das kleine Becken angeschlossen. Zudem wurde Eichenholz, das auf natürliche Weise den pH-Wert neutralisiert, ins Wasser gelegt.
Strenge Auflagen der Stadt
Für die weiteren Arbeiten auf dem Grundstück Schloß-Wolfsbrunnenweg 18 hat die Stadt eine Reihe von weiteren Auflagen erlassen, die der Bauträger einhalten muss. Bereits im Vorfeld hatte die Stadt den Bauträger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er unverzüglich ein wasserrechtliches Verfahren samt hydrogeologischer Prüfung einleiten muss, wenn Bauarbeiter bei Grabungen auf Wasser treffen. Der Bauherr hat dieses Verfahren nicht eingeleitet.
„Unsere Haltung ist klar“, betont Heidelbergs Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner. „Wir akzeptieren keinerlei Abstriche beim Natur- und Artenschutz. Wer in so einer sensiblen Lage baut, dem muss klar sein, dass wir ihm sehr genau auf die Finger schauen und dass wir jeden Verstoß ahnden, mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln.“
Nach den Auflagen der Stadt wurde der Bauherr verpflichtet, die Ausführungsplanung zu ändern, sodass weitere Kontaminationen vermieden werden. Es wird kein dünnflüssiger Beton mehr in den Boden gepumpt. Der Beton wird in Schalungen gegossen oder als Fertigteil geliefert. Die hydrogeologische Baubegleitung kontrolliert die Wasserwerte auf der Baustelle und in den betroffenen Quellen im Schlosspark. Bei dem Bauvorhaben wird ein denkmalgeschützter Altbau saniert und umgebaut sowie ein Neubau errichtet. Der Eigentümer hat aufgrund des geltenden Baurechts einen Anspruch auf sein Bauvorhaben. Die Arbeiten werden von den Denkmalbehörden begleitet.
Ziel: Sauberes Hangwasser soll wieder im Schlossgarten ankommen
Ziel aller Beteiligten ist, die Becken im Schlosspark wieder mit genügend sauberem Hangwasser zu versorgen. Dazu soll das gesamte Hangwasser wieder auf dem Grundstück Nummer 18 versickern, sobald die Wasserwerte stabil sind. Dazu wurde der Bauherr verpflichtet, im Bereich des Neubaus Versickerungsschächte anzulegen, über die das Wasser zusätzlich abfließen kann. Es wird zur Sicherheit weiter gesammelt und in die Kanalisation abgepumpt.
Weitere Schritte sind in Vorbereitung: So soll dem Baufortschritt entsprechend möglichst viel von der Spritzbetonschale zurückgebaut werden. Die Hinterfüllung des Neubaus soll abwechselnd mit groben Steinen und Einkornbeton erfolgen. Auf diese Weise kann die Betonmenge deutlich reduziert werden. Der Bauherr wurde ebenso verpflichtet, einen Hydrogeologen und Diplom-Biologen zu beauftragen, die die ökologische Baubegleitung übernehmen und in engem Kontakt mit der Stadt stehen. Auferlegt ist dem Bauherrn vonseiten der Stadt unter anderem auch, einen Teich für Amphibien anzulegen. Diese Auflage wurde bisher vom Bauherren abgelehnt und konnte nun von Seiten der Stadt Heidelberg mit Unterstützung das Regierungspräsidium Karlsruhe angeordnet werden.
Neuer Bebauungsplan wird entwickelt
Die Stadt Heidelberg erreichen zahlreiche Rückfragen zu benachbarten Grundstücken auf denen ebenfalls Neubauten geplant werden. Für diesen Bereich gilt allerdings aktuell eine Veränderungssperre und es wird ein Bebauungsplan entwickelt.“